Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Klinik

Frauen verdienen in Deutschland noch immer durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer. Der Unterschied zwischen Ärzten und Ärztinnen fällt sogar besonders groß aus, wie ein Gehaltsreport zeigt.

Um diese Ungleichbehandlung einzudämmen, gilt seit Juli 2017 in Deutschland das Entgelttransparenzgesetz. Es stellt klar, dass Männer und Frauen für vergleichbare Arbeit den gleichen Lohn erhalten müssen. Seit einem knappen Jahr können Beschäftigte sogar Informationen darüber verlangen, ob dieses Gebot in ihrem Betrieb auch wirklich eingehalten wird. Doch es gibt Einschränkungen.

Ärztinnen in Praxen bei Auskunftsanspruch beteiligt

Voraussetzung für einen solchen Auskunftsanspruch ist es zunächst, dass im fraglichen Betrieb regelmäßig mehr als 200 Mitarbeiter arbeiten. In klassischen Arztpraxen oder MVZ kommt der Anspruch daher erst gar nicht zum Tragen. Ärztinnen (oder Ärzte), die in größeren Kliniken arbeiten und glauben, dass sie benachteiligt werden, können entsprechende Auskünfte selber einfordern.

Doch selbst wer sich informieren kann, seine Rechte nutzt und tatsächlich signifikante Gehaltsunterschiede feststellt, hat damit noch nicht viel gewonnen. Das liegt auch an der Struktur der gesetzlichen Vorgaben.

Verwirrende Zahlenspiele

Zwar gewährt § 10 EntgTranspG nicht nur einen individuellen Auskunftsanspruchs mit Blick auf die Frage, nach welchen Kriterien das eigene Entgelt bemessen wird. Die Norm berechtigt auch dazu, Auskünfte über das Verdienst einer mit gleichwertiger Arbeit befassten Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts einzuholen. Gegenstand des Auskunftsanspruchs ist allerdings nicht das durchschnittliche Gehalt der vergleichbaren Arbeitnehmergruppe, sondern deren statistischer Median. Nach Einschätzung des Gesetzgebers genügt das, um die Entgeltstruktur im eigenen Betrieb zu überprüfen und erleichtert zudem den zweiten Schritt bei der Herstellung von Lohngerechtigkeit: die Durchführung einer Antidiskriminierungsklage.

Inzwischen deutet allerdings viel darauf hin, dass das Verfahren nicht ganz so praxistauglich ist, wie der Gesetzgeber dachte. Das belegt auch eine aktuelle Entscheidung des LAG Niedersachsen (Az. 5 Sa 196/19). Das Gericht entschied, dass der in der Auskunft mitgeteilte statistische Median selbst bei großen Vergütungsunterschieden kein Indiz für eine gesetzwidrige Geschlechterdiskriminierung darstellt – und damit auch keinen Anspruch auf eine Lohnerhöhung begründet.

Zahnloser Tiger?

Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber eine Abteilungsleiterin von einer Gehaltserhöhung ausgeschlossen und den Schritt damit begründet, dass ihr Führungsverhalten nicht gut sei. Die Frau verlangte daraufhin eine Auskunft nach § 10 EntgTranspG und stellte fest, dass zwischen der eigenen Vergütung und dem ermittelten statistischen Median eine Differenz von 1006,60 Euro bestand. Dies wertete sie als Geschlechterdiskriminierung und verklagte ihren Arbeitgeber erstens auf Zahlung der Differenz für die vergangenen sechs Monate sowie Feststellung, dass sie in Zukunft Anspruch auf ein entsprechend höheres Bruttoentgelt habe.

In der ersten Instanz kam die unzufriedene Abteilungsleiterin noch durch. Das LAG Niedersachen hingegen wies die Klage zurück. Das Argument: Die erteilte Auskunft bzw. die Differenz zwischen dem mitgeteilten statistischen Median des durchschnittlichen Monatsentgelts der vergleichbaren männlichen Abteilungsleiter und der eigenen Vergütung reiche alleine nicht aus, um eine Geschlechterdiskriminierung darzulegen – die Frau hätte noch andere Beweise auffahren müssen.

Wie genau solche Beweise aussehen könnten, ist derzeit allerdings nicht abschließend geklärt, denn das letzte Wort in der Sache ist noch nicht gesprochen: Das Gericht hat die Revision zum BAG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.