EBM: Änderung nur durch Hinweis im Ärzteblatt wirksam

Eine Änderung im EBM tritt erst nach deren Veröffentlichung im Ärzteblatt in Kraft. Eine Bekanntmachung im Internet genügt nicht. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.
Neben dem Steuerrecht zählt das Kassenarztrecht zu den kompliziertesten Materien, die das deutsche Recht zu bieten hat. Das mussten auch die Ärzte einer Gemeinschaftspraxis aus Baden-Württemberg erfahren, die einen Honorarbescheid für das erste Quartal 2014 nicht hinnehmen wollten.
Überraschende Regelung für Ärzte
Im Jahr 2013 hatte der Gemeinsame Bewertungsausschuss (G-BA) für die hausärztliche Versorgung eine neue, mit 90 Punkten je vollendete zehn Minuten bewertete Gebührenordnungsposition (GOP) in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eingeführt (heute 128 Punkte). Und zwar mit Wirkung zum vierten Quartal. Bei dieser GOP 03230 geht es um das problemorientierte ärztliche Gespräch, das aufgrund der Art und Schwere einer Erkrankung erforderlich ist. GOP 03230 wurde in der Summe über alle Behandlungsfälle des Arztes im Quartal beschränkt auf jeden zweiten Behandlungsfall.
Ende Dezember 2013 entschied der G-BA, dass darüber hinausgehende Gespräche nicht mehr vergütet werden. Veröffentlicht wurde dies am 20. Dezember 2013 auf der Internetseite des Instituts des Bewertungsausschusses. Im Deutschen Ärzteblatt wurde dies aber erst am 24. Januar 2014 publziert. Für das erste Quartal 2014 erhielten die Ärzte nun weniger Geld, als erwartet. Sie verlangten eine unbudgetierte Honorierung und stellten die Frage, ob die Änderung überhaupt rechtzeitig wirksam geworden war.
Bundessozialgericht musste entscheiden
Die Antwort führte sie bis vor das Bundessozialgericht (BSG). Die Frage, ob es zum Wirksamwerden einer Änderung oder Neuerung im EBM ausreicht, dass diese im Internet veröffentlicht wird, oder ob es auf die Veröffentlichung im Ärzteblatt ankommt, war unter Juristen umstritten und bislang nicht geklärt. Im fünften Buch des Sozialgesetzbuchs existiert eine Regelung, die besagt, dass die Beschlüsse und die für sie entscheidungserheblichen Gründe im Deutschen Ärzteblatt oder im Internet bekannt gemacht werden müssen. Falls die Bekanntmachung im Internet erfolgt, muss im Ärzteblatt ein Hinweis auf die Fundstelle veröffentlicht werden.
Trotz Klärung kein Erfolg
Das BSG hat nun klargestellt, dass diese Vorschrift so zu verstehen ist, dass erst mit der Veröffentlichung des vollen Textes oder zumindest des Hinweises im Ärzteblatt der Beschluss des G-BA als bekannt gemacht gilt und damit wirksam wird. Der Gesetzgeber habe gerade nicht vorgesehen, dass allein die Veröffentlichung auf der Internetseite des Bewertungsausschusses als Bekanntgabe gilt (26.05.2021, Az. B 6 KA 8/20 R).
Damit ist die Regelung also erst im Januar 2014 wirksam geworden. Trotzdem lag im konkreten Fall keine unzulässige rückwirkende Budgetierung für das erste Quartal vor. Zwar handelt es sich hier um eine echte Rückwirkung. Diese ist aber in ganz engen Grenzen zulässig. Etwa dann, wenn der Betroffene mit einer Änderung rechnen musste, weil die Rechtslage unvollständig und/oder verworren war und er daher ausnahmsweise kein Vertrauen auf den unveränderten Bestand der Rechtslage haben konnte.
Diese Voraussetzungen sah das BSG hier als erfüllt an. Es sei immer klar gewesen, dass eine Abrechnung zum vollen Punktwert ausgeschlossen sei, weil das mit dem Sinn eines Punktzahlvolumens für eine Einzelleistung unvereinbar sei. Es habe nur die Wahl bestanden zwischen einer Abstaffelung und einem Ausschluss der Berechnung der über das Punktzahlvolumen hinausgehenden Gesprächsleistungen, wie er dann auch beschlossen wurde.
Ärzte müssen sich rechtlich auf dem laufenden halten |
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Müssen sich niedergelassene Ärztinnen und Ärzte neben dem laufenden Praxisbetrieb aktiv über Änderungen in Gesetzen, Verordnungen oder im EBM informieren, um nicht von unliebsamen Regelungen überrascht zu werden? Die klare Antwort lautet: Ja. Bereits 1997 hat das Bundessozialgericht in einem Urteil klargestellt, dass von jedem Arzt und jeder Ärztin erwartet wird, sich im „Deutschen Ärzteblatt“, dem offiziellen Organ der Bundesärztekammer, auf dem Laufenden zu halten. In der Praxis sollten niedergelassene Ärzte daher die Mitteilungen im „Ärzteblatt“ sowie im Mitteilungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung sehr aufmerksam verfolgen. Die Beschlüsse des G-BA werden übrigens auf der Internetseite des Instituts des Bewertungsausschusses veröffentlicht (www.institut-ba.de). |
Ina Reinsch
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