Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Abrechnung

Die Differenzierung zwischen gesetzlich Versicherten und privat Versicherten ist relativ klar. Bis zur Pflichtversicherungsgrenze von 64.350 € Einkommen im Jahr 2022 ist man automatisch Pflichtmitglied der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Wenn das Einkommen die Pflichtversicherungsgrenze übersteigt, kann man freiwillig in der GKV bleiben oder sich eine private Krankenversicherung suchen. In der GKV wird generell nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgerechnet. In der GKV gilt die Mitversicherung. Wenn nur ein Partner ein Einkommen hat, so sind der andere Ehepartner sowie eventuell vorhandene Kinder mitversichert. Nahezu alles, was nicht zum Leistungsumfang der GKV gehört, wird nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet. Wenn ein Partner in der GKV und der andere in der PKV versichert ist, entfällt die Mitversicherung, was bedeutet, dass eventuell vorhandene Kinder privat zu versichern sind.

Unfälle nach Unfallversicherung

Ganz wesentliche Ausnahme von der Einteilung in EBM und GOÄ sind die Arbeits-, Schul- und Wegeunfälle. Damit befasst sich das siebte Sozialgesetzbuch (SGB VII) zur Unfallversicherung. Die Gesetzliche Unfallversicherung kümmert sich um die Vermeidung von den vorgenannten Unfällen und die Vermeidung von Berufskrankheiten. Außerdem kümmert sie sich um die Bezahlung der Leistungen, die bei den Unfällen und Berufskrankheiten anfallen. Dafür gibt es neben EBM und GOÄ noch die GOÄ der Unfallversicherung (UV-GOÄ). Auf die Regelungen zur Behandlung zulasten der Unfallversicherung wird im Verlauf noch eingegangen, denn dort lauern einige Fallstricke.

Alle Vertragsärzte sowie von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) dazu beauftragten Ärzte nehmen an der Versorgung von Unfallverletzten teil. Die DGUV beauftragt unfallmedizinisch erfahrene Fachärzte als D-Ärzte und informiert die entsprechende Kassenärztliche Vereinigung (KV) darüber.

Definition Arbeitsunfall
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte. (§ 8 (1), SGB VII).

Versicherte in der gesetzlichen Unfallversicherung

Freiberuflich tätige Ärztinnen und Ärzte sind nach § 4 (3) nicht versicherungspflichtig. Kraft Gesetzes versichert sind nach § 2 (1) 1. Angestellte und nach 2. Lernende unter anderem in ihrer Aus- und Fortbildungsstätte. Das betrifft alle Angestellten der Praxis und eventuelle Auszubildende zur medizinischen Fachangestellten. § 2 (1) 5. a ist für ländliche Gegenden relevant. Wer als eigenständiger Landwirt – also als Unternehmer – tätig ist, ist gesetzlich unfallversichert. Die Auflistung in § 2, SGB VII, ist deutlich umfangreicher. Die Auswahl erfolgte, um die wichtigsten Aspekte aufzugreifen. Für Ärzte noch relevant: Wer in Notfällen Hilfe leistet, ist ebenso unfallversichert wie ein Notarzt im Rettungsdienst, der neben dieser Tätigkeit mindestens 15 Stunden pro Woche außerhalb des Rettungsdienstes tätig ist oder aber als Vertragsarzt oder Privatarzt niedergelassen ist.

Unfallpatient in der Praxis

Je nach Dringlichkeit wird ein Arbeits-, Schul- oder Wegeunfall außerplanmäßig drangenommen. Sofern eine Krankschreibung nötig ist (Ausfall nicht nur am Unfalltag) oder die voraussichtliche Behandlungsdauer mehr als eine Woche beträgt, muss der Verunfallte einem Durchgangsarzt (D-Arzt) vorgestellt werden. Dies trifft auch zu, wenn Heil- oder Hilfsmittel verordnet werden oder ein anderer Facharzt hinzugezogen werden soll (§ 26 (1), Vertrag gem. § 34 Abs. 3 SGB VII). Isolierte Augen- oder HNO-Verletzungen werden unabhängig davon direkt an die jeweilige Fachgruppe überwiesen und für Handverletzungen gelten ähnliche Regeln.

