Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Abrechnung

Die derzeitige Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) beruht auf der Neufassung, die am 9. Februar 1996 im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht wurde (BGBL I, S. 210). Schon seit Jahren wird gemeinsam versucht, eine neue GOÄ abzustimmen, die dann im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden muss, damit sie gültig ist. Bis das irgendwann erfolgt, müssen Ärztinnen und Ärzte mit der derzeitigen GOÄ arbeiten. Beginnend mit diesem Beitrag werden die wichtigsten Informationen zur GOÄ erläutert.

Allgemeine Bestimmungen

Ebenso wie der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) enthält auch die GOÄ zum Beginn allgemeine Bestimmungen. Diese ingesamt zwölf Paragrafen sind für abrechnende Kolleginnen und Kollegen mehr oder weniger relevant. Da die Inhalte der einzelnen Paragrafen teilweise sehr komplex sind, werden sie in der GOÄ-Serie nach und nach genauer erläutert.

Paragraf 1

Dort ist der Anwendungsbereich der GOÄ festgelegt.

  • Im ersten Absatz steht, dass sich die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte nach dieser Verordnung bestimmen, soweit nicht durch Bundesgesetz etwas anderes bestimmt ist.
  • Der zweite Absatz hat erheblichen Einfluss auf die Abrechenbarkeit von Leistungen. Denn danach darf der Arzt Vergütungen nur für Leistungen berechnen, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigen ärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn diese auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.

Der erste Absatz ist relativ klar. Damit sind Leistungen bei gesetzlich Krankenversicherten, die zum Leistungsumfang der GKV gehören, ebenso ausgenommen, wie Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Unfallversicherungen, die nach der UV-GOÄ abgerechnet werden.

Der zweite Absatz ist deutlich komplizierter. Was medizinisch notwendig ist, sollte der Arzt mit dem Patienten besprechen, denn der ist letztlich der Empfänger der Rechnung nach der GOÄ und damit zahlungspflichtig. Natürlich ist es nicht gut für das Vertrauensverhältnis von Arzt und Patient, wenn eine private Krankenversicherung und/oder eine Beihilfestelle einzelne Positionen der Rechnung nicht erstattet. Dementsprechend sollte man den Rechnungsempfängern plausibel begründen können, warum man etwas durchführt und abrechnet. Noch kniffliger ist der zweite Satz von Absatz zwei. Jeder Kollege kennt die Situation, dass ein Patient eine Leistung wünscht, die medizinisch nicht notwendig ist. Solche Leistungen müssen in der Rechnung entsprechend § 12 (3) gekennzeichnet sein. Da so markierte Abrechnungspositionen in aller Regel nicht erstattet werden, wünschen manche Selbstzahler, diese nicht extra zu kennzeichnen. Davon ist dringend abzuraten. Denn wenn die Erstattung trotzdem ausbleibt, hat man die Diskussion mit dem Zahlungspflichtigen. Das ist zwar nervig. Wesentlich problematischer für den Arzt ist, dass man eine Anzeige wegen Abrechnungsbetrugs bekommen kann, sofern jemand diesem Vorgang sein Augenmerk schenkt.

Paragraf 2

Dieser Paragraf befasst sich mit der abweichenden Vereinbarung, die in manchen Situationen sinnvoll sein kann.

  • Nach dem ersten Absatz kann damit eine von dieser Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden. Für Leistungen nach § 5a ist eine Vereinbarung nach Satz 1 ausgeschlossen. Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl (§ 5 Abs. 1 Satz 2) oder eines abweichenden Punktwerts (§ 5 Abs. 1 Satz 3) ist nicht zulässig. Notfall- und akute Schmerzbehandlungen dürfen nicht von einer Vereinbarung nach Satz 1 abhängig gemacht werden.
  • Der zweite Absatz regelt die Formalitäten. So ist eine abweichende Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Arztes in einem Schriftstück zu treffen. Dieses muß neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem Steigerungssatz und dem vereinbarten Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.
  • Die Ausschlüsse stehen in Absatz drei. Denn für Leistungen nach den Abschnitten A, E, M und O ist eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 unzulässig. Im übrigen ist bei vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären wahlärztlichen Leistungen eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 nur für vom Wahlarzt höchstpersönlich erbrachte Leistungen zulässig.

Fassen wir die Regelungen des § 2 kurz zusammen. Bis auf die in der GOÄ begrenzte Gebührenhöhe ändert sich bei einer abweichenden Vereinbarung nichts. Ganz wichtig sind die Formalitäten. So greift der § 2 nur dann, wenn ein entsprechender schriftlicher Abdingungsvertrag vor der Erbringung der Leistung geschlossen wurde. Unter anderem muss der Arzt den Zahlungspflichtigen darüber aufklären, was er selbst zu bezahlen hat, sowie über die Tatsache, dass Kostenträger gegebenenfalls einen Anteil, aber niemals die vollen Kosten aus der ablösenden Vereinbarung übernehmen. Es reicht nicht aus, dass dies nur im Vertrag steht. Der Arzt muss dem Zahlungspflichtigen außerdem erklären, welche GOÄ-Nummern in welchem Maß von der abweichenden Vereinbarung betroffen sind. Das bedeutet, dass der Arzt jede einzelne GOÄ-Nummer samt ihrem Steigerungsfaktor auflistet.

Ob ein höherer Steigerungsfaktor in einer abweichenden Vereinbarung begründet werden soll, wird kontrovers diskutiert. Nach der GOÄ ist solch eine Begründung bei abweichender Vereinbarung nicht nötig. Manche Kommentatoren raten aber dazu, mit dem Hintergedanken, dass ein Kostenträger dann eventuell bis zum 3,5-fachen Satz erstattet, wenn in der Rechnung eine plausible Begründung neben der zum 5-fachen Satz abgerechneten GOÄ-Nummer steht.

Vorsicht Fallstricke: Weder die Behandlung von Notfällen noch eine Therapie akuter Schmerzen darf von einer abweichenden Vereinbarung abhängig gemacht werden, wie dies in Absatz 1 steht. Auch die Leistungen der Abschnitte A, E, M und O sind von einer abweichenden Vereinbarung ausgeschlossen.

Paragraf 3

Zur Erläuterung braucht es keiner weiteren Worte: Als Vergütungen stehen dem Arzt Gebühren, Entschädigungen und der Ersatz von Auslagen zu.

A&W-Kommentar
So setzen Sie abweichende Vereinbarungen sinnvoll ein

Die allgemeine Kostensteigerung als Argument für den Einsatz einer abweichenden Vereinbarung zu nutzen, greift nach Einschätzung des Autors zu kurz. Denn der Zeitaufwand für solch eine Vereinbarung muss in vernünftiger Relation zu dem höheren Honorar stehen, das man so erzielen kann.

Das bedeutet, dass man die abweichende Vereinbarung gezielt einsetzen sollte, zum Beispiel wenn ein sehr zeitaufwendiger Arzt-Patienten-Kontakt ansteht. Das ist zum Beispiel denkbar bei einer homöopathischen Erstanamnese. Wenn diese mehr als anderthalb Stunden dauert, wird das Honorar trotz Begründung des höheren Zeitaufwandes irgendwann unwirtschaftlich. Wenn man weiß, wie eine Kollegin kürzlich berichtete, dass sie eher drei als zwei Stunden dafür benötigt, scheint eine abweichende Vereinbarung sinnvoll.

Wenn die abweichende Vereinbarung in wenigen Fällen gezielt eingesetzt und das so erzielte Honorar angemessen ist, besteht auch nur ein geringes Risiko, dass man Patienten verliert.