Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Abrechnung

Eigentlich sind die Regelungen für Schutzimpfungen relativ klar. Die Ständige Impfkommision (STIKO) fasst einen Beschluss zu einer bestimmten Schutzimpfung. Bei positiver Bewertung der STIKO entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), ob diese Schutzimpfung in die Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) aufgenommen wird. Sobald dieser G-BA-Entscheid im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, gehört diese Schutzimpfung für die genau definierten gesetzlich Versicherten zum Leistungsumfang. Im Anhang der Schutzimpfungs-Richtlinie sind dann auch die Dokumentationsnummern enthalten. Der nächste Schritt ist reine Formsache. Die regionalen Vertragspartner, nämlich die KVen und die gesetzlichen Krankenkassen, verhandeln darüber, wie die neue Schutzimpfung in die regionale Impfvereinbarung aufgenommen wird. Dabei stellt man dann fest, dass das extrabudgetäre Honorar für die Impfungen der SI-RL abhängig von der Krankenkasse des Impflings unterschiedlich hoch ausfällt.

Ganz wichtig: Die SI-RL und die regionalen Impfvereinbarungen gelten nur für gesetzlich Versicherte. Jeder Vertragsarzt kann, sofern er seine Gebietsgrenzen dabei nicht überschreitet, die Schutzimpfungen der SI-RL durchführen. Die kürzlich verbreitete Behauptung, dass er dafür der Impfvereinbarung betreten müsse, entbehrt jeglicher rechtlichen Grundlage. Es gibt nur ganz wenige Schutzimpfungen, für deren Durchführung man eine offizielle Bewilligung benötigt. Bekanntestes Beispiel ist die Impfung gegen Gelbfieber.

Schutzimpfungs-Richtlinie

Die meisten Schutzimpfungen der SI-RL werden über die Kassen abgerechnet. Wie die Regelung bei den Ausnahmen ist, folgt im Anschluss.

  • Üblicherweise wird die Schutzimpfung mit der Dokumentationsnummer aus Anhang 2 der SI-RL abgerechnet. Die fünfstelligen Nummern beginnen mit 89. Im Anschluss an die Nummer wird ein A für die ersten Impfungen eines Impfzyklus und ein B für die letzte Impfung eines Impfzyklus vermerkt, wenn es sich um eine Standard- oder eine Indikationsimpfung handelt.
  • Bei Reiseimpfungen oder beruflicher Indikation für die Schutzimpfung wird statt A und B mit V und W gekennzeichnet. Ganz wichtig: Reiseimpfungen und die berufliche Indikation werden nur in Ausnahmefällen über die SI-RL abgerechnet.
  • Achtung Fallstrick: In der regionalen Impfvereinbarung ist auch geregelt, wie der Impfstoff für diese Impfungen bezogen wird. Bei Schutzimpfungen, die nicht entsprechend den Vorgaben der SI-RL erfolgen, dürfen auf keinen Fall Impfstoffe eingesetzt werden, die für Schutzimpfungen nach der regionalen Impfvereinbarung erworben wurden.

Weitere Schutzimpfungen GKV

Gesetzliche Krankenversicherungen können auch weitere Schutzimpfungen als Satzungsleistungen übernehmen. Das ist denkbar, wenn zum Beispiel die Kosten für eine Schutzimpfung vor einem privaten Urlaub niedriger sind als die Behandlungskosten, wenn der Urlauber nach seinem Urlaub erkrankt und dann hier zu Lasten der GKV behandelt werden muss.

Besonderheiten SI-RL

Die Schutzimpfungen der SI-RL und deren Abrechnung betreffen nur die Prävention. Beliebtes Beispiel: Wenn ein Erwachsener mit multiplen Schürfwunden in die Praxis kommt, so gehört bei fraglichem Tetanus-Impfstatus die aktive und passive Immunisierung zur Versorgung der Wunde. Sie ist also weder nach der SI-RL abrechenbar, noch dürfen dafür Impfstoffe eingesetzt werden, die entsprechend der SI-RL beschafft wurden.

