Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Ehrlichkeit währt am längsten – eine alte Maxime, die auch im Praxisalltag ihre Berechtigung hat. Zwar scheint es auf den ersten Blick angenehmer, einem Mitarbeitenden ein sehr gutes Zwischenzeugnis auszustellen, damit für gute Stimmung zu sorgen und möglichen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Eine unwahre positive Beurteilung kann Praxisinhabern und -inhaberinnen aber auf die Füße fallen.

Beim Zwischenzeugnis herrscht viel Unsicherheit, sowohl auf Seiten der Mitarbeitenden als auch bei Arbeitgebern. Das Zwischenzeugnis ist ein Arbeitszeugnis, das während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses ausgestellt wird – entweder in einfacher oder in qualifizierter Form. Im Gegensatz zum Endzeugnis wird es in der Gegenwartsform geschrieben. Typisches Motiv für eine MFA, um ein Zwischenzeugnis zu bitten, ist etwa ihr Wunsch, sich in einer anderen Arztpraxis zu bewerben. Das ist aber nicht die einzige Möglichkeit.

Auch ein Wechsel des direkten Vorgesetzten – ob Arzt oder Teamleitung –, oder die Aufnahme einer neuen Ärztin in eine BAG können den Wunsch nach einem Zwischenzeugnis entstehen lassen. Schließlich weiß ein Mitarbeiter nicht, ob die Zusammenarbeit mit dem neuen Chef ebenso harmonisch läuft wie mit dem alten.

Auch das Zwischenzeugnis muss wohlwollend und wahr sein

Gesetzlich ist der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis – anders als beim Endzeugnis – nicht geregelt. Es handelt es sich vielmehr um eine Nebenpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis, wenn sie ein „berechtigtes Interesse“ daran haben. Sie müssen den Wunsch nach einem Zwischenzeugnis begründen, ansonsten kann der Arbeitgeber den Wunsch ablehnen.

Ein berechtigtes Interesse an einem Zwischenzeugnis besteht etwa dann, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter schon sehr lange in der Praxis arbeitet und noch nie ein Zwischenzeugnis erhalten hat. Hier besteht für den Mitarbeitenden der berechtigte Wunsch, zu erfahren, wie der Arbeitgeber ihn bewertet. Als Faustformel gilt: Alle drei Jahre können Mitarbeitende um ein Zwischenzeugnis bitten. Weitere Gründe sind etwa der Wechsel von Position oder wesentlichen Aufgaben innerhalb der Arztpraxis, geplante Stellenkürzungen oder Mutterschutz und Elternzeit.

Formal unterscheidet sich ein Zwischenzeugnis vom Endzeugnis nicht nur dadurch, dass es in der Gegenwartsform geschrieben ist, auch die Schlussformel wird anders formuliert. Denn hier geht es nicht um das Bedauern über das Ausscheiden und gute Wünsche für die Zukunft, sondern um einen Dank für die bisherige Zusammenarbeit und den Wunsch nach der Fortsetzung der guten Zusammenarbeit. Ansonsten gelten dieselben Maßstäbe: Auch das Zwischenzeugnis muss wohlwollend und wahr sein. Vor allem diesem Punkt sollten Praxisinhaber ausreichend Beachtung schenken.

Bittet beispielsweise eine MFA um ein Zwischenzeugnis, kann das darauf hindeuten, dass sie sich wegbewerben will. Nicht immer sind Vorgesetzte darüber böse. Sie könnten also verleitet sein, der MFA ein besonders gutes Zwischenzeugnis auszustellen, damit es mit der Bewerbung klappt. Doch damit tun sich arbeitsrechtliche Probleme auf.

Möglicher Schadensersatz gegenüber dem neuen Arbeitgeber

Stellen Arbeitgeber einem Mitarbeitenden ein unwahres und deutlich geschöntes Arbeitszeugnis aus, können sie sich gegenüber dem nachfolgenden Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen. Grobes berufliches Fehlverhalten darf daher nicht einfach verschwiegen werden. Hier geht Wahrheit über Wohlwollen.