Immer dann, wenn eine Vorstellung beim D-Arzt entsprechend der Vorgaben nötig ist, ist nur die notfallmäßige Versorgung abrechenbar. Wer trotzdem mehr Leistungen erbringt, bekommt diese nicht bezahlt.

Formtext F1050 wird zur Vorstellung beim D-Arzt benutzt. Alle Formtexte finden sich im Internet unter: https://www.dguv.de/formtexte/aerzte/index.jsp. Welchen D-Arzt der Verunfallte aufsucht, ist seine freie Entscheidung.

Verfahrensarten

Generell wird unterschieden zwischen folgenden Verfahren:

  • dem Durchgangsarztverfahren,
  • dem Verletzungsartenverfahren (VAV) und
  • dem Schwerstverletzungsartenverfahren (SAV).

D-Arztverfahren

Der D-Arzt entscheidet nach Art und Schwere der Verletzung, ob eine allgemeine oder eine spezielle Heilbehandlung erforderlich ist oder ein VAV oder ein SAV. Außerdem erstattet er unverzüglich auf Formblatt F 1000 einen Bericht. Eine Kopie davon geht an den behandelnden Arzt. Wenn der Verunfallte Mitglied einer Gesetzlichen Krankenkasse ist, erhält diese ebenfalls eine an die Belange des Datenschutzes angepasste Durchschrift des Berichtes.

Zur allgemeinen Heilbehandlung, die in rund 80 Prozent der Fälle ausreicht, überweist der D-Arzt an den behandelnden Arzt des Verletzten. Er hat sich nach § 29(1) über den Stand der allgemeinen Heilbehandlung zu vergewissern. Erst mit dieser Überweisung kann ein Vertragsarzt die allgemeine Heilbehandlung (außer der Erstversorgung) nach der UV-GOÄ abrechnen. Wenn eine besondere Heilbehandlung erforderlich ist, so nimmt der D-Arzt diese selbst vor. Bei stationär erforderlicher Versorgung überweist er unverzüglich an einen D-Arzt, der an einem von den Landesverbänden der DGUV an den besonderen Heilverfahren (stationäres Durchgangsarztverfahren, Verletzungsartenverfahren oder Schwerstverletzungsartenverfahren) beteiligten Krankenhaus tätig ist.

Ergänzungsberichte muss er in folgenden Fällen mit dem jeweiligen Formtext abgeben:

  • bei Kopfverletzungen mit Verdacht auf Gehirnbeteiligung F 1002
  • bei Verdacht auf Kniebinnenschaden F 1004
  • bei Verdacht auf strukturellen Schulterschaden F 1006
  • bei schweren Verbrennungen (2. und 3. Grades) F 1008

Außerdem teilt der D-Arzt dem Versicherungsträger das Ende einer besonderen Heilbehandlung mit Formtext F 2222 mit.

Der D-Arzt teilt Verunfallten, die er nicht selbst behandelt, Nachschautermine mit und dokumentiert diese im D-Arzt- oder Verlaufsbericht. Auch der behandelnde Arzt kann Nachschautermine ansetzen. Immer wenn zwischenzeitlich ein anderer Arzt behandelt hat, erstellt der D-Arzt einen Verlaufsbericht nach Formtext F 2100 und übermittelt den an den Unfallversicherungsträger und an den behandelnden Arzt.

VAV/SAV

Bei diesen beiden Verfahren ist die umgehende Überweisung an einen D-Arzt in einem entsprechend qualifizierten Krankenhaus nötig. Diese erfolgt durch den behandelnden Arzt. Der zeitraubende Umweg über einen niedergelassenen D-Arzt entfällt also. Wenn es bei SAV schwierig ist, die Transportfähigkeit herzustellen, so ist das entsprechend für den Unfallversicherungsträger zu dokumentieren.

Honorar

Wenn es sich um einen Arbeits-, Schul- oder Wegeunfall handelt, so erfolgt die Honorierung der ärztlichen Leistung nach der UV-GOÄ. Dabei ist ganz wichtig, dass ab dem Zeitpunkt, an dem offenkundig ist, dass es kein Arbeitsunfall ist, oder ab dem die DGUV erklärt, dass es kein Arbeitsunfall ist, keine Leistungspflicht der DGUV besteht.