Schutzimpfung FSME

Betrachten wir die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) als Beispiel. Man weiß, dass Zecken als Überträger des Virus verantwortlich sind. Man weiß auch, dass es Risikogebiete – vor allem in Süddeutschland – gibt. Dementsprechend empfiehlt es sich, dass dort lebende Menschen mit Risiko auf alle Fälle geimpft werden sollten. Das findet sich in der Schutzimpfungs-Richtlinie entsprechend wieder. Demnach ist die Schutzimpfung gegen FSME eine Indikationsimpfung für Menschen, die in Risikogebieten leben und zeckenexponiert sind. Eine berufliche Indikation besteht für Mitarbeiter in Land- und Forstwirtschaft in diesen Gebieten sowie für Labormitarbeiter.

Interessanterweise haben in diesen Regionen wesentlich mehr Personen einen positiven Antikörpertiter als geimpft wurden. Das liegt vermutlich daran, dass Erwachsene vielfach eine FSME-Infektion asymptomatisch durchmachen. Bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Senioren besteht ein wesentlich höheres Risiko, dass FSME eine symptomatische Infektion mit massiven neurologischen Schäden bis hin zum Todesfall verursacht.

Wer an der Nordsee wohnt, aber seinen Urlaub im Schwarzwald geplant hat, sollte sich vorab impfen lassen. Das ist dann eine Indikationsimpfung. Wer an der Nordsee wohnt, aber trotz fehlendem Risiko eine FSME-Impfung wünscht, hat zwei Probleme. Erstens muss er einen Arzt finden, der ohne bestehendes Risiko eine Schutzimpfung vornimmt, und zweitens wäre diese Schutzimpfung als Wunschleistung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu bezahlen. Das bedeutet einen IGeL-Vertrag (Individuelle Gesundheitsleistung) für Beratung, Untersuchung und i.m.-Injektion, also Nr. 1, 5 und 375.

Üblicherweise wird gegen FSME dreimal geimpft. Dabei sollten die ersten beiden Impfungen im Abstand von ein bis drei Monaten erfolgen, die dritte Impfung fünf bis zwölf Monate nach der zweiten.

Schutzimpfungen GOÄ

Alle Schutzimpfungen, die nicht den Kriterien der SI-RL entsprechen, werden nach der GOÄ abgerechnet. Neben Schutzimpfungen, die nicht in der STIKO-Empfehlung erfasst sind, sind das auch alle Schutzimpfungen bei nicht gesetzlich versicherten Personen. Ganz wichtig: Auch nach der GOÄ dürfen nur medizinisch notwendige Leistungen abgerechnet werden. Wenn Personen andere Leistungen wünschen, so müssen diese Leistungen in der Rechnung als Wunschleistung gekennzeichnet sein.

Die Impfnummern der GOÄ

  • 375 Schutzimpfung (intramuskulär, subkutan) – gegebenenfalls einschließlich Eintragung in den Impfpass –
  • 376 Schutzimpfung (oral) – einschließlich beratenden Gesprächs –
  • 377 Zusatzinjektion bei Parallelimpfung
  • 378 Simultanimpfung (gleichzeitige passive und aktive Impfung gegen Wundstarrkrampf)

Die Impfstoffe sind bei der Impfung nicht mit in der GOÄ enthalten. Nach § 10 (1) der Allgemeinen Bestimmungen können die Kosten dafür dem Patienten eigens in Rechnung gestellt werden.

Praktische Umsetzung Impfstoffe
Pannen und Fehler gibt es immer wieder. Vor einiger Zeit berichtete ein pädiatrischer Kollege, dass eine Reinigungskraft den Kühlschrank mit den Impfstoffen vom Strom trennte, weil sie die Steckdose für den Staubsauger brauchte. Sie vergaß aber, dessen Stecker wieder einzustecken, und da es Freitagabend war, waren am Montag früh alle Impfstoffe unbrauchbar, ein Schaden im hohen fünfstelligen Bereich. Wie sie dieses Risiko reduzieren, fragte ich danach etliche Kolleginnen und Kollegen. Sicher nicht überall umsetzbar ist das Vorgehen eines Kollegen aus NRW. Er betonte, dass er mit mehreren Arztpraxen in einem Haus tätig sei und im Erdgeschoss sei eine Apotheke. Also rezeptiere er den Impfstoff, der Patient hole ihn ab und werde dann geimpft. Das erspare ihm nicht nur das Risiko der Bestandshaltung, sondern auch die Kosten für eigene Vorräte.