Künftige Abmahnung und Kündigung werden erschwert

Außerdem sollten Praxisinhaber daran denken, dass es mit dem beruflichen Neustart der Kollegin zunächst nichts werden könnte und sie weiterhin in der Praxis arbeitet. Lobt das Zwischenzeugnis die hervorrragenden Leistungen der MFA über den grünen Klee, wird es anschließend außerordentlich schwierig, die Mitarbeiterin etwa wegen Schlechtleistung abzumahnen oder ihr zu kündigen. Das gute Zwischenzeugnis entfaltet eine Bindungswirkung. Für den Arbeitgeber wird es danach schwierig schlüssig darzulegen, dass er mit den Leistungen der MFA nicht zufrieden war. Das ist nur dann erfolgversprechend, wenn sich die Leistungen der Mitarbeiterin erst nach der Erstellung des Zwischenzeugnisses verschlechtert haben. Dafür ist der Arbeitgeber beweispflichtig.

Zwischenzeugnis entfaltet Bindungswirkung für das Endzeugnis

Die Beurteilung im Zwischenzeugnis entfaltet außerdem eine Bindungswirkung für das Endzeugnis. Formulierungen und Beurteilungen, die dort einmal festgehalten wurden, stellen auch für das Endzeugnis bindende Aussagen dar, vor allem dann, wenn das Endzeugnis kurz nach dem Zwischenzeugnis ausgestellt wird. Will der Arbeitgeber von seiner Beurteilung der Leistung und des Verhaltens zu Ungunsten des Arbeitnehmers abweichen, muss dafür ein triftiger Grund vorliegen. Das könnte etwa ein schweres Fehlverhalten einer MFA nach der Erteilung des Zwischenzeugnisses sein. Die Beweispflicht dafür liegt auch hier beim Praxisinhaber.

Es entsteht aber auch eine Bindungswirkung in die umgekehrte Richtung. Hat etwa eine MFA ein Zwischenzeugnis mit der Bewertung „befriedigend“ akzeptiert, kann sie bei der Erteilung des Endzeugnisses nicht ohne weiteres die Beurteilung „gut“ verlangen. Sie müsste in diesem Fall darlegen und beweisen, wie sie sich verbessert hat.

Gute Beurteilungen sollten nicht aus Gefälligkeit erfolgen

Ein gutes Zwischenzeugnis schafft für Mitarbeitende nicht nur eine gute Ausgangsposition für das Endzeugnis, es schützt sie in gewissem Maße auch vor einer künftigen verhaltens- oder personenbedingten Kündigung. Das zeigt, dass Praxisinhaberinnen und -inhaber ein Zwischenzeugnis genauso sorgfältig erstellen sollten wie ein Endzeugnis.

Wie lange sind Praxisinhaberinnen und -inhaber an die Beurteilung eines Mitarbeiters im Zwischenzeugnis gebunden?

Konkrete Vorgaben gibt es nicht. Arbeitsrechtsexperten gehen von ein bis zwei Jahren aus. Gerichte haben schon über fünf und zehn Monate geurteilt und die Bindungswirkung bejaht. Weichen Endzeugnis und Zwischenzeugnis deutlich voneinander ab, können Arbeitnehmer einen Anspruch auf Berichtigung ihres Endzeugnisses haben und diesen auch gerichtlich geltend machen.

Zwischenzeugnis – Endzeugnis: Diese vier Unterschiede sollten Sie kennen

1. Zeitform

Das Zwischenzeugnis wird im Präsens geschrieben, der Mitarbeitende ist ja noch in der Praxis beschäftigt. Das Endzeugnis wird im Präteritum verfasst.

2. Einleitung

Im Zwischenzeugnis steht in der Einleitung nur das Eintrittsdatum, im Endzeugnis werden dagegen Eintritts- und Austrittsdatum genannt.

3. Ausstellungsgrund

Im Zwischenzeugnis kann erwähnt werden, warum der Mitarbeitende das Zeugnis wünscht, zum Beispiel wegen einer Elternzeit, eines Vorgesetztenwechsels oder der Übernahme neuer Aufgaben („Dieses Zwischenzeugnis wird Frau Schmidt anlässlich eines Vorgesetztenwechsels ausgestellt.“). Im Endzeugnis wird als Grund hingegen in der Regel erwähnt: „Frau Schmidt verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch.“

4. Schlussformel

In der Endformel des Zwischenzeugnisses sollte dem Mitarbeitenden für die gute Zusammenarbeit gedankt werden und der Wunsch nach einer weiteren Fortsetzung der Zusammenarbeit erfolgen („Wir danken Frau Schmidt für ihre bisherige ausgezeichnete Mitarbeit in unserer Praxis und freuen uns auf eine weitere erfolgreiche Zusammenarbeit.“). Das Endzeugnis enthält dagegen in der Regel eine Formel, die Bedauern über das Weggehen ausdrückt und dem scheidenden Mitarbeiter alles Gute wünscht.