Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Allgemeinmedizin
Inhaltsverzeichnis

Immer mehr Hitzewellen und extreme Hitzeereignisse sind Folgen des Klimawandels. Auch in diesem Jahr rechnen Wetterexperten angesichts der mancherorts schon länger herrschenden Trockenheit mit einem langen, heißen Sommer. Das stellt viele Patienten vor eine Herausforderung, denn Temperaturen über 30 °C bedeuten generell eine starke Belastung für den Körper

Hitze ist für Menschen mit Diabetes besonders riskant

Für Menschen mit Diabetes gilt dies in besonderem Maße, wie der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) betont. „Menschen mit Diabetes mellitus sollten an heißen Tagen besonders aufmerksam sein, da sie ein erhöhtes Risiko für hitzebedingte Komplikationen haben – insbesondere, wenn zusätzlich Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems vorliegen“, erklärt Theresia Schoppe, stellvertretende Vorsitzende des VDBD und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft „Diabetes, Umwelt & Klima“ der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

Kreislaufprobleme durch Hitze und Flüssigkeitsverlust

So kann beispielsweise eine Polyneuropathie die Adaptation der Gefäßweite, die für die Temperaturregulation unerlässlich ist, stören. Außerdem haben viele Menschen mit Diabetes eine schlechtere kardiale Durchblutung. Gepaart mit einem Flüssigkeitsverlust könne dies zu einem Blutdruckabfall und Kreislaufkollaps führen. Behandlungsteams sollten deshalb mit ihren Patienten über eventuelle Anpassungen bei Diuretika oder anderen Blutdrucksenkern sprechen.

Insulin wirkt bei hohen Temperaturen schneller: Risiko für Unterzuckerungen

Da die Haut bei Hitze zur Wärmeabgabe stärker durchblutet wird, kann Insulin nach der Injektion deutlich schneller wirken, als Patienten es gewohnt sind. Damit besteht laut VDBD die Gefahr von Unterzuckerungen.

Hypoglykämie-Symptome nicht mit Hitzereaktionen verwechseln

Zudem könnten Hypoglykämie-Symptome wie Schwitzen oder Erschöpfung mit solchen der Hitze verwechselt werden und die Patienten von eingeübten Gegenmaßnahmen abhalten. Daher empfiehlt Schoppe, den Blutzucker bei hohen Temperaturen häufiger zu kontrollieren beziehungsweise regelmäßig die Glukose-Sensorwerte anzusehen – insbesondere vor, während und nach körperlicher Betätigung. 

Blutzuckerkontrolle auch beim Schwimmen nicht vernachlässigen

Auch beim Schwimmen bestehe das Risiko, Unterzuckerungen leicht zu übersehen oder falsch zu interpretieren. „Zeichen einer Unterzuckerung kann auch Zittern sein, was in diesem Kontext einer Unterkühlung zugeschrieben werden könnte“, erklärt Schoppe. Der Ratschlag auch hier: im Zweifel häufiger den Blutzucker messen. Bei der „blutigen“ Messung des Glukose-Werts sei es dabei wichtig, die Hände vorher gründlich abzutrocknen, erinnert die Expertin.

Insulin und Diabetes-Zubehör richtig aufbewahren bei Hitze

Menschen mit Diabetes sollten auch ihr Insulin vor der Hitze schützen. Es muss bei Temperaturen zwischen 2 °C und 8 °C gelagert werden, sonst droht ein Wirkverlust. Ausgeflocktes oder bräunlich verfärbtes Insulin solle nicht verwendet werden.

Der in Gebrauch befindliche Pen könne bis zu 30 °C aushalten, sollte aber nicht der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sein, so Schoppe. In der Praxis haben sich spezielle Boxen oder Taschen zur Aufbewahrung von Insulin und dem Diabetes-Bedarf bewährt, die weder Strom noch Kühlelemente benötigen. Alternativ kann auch eine Isolierflasche verwendet werden. 

Die gleiche Sorgfalt beim Temperaturschutz gelte auch für Sensoren zur kontinuierlichen Gewebezuckermessung, Blutzuckermessgeräte und -teststreifen sowie Insulinpumpen. „Zu tief gekühlt können die Utensilien allerdings an Messgenauigkeit einbüßen und Insulin kann in seiner Wirkung geschädigt werden. Daher sollten diese Taschen unbedingt ohne Kühl-Akkus verwendet werden“, betont Schoppe.

Quelle:

Pressemitteilung des VDBD

Checkliste für die ärztliche Beratung bei Hitze und Diabetes

Was Sie mit Diabetes-Patientinnen und Patienten in der Sprechstunde besprechen sollten:

  • Blutzuckerkontrollen bei Hitze häufiger durchführen, auch nachts

  • Bei körperlicher Aktivität (z. B. Gartenarbeit, Schwimmen): Unterzucker-Risiko thematisieren

  • Symptome einer Hypoglykämie vs. Hitzeerscheinungen differenzieren helfen

  • Insulin, Pens, Sensoren & Teststreifen: Hitzeschutz erläutern (Lagerung max. 30 °C, keine direkte Sonne)

  • Medikamente prüfen, v. a. Diuretika und ACE-Hemmer: ggf. Dosisanpassung bei Exsikkose

  • Warnzeichen für Hitzeschäden (Schwindel, Kollaps, Tachykardie) erklären

  • Notfallmaßnahmen bei Hypoglykämie in der Hitze besprechen (z. B. Glukosegabe)