Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Vermischtes

Ein großer Teil der aktuell noch praktizierenden Ärzte und Ärztinnen wird in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Ob der Verlust dieser Arbeitszeit in Zukunft kompensiert werden kann, ist ungewiss, denn der Ärzteschaft fehlt es an Nachwuchs. Das zeigen jedenfalls die Zahlen, die die Bundesärztekammer vorgestellt hat.

Die wichtigsten Ergebnisse der Ärztestatistik 2022

  • Im Jahr 2022 stieg die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte um 1,2 % auf rund 421.000.
  • Das Wachstum der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte blieb damit sowohl in den Pandemiejahren 2020 und 2021 (je + 1,7 % zum Vorjahr) als auch im Jahr 2022 hinter den Erwartungen zurück.
  • Das Wachstum im ambulanten und stationären Bereich betrug jeweils etwa 1,1 % bzw. 1,2 %, während die Zahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte um 3,8 % sank.
  • Im ambulanten Bereich gibt es weiterhin einen Trend zu Angestelltenverhältnissen, mit einem Rekordwachstum von 12,6 % im Vergleich zum Vorjahr.
  • Die Zahl der Facharztanerkennungen verzeichnete einen leichten Rückgang von -0,2 %, nach moderaten Wachstumsraten in den Vorjahren (1,9 % in 2021 und 0,6 % in 2020).
  • Die Zahl der neu erworbenen Zusatz-Weiterbildungen wuchs um 3,3 % im Vergleich zum Vorjahr.

Die Anzahl der Zusatz-Weiterbildungen zeigt als eine der wenigen Indikatoren Zeichen eines Aufholprozesses nach den Pandemiejahren, in denen die Entwicklung der neu vergebenen Zusatz-Weiterbildungen beeinträchtigt war.

Beunruhigende Entwicklung bei der Zahl der Ärzte in Deutschland

Grundsätzlich überwiegen laut Bundesärztekammer aber die Anzeichen für eine “beunruhigende Entwicklung”.

  • Die Zahl der Neumediziner, die erstmals Mitglied bei einer Ärztekammer wurden, sank im dritten Jahr in Folge und lag zum 31. Dezember 2022 bei 8.608 Personen, knapp 5 % unter dem Wert von 2019.
  • Erstmeldungen von ausländischen Staatsbürgern, die früher eine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt für Ärztinnen und Ärzte darstellten, entsprachen etwa dem Wert von 2019.
  • Die Anzahl der Abwanderungen von Ärztinnen und Ärzten aus Deutschland stieg auf 2.290 Personen, was einem Anstieg von rund 20 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Bereits im Vorjahr war dieser Wert um rund 15 % gestiegen.
  • Demografische Entwicklungen tragen ebenfalls zur Knappheit von Ärztinnen und Ärzten in der medizinischen Versorgung bei. Die Anzahl der im Ruhestand befindlichen Ärztinnen und Ärzte stieg um 3,8 % im Vergleich zum Vorjahr bzw. um 12 % seit 2019.

Viele Ärzte und Ärztinnen vor dem Ruhestandsalter

Es sei zu befürchten, dass dies nur der Anfang einer Entwicklung sei, an deren Ende eine “Welle von Eintritten in den Ruhestand” stehe. Tatsächlich hat fast die Hälfe aller praktizierenden Ärztinnen und Ärzte das 50. Lebensjahr bereits überschritten. 28 Prozent aller Fachärztinnen und Fachärzte sind sogar 60 Jahre und älter. Bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sind 41 Prozent heute schon über 60 Jahre alt. 9 % aller Ärztinnen und Ärzte sind 65 Jahre oder älter.

Wie die Auswertung zeigt, stehen Ärztinnen und Ärzte dem Arbeitsmarkt zwar häufig auch über das Renteneintrittsalter hinaus zur Verfügung. Jedoch nimmt der Anteil der in Teilzeit arbeitenden Ärztinnen und Ärzte nach dem 65. Lebensjahr sprunghaft von 18 Prozent (unter den 60 bis 65-jährigen) auf 58 Prozent zu. Diese Ärztinnen und Ärzte arbeiten im Durchschnitt nur noch 16 Wochenstunden.

Diese Probleme drohen in Zukunft

Die bloße Zahl an Ärztinnen und Ärzten, die in der Ärztestatistik aufgeführt wird, sagt also noch nichts über die tatsächlich zur Verfügung stehende ärztliche Arbeitszeit aus. Vielmehr muss man nicht nur das mengenmäßig geringfügige Wachstum als ernsthaftes Problem betrachten, sondern auch die langfristig massiv sinkende Zahl der ärztlichen Wochenarbeitsstunden. “Um in Zukunft eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleisten zu können, braucht es entschlossenes Handeln, um durch den Ausbau von Aus- und Weiterbildungskapazitäten ausreichenden ärztlichen Nachwuchs ausbilden zu können”, so das Fazit der Bundesärztekammer.