Ein Beispiel: Ein älterer Maurer steht bei seiner Arbeit aus kniender Position auf und verspürt plötzlich starke Schmerzen in der Hüfte. Mit Verdacht auf einen Arbeitsunfall wird er untersucht und zum D-Arzt überwiesen. Bei der weiteren radiologischen Abklärung stellt sich aber heraus, dass eine massive Coxarthrose ursächlich für die Beschwerden ist und nicht das Aufrichten der Körperposition. Dementsprechend informiert die DGUV D-Arzt und behandelnden Arzt. Ab diesem Zeitpunkt wird die weitere Behandlung nach dem EBM abgerechnet oder nach der GOÄ, wenn es ein selbstständiger Maurer ist.

Generell muss für einen Arbeitsunfall eine entsprechende Kausalität zwischen dem auslösenden Ereignis und der entstandenen Erkrankung (Läsion) vorliegen. Problematisch wird es zum Beispiel, wenn ein Arbeits- oder Wegeunfall unter Alkoholeinfluss zustande kommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser als Arbeits- oder Wegeunfall anerkannt wird, ist eher gering.

Bei Wegeunfällen ist die Lage noch komplizierter. Der direkte Weg zur und von der Arbeitsstätte zum Wohnort ist abgesichert. Wenn eine Fahrgemeinschaft zu einem Umweg führt, wird das in aller Regel auch akzeptiert. Wenn aber auf dem Rückweg bei dem Arbeitskollegen noch eine Pause eingelegt und ein Kaffee getrunken wird, kann es schon Probleme mit der Anerkennung geben.

UV-GOÄ

Die UV-GOÄ ähnelt der GOÄ, aber es gibt einige Unterschiede. Anders als in der GOÄ gibt es keine Steigerungsfaktoren. Statt dessen wird zwischen allgemeiner und spezieller Heilbehandlung unterschieden. Das Honorar und auch die Kosten sind bei der speziellen Heilbehandlung, welche den D-Ärzten vorbehalten ist, etwas höher. Und ebenfalls wesentlich: während in der GOÄ Beratung und Untersuchung zum Beispiel mit den Nummern 1 und 5 oder folgende abgerechnet wird, beinhalten die entsprechenden Nummern der UV-GOÄ Beratung und Untersuchung (siehe Tabelle). In der Tabelle sind die Sachkosten enthalten, die im jeweiligen Honorar beinhaltet sind. Die Erstuntersuchung vom D-Arzt wird von ihm als spezielle Heilbehandlung abgerechnet, auch wenn noch nicht entschieden ist, ob eine allgemeine oder eine spezielle Heilbehandlung nötig ist.

UV-GOÄ Allgemeine Heilbehandlung (Auswahl)
Nummer Legende Honorar
1 Symptomzentrierte Untersuchung bei Unfallverletzungen oder bei Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit einschließlich Beratung 7,33 €
2 Leistung nach Nummer 1, jedoch außerhalb der Sprechstunde 8,47 €
3 Leistung nach Nummer 1, jedoch bei Nacht (zwischen 20 und 8 Uhr) 20,65 €
4 Leistung nach Nummer 1, jedoch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen 10,75 €
6 Umfassende Untersuchung verbunden mit nach Umfang und Zeit besonderem differenzialdiagnostischen Aufwand und/oder Beteiligung mehrerer Organe einschl. Klärung oder Überprüfung des Zusammenhangs mit der Berufstätigkeit sowie der notwendigen Beratung 17,11 €
6a Leistung nach Nr. 6, zusätzlich neben den Leistungen nach Nrn. 50 bis 50e einmal berechnungsfähig (Begründung!) 9,79 €
7 Leistung nach Nummer 6, jedoch außerhalb der Sprechstunde 18,25 €
8 Leistung nach Nummer 6, jedoch bei Nacht (zwischen 20 und 8 Uhr) 32,42 €
9 Leistung nach Nummer 6, jedoch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen 20,52 €
11 Beratung, auch mittels Fernsprecher, als alleinige Leistung 2,93 €
16 Aushändigen von Wiederholungsrezepten und/oder Überweisungen und/oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen – auch mittels Fernsprecher – durch die Arzthelferin als alleinige Leistung 2,45 €