Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
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Sie haben vergessen, eine Rechnung zu stellen?

Chronische Arbeitsüberlastung, eine lange Krankheit der MFA oder schlicht vergessen -­ es gibt viele Gründe, warum Ärzte nach der Behandlung eines Privatpatienten oder bei Selbstzahler-Leistungen keine Rechnung stellen. Wenn dann nach Monaten oder gar Jahren offene Forderungen zum Vorschein kommen, stellen sich viele Ärztinnen und Ärzte die Frage: Kann ich das noch einfordern?

Regelmäßige Verjährungsfrist für Arzthonorare: drei Jahr

Die regelmäßige Verjährungsfrist für Arzthonorare beträgt nach § 195 BGB drei Jahre. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Wenn Ärzte also im Mai 2022 einen Patienten behandelt und eine Rechnung gestellt haben, dann beginnt die Verjährung Ende 2022 zu laufen und die Forderung verjährt Ende 2025.

Wann wird der Anspruch fällig?

Viele Ärzte denken, dass man drei Jahre nach der Behandlung keine Rechnung mehr stellen kann. Aber das ist ein Trugschluss. Denn juristisch ist Voraussetzung für die Entstehung des Anspruches, dass er fällig geworden ist. Fällig wird der Anspruch aber erst mit der Erstellung einer ordnungsgemäßen GOÄ-Rechnung und nicht mit dem Ende der Behandlung.

Beispiel: Ein Arzt hat im Mai 2022 einen Privatpatienten behandelt, aber keine Rechnung gestellt. Das fällt ihm erst im Frühjahr 2024 auf und er lässt dem Patienten eine Rechnung zukommen. Erst zu diesem Zeitpunkt ist der Honoraranspruch überhaupt fällig geworden. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt Ende 2024. Das heißt, der Anspruch auf das Honorar verjährt erst Ende 2027.

Es gibt übrigens keine gesetzliche Regelung, die vorschreibt, innerhalb welcher Frist GOÄ-Rechnungen gestellt werden müssen.

Anspruch kann verwirkt sein

Ist es im Einzelfall nicht unmoralisch, noch nach Jahren eine Rechnung zu stellen? Juristisch spricht man davon, dass der Gläubiger sein Recht verwirken kann, wenn er es jahrelang nicht geltend macht und der Schuldner darauf vertrauen durfte, dass da nichts mehr kommt.

Die Verwirkung ist gesetzlich nicht geregelt, sondern ein Konstrukt der Rechtsprechung. Für sie bedarf es aber etwas mehr, als einfach nur eine Rechnung nicht zu stellen. Eine Verwirkung erfordert neben der zeitlichen Komponente auch ein Umstandsmoment. Es müssen also noch weitere Umstände hinzukommen, die den Patienten annehme lassen, dass eine Rechnung nicht kommt.

Zeitablauf und besondere Umstände erforderlich

Wie lange genau ein Privatpatient oder Selbstzahler auf die Rechnung gewartet haben muss, damit das Zeitmoment erfüllt ist, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt und hängt vom Einzelfall ab. Unter drei Jahren ist nach der bisherigen Rechtsprechung aber keine Verwirkung anzunehmen.

Meistens scheitert die Verwirkung aber am fehlenden Umstandsmoment. So ein besonderer Umstand kann zum Beispiel dann vorliegen, wenn der Patient den Arzt ausdrücklich zur Stellung einer Rechnung aufgefordert und ihm auch noch eine Frist setzt und der Arzt darauf nicht reagiert.

Rechnung unbedingt noch stellen

Natürlich ist es immer sinnvoll, eine Rechnung zeitnah zu stellen. Aber manchmal geht einem einfach etwas durch die Lappen. Ärztinnen und Ärzte sollten sich daher nicht scheuen, auch länger zurückliegende Behandlungen abzurechnen. Schließlich hat der Patient auch eine Leistung erhalten.