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Regress-Wahnsinn: Kassen fordern Impfstoffkosten von Hausärzten zurück

von Marzena Sicking

Patientin wird in den Oberarm geimpft
Bild: polack - stock.adobe.com

Hausärzte müssen sich derzeit mit verzweifelten Patienten, fordernden Politikern und gekürzten Impfstoff-Lieferungen rumschlagen. Da das offenbar nicht reicht, setzen die Krankenkassen noch einen obendrauf und überziehen die Praxen mit Regressen zur Impf-Abrechung.

Wie der Hausärzteverband Nordrhein berichtet, seien allein in seinem Bereich 4.500 von insgesamt 5.000 Hausärzten mit Regressen wegen Formfehlern bei der Abrechnung von Impfstoffen überdeckt worden. Ein angeblicher wirtschaftlicher Schaden, der nicht genau beziffert wird, werde von den Krankenkassen den Hausarztpraxen angelastet. Die fordern jetzt sämtliche Impfstoffkosten wieder ein. „Das bringt in den Praxen das Fass zum Überlaufen“, so der Vorsitzende des Hausärzteverbandes Nordrhein, Dr. Oliver Funken.

Verschiedene Abrechnungswege für Impfstoffe

Der Hintergrund: Die betroffenen Ärzte hatten über die Verordnung von Einzelimpfstoffen auf den Namen der 2019 bereits geimpften Personen abgerechnet. Nach Meinung der Krankenkassen hätten die Impfstoffe aber über die Verordnung von Impfstoffen als Sprechstundenbedarf abgerechnet werden müssen. Für die Krankenkassen hätte diese Verordnung einen Wirtschaftlichkeitsvorteil der „größeren Gebinde“ gebracht.

Nach Ansicht des Hausärzteverbandes war das Ganze vorhersehbar, da man die Dokumentationsmodalitäten wiederholt verändert hatte. Die Krankenkassen haben somit verschiedene Abrechnungswege für dieselbe Impfung. „Damit macht sich die Verwaltung einen schlanken Fuß und lastet diese reine Verwaltungsarbeit nochmals auf die schon am Limit arbeitenden Praxen an“, kritisiert Dr. Oliver Funken. „Impfen jetzt mit Regressen negativ zu quotieren ist eine Motivationsbremse.“

Bürokratie und Zeitverschwendung

Der tatsächlich entstandene Schaden der Krankenkassen sei wahrscheinlich marginal, so die Vermutung. Dennoch würden die Krankenkassen jetzt die Kosten für den Impfstoff zurückfordern. „Das dürfen und werden sich die Ärzte nicht gefallen lassen.“ Die Betroffenen würden Widerspruch gegen die Regressansprüche einlegen. Die würden letztlich dann mehr Geld verbrauchen als die zurückgeforderten Summen den Krankenkassen einbringen könnten. „Es reicht! Diese nachgeordneten Arbeiten der Zuordnung zu Leistungsgruppen kann man im Backoffice der Krankenkassen erledigen, aber bitte nicht an der Impffront“, erklärt der Hausärzteverband Nordrhein.

„Wenn wir jetzt die Impfquote mit Erst- und Zweitimpfungen in der 4. Pandemiewelle erhöhen wollen, ist Kreativität und Motivation gefragt“, betont Dr. Funken, „Priorität für die Praxen haben die medizinische Regelversorgung und die Bekämpfung der Pandemie.“ Der Verband fordert die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Vertragspartner zum Schutz der impfwilligen Bevölkerung. Hier wäre nun endlich die Chance der Krankenkassen im Rahmen ihre Mitwirkungspflicht konstruktiv mitzugehen, aber das scheint in den Führungsetagen nicht gewollt zu werden. „Wir fordern die Krankenkassen zur Rücknahme der Forderungen auf“, verlangt der Hausärzteverband Nordrhein. „Hier ist eine rote Linie überschritten worden.“

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Author's imageIlias TsimpoulisChief Medical Officer bei Doctolib
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