Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Klinik

Die Frühlingssonne kitzelt Winterschläfer aus ihren Häusern. Das nutzt Familie Schmidt fürs erste Grillen. Vater Roland und Sohn Max wollen den Grill anfeuern. Der achtjährige Max ist aufgeregt – das Feuer will nicht so recht brennen. Als Vater Roland eine Sekunde unachtsam ist, nutzt Max die vermeintliche Chance, um den Grill richtig einzuheizen. Er greift zum Spiritus, den der Vater beiseitegestellt hat. Eine riesige Flamme sticht hervor und erfasst Max. Gellende Schreie, die Eltern eilen zu Hilfe, rufen panisch den Notarzt.

In solchen Fällen kommt es auf jede Minute an. Wie stark sind die Verletzungen des Kindes? Wie muss er im RTW transportiert werden? Kommt er in eine Spezialklinik? Jetzt muss es schnell gehen. Zum Glück trifft der Notarzt rasch ein, zückt sein Handy und macht Bilder des Verunfallten und seiner Verletzungen. Diese schickt er via App direkt zum Fachpersonal ins Krankenhaus. Durch die rasante Datenübertragung kann dieses differenzierter, schneller agieren und den kleinen Max direkt an eine Spezialklinik für Brandverletzungen verweisen. Ein Umweg in die Klinik ist somit nicht nötig, wertvolle Minuten, die Max helfen werden.

Projekt Euriale schickt Informationen an Ärzte in Echtzeit

Dies gelingt durch das neuartige Projekt Euriale vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik, kurz IML. Sie basiert auf der App Medusa, die es ermöglicht, Videos, Sprachnachrichten oder Fotos an Notfallpersonal im Klinikum zu senden. Mit Euriale soll dies nun in Echtzeit geschehen – Ersthelfer und Notarzt können direkt mit dem Arztpersonal kommunizieren, Verletzungen besser und schneller bewerten. Ein Forscherteam um das Fraunhofer-Institut, Feuerwehr Dortmund, Softwareentwickler Adesso Mobile Solutions, Uni Münster und Uni Duisburg-Essen machen dies möglich. Ihnen war wichtig, den Prozess der Rettung zu perfektionieren. „Projektziel ist es, die Möglichkeiten des 5G-Mobilfunks zu nutzen, um eine störungsfreie Datenübertragung von real-time Bild-, Video- und Audioinformationen in Notfallsituationen zu gewährleisten und damit die Notfallprozesse zu optimieren“, resümiert Matthias Klump von der Fraunhofer-Projektleitung.

Kommunikation zwischen Ersthelfer und Klinik nicht zeitgemäß

Aktuell läuft die Kommunikation zwischen Ersthelfer und Fachpersonal nur telefonisch ab, gerade bei Brand- oder Traumaverletzungen kann so schwer abgeschätzt werden, wie es um den Verunglückten steht. Und welche Notfallversorgung für ihn die optimalste ist.

Im Projekt Euriale wurden gerade die ersten drei Übungsszenarien am Fraunhofer IML in der 5G-Umgebung des Instituts getestet, alle mit positiver Resonanz. Das 5G-Netz besticht durch schnelle und störungsfreie Datenübertragung, aber sogar zum Thema Datenschutz birgt es Vorteile. Anstatt die Patientendaten auf zentralen Servern zu speichern, werden sie in der Mobilfunkzelle gespeichert und nach dem Einsatz direkt gelöscht.

In Echtzeit und ohne Unterbrechung kann qualitativ und schnell eine bestmögliche Notfallversorgung gewährleistet werden, augmentierte Realitätsfunktionen genutzt und Daten ausgetauscht werden. Mithilfe einer Datenbrille kann der Notarzt sogar Kontakt mit Fachpersonal aufnehmen und so in Realtime dem Fachpersonal in der Klinik den Gesundheitszustand des Patienten veranschaulichen und parallel bei der Stabilisation des Patienten unterstützt werden.

Das Projekt wird mit 1,25 Millionen Euro vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert und läuft bis Ende 2023.

Autorin: Stephanie Sudahl