Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Vermischtes

So kritisierte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt auf dem 127. Deutschen Ärztetag in Essen scharf die unzureichende Einbindung wichtiger Organisationen aus dem Gesundheitswesen in Gesetzgebungsprozesse des Bundes. Er bemängelte insbesondere die kurzen Fristen für schriftliche Stellungnahmen bei Gesetzgebungsverfahren, die oft nur wenige Stunden betragen. Reinhardt forderte eine frühzeitige Einbindung bereits bei der konzeptionellen Vorbereitung von Gesetzesinitiativen, um Praxiserfahrungen einzubeziehen und negative Auswirkungen auf die Versorgung zu vermeiden. Er betonte auch die Notwendigkeit einer engen Verzahnung der geplanten Krankenhausreform mit dem ambulanten vertragsärztlichen Bereich.

Des Weiteren forderte Reinhardt eine stärkere Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte in allen Politikbereichen neben dem Gesundheitsressort. Er betonte die Bedeutung des Klimawandels, der demografischen Entwicklung und sich verändernder gesellschaftlicher Strukturen für die menschliche Gesundheit und forderte ein Umdenken. Reinhardt hob auch das Engagement der Ärzteschaft bei der Bewältigung der humanitären Folgen des Krieges in der Ukraine hervor und betonte, dass Ärzte nicht nur für die Gesundheit des Einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes Verantwortung übernehmen.

Ärztetag fordert nationale Reserve für versorgungsrelevante Arzneimittel

Der 127. Deutsche Ärztetag in Essen forderte die Bundesregierung auf, eine nationale Arzneimittelreserve für kritische und relevante Medikamente einzurichten und Anreize für die Rückführung der Arzneimittelproduktion in europäische Länder zu schaffen (mehr zum Thema Arzneimittelengpässe lesen Sie hier). Es wurde betont, dass EU-weite Lösungen zur Bewältigung von Lieferengpässen gefunden werden sollten, einschließlich einer Überprüfung und Diversifizierung der Lieferketten. Zudem sollten pharmazeutische Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet werden, drohende oder manifeste Lieferengpässe zu melden. Der Ärztetag forderte außerdem den gesetzlichen Ausschluss von Regressen gegen Ärzte aufgrund “unwirtschaftlicher Verordnung” von Medikamenten und die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für Notdienstapotheken, um eine sichere Versorgung von Akut- und Notfallpatienten zu gewährleisten.

Medizinstudium zügig reformieren

Der 127. Deutsche Ärztetag forderte Bund und Länder auf, die Reform der Approbationsordnung für Ärzte schnell voranzutreiben. Eine moderne und praxisnahe Ausbildung an Patienten sei für zukünftige Ärzte von großer Bedeutung. Die geplante Umsetzungsfrist der Reform bis 2027 wurde als inakzeptabel angesehen. Im Zuge der Reform müssten auch die Bedingungen für Medizinstudierende im Praktischen Jahr verbessert werden, einschließlich einer differenzierten Betrachtung von Krankheitstagen und Fehlzeiten sowie einer fairen und bundesweit einheitlichen Mindestaufwandsentschädigung.

Die derzeitige Fehlzeitenregelung von maximal 30 Tagen ohne Berücksichtigung von krankheitsbedingten Fehlzeiten wurde kritisiert. Die Möglichkeit eines individuellen Härtefallantrags wurde als unsicher und unverhältnismäßig aufwendig bezeichnet. Um die Patientensicherheit, die Gesundheit der Medizinstudierenden und die Qualität der Ausbildung zu gewährleisten, sollten Krankheitsausfälle von dieser Regelung ausgenommen werden.

Gesundheitsversorgung patientengerecht neu ausrichten

Der 127. Deutsche Ärztetag hat sich intensiv mit der ärztlichen Freiberuflichkeit und den zentralen Herausforderungen für die freiheitliche ärztliche Berufsausübung befasst. Die Freiberuflichkeit der Ärzte basiert auf ethischem Berufsethos, Gemeinwohlorientierung und spezifischer Fachkompetenz. Jedoch wird sie durch die Kommerzialisierung der Medizin, die Bürokratisierung der ärztlichen Tätigkeit und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Patientenversorgung herausgefordert. Die Bedeutung einer modernen ärztlichen Selbstverwaltung für die Sicherung und Weiterentwicklung einer patientengerechten Gesundheitsversorgung wurde ebenfalls diskutiert. Der Ärztetag betonte die Einheit von Freiheit und Verantwortung und forderte die Bewahrung der Freiberuflichkeit als Maßstab der ärztlichen Tätigkeit.

In einer Resolution betonte der Ärztetag die Notwendigkeit von Rahmenbedingungen, die eine freie Berufsausübung und eine individuelle Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst gewährleisten. Unzureichende Ressourcen und staatliche Eingriffe führten zu Arbeitsverdichtung und Überlastung im Gesundheitswesen. Es wurde die frühzeitige Einbeziehung ärztlichen Sachverstands in gesundheitspolitische Reformen und deren Umsetzung gefordert. Die Landesärztekammern und die Bundesärztekammer wurden als wichtige Instanzen zur Bündelung des medizinisch-fachlichen Sachverstands und der Versorgungsinformationen aus verschiedenen Fachgebieten hervorgehoben. Eine qualitativ hochwertige, ethisch fundierte und patientenzentrierte Neuausrichtung der Gesundheitsversorgung erfordere die Einbindung ärztlicher Expertise.