Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
FAQ & Glossar
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter einem Arzneimittelregress?

Ein Arzneimittelregress ist eine Rückforderung durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gegenüber Vertragsärztinnen und -ärzten. Er erfolgt, wenn eine ärztliche Verordnung als unwirtschaftlich, nicht notwendig oder formal unzulässig eingestuft wird. Die rechtliche Grundlage liefert § 106 SGB V in Verbindung mit § 12 SGB V. Ziel des Verfahrens ist die Sicherstellung eines wirtschaftlichen Einsatzes der zur Verfügung stehenden GKV-Mittel.

Für die betroffenen Leistungserbringer kann ein Regress erhebliche finanzielle und haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Im Jahr 2022 wurden laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung bundesweit rund 1.100 Verfahren eröffnet – Tendenz leicht rückläufig, aber nicht bedeutungslos.

Regressauslöser: Typische Gründe aus der Praxis

Die häufigsten Gründe für einen Arzneimittelregress sind:

  • Verordnung nicht zugelassener oder nicht erstattungsfähiger Arzneimittel

  • Überschreiten regional definierter Richtgrößen oder Durchschnittswerte

  • Abweichung von evidenzbasierten Behandlungsleitlinien ohne ausreichende Begründung

Dokumentationslücken bei Ausnahmeindikationen

Die Wirtschaftlichkeitsprüfung berücksichtigt sowohl statistische Auffälligkeiten im Verordnungsverhalten als auch Einzelverordnungen bei Verdacht auf Missbrauch oder systematisches Fehlverhalten.

Prüfmechanismus: Wer entscheidet und wie?

Die Prüfungen erfolgen durch den zuständigen regionalen Prüfungsausschuss, der paritätisch mit Vertreter:innen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der Krankenkassen besetzt ist. Dabei werden zwei Verfahrenstypen unterschieden:

  • Richtgrößenprüfung (statistisch): Überprüfung auf Überschreitung vorgegebener Mittelwerte im Quartalsdurchschnitt.

  • Einzelfallprüfung (anlassbezogen): Auswertung individueller Verordnungen bei konkretem Verdacht auf Unwirtschaftlichkeit.

Kommt es zur Beanstandung, erhalten die betroffenen Ärztinnen oder Ärzte einen Regressbescheid mit Begründung, Rechtsgrundlage und Rückforderungsbetrag.

Rechtsmittel und Vergleichsmöglichkeiten

Gegen einen Regressbescheid kann binnen eines Monats Widerspruch eingelegt werden (§ 84 SGG). Zusätzlich besteht gemäß § 106 Abs. 5a SGB V die Möglichkeit, eine einvernehmliche Regelung mit dem Prüfungsausschuss zu schließen, die den Regressbetrag um bis zu 20 % reduziert. Diese sogenannte „Vergleichsvereinbarung“ schließt allerdings eine anschließende Klage aus.

Für die Widerspruchsführung ist eine medizinisch und formal fundierte Argumentation erforderlich. Häufig ist die Hinzuziehung von Arzneimittelkommissionen oder Rechtsbeiständen sinnvoll.

Prävention: Wie lässt sich ein Regress vermeiden?

Vertragsärztinnen und -ärzte können durch folgende Maßnahmen ihr Risiko minimieren:

  • Orientierung an G-BA-Richtlinien, Arzneimittelvereinbarungen und regionalen Empfehlungen

  • Dokumentation besonderer medizinischer Gründe bei abweichenden oder kostenintensiven Verordnungen

  • Teilnahme an spezifischen Fortbildungen zur Verordnungspraxis

Nutzung von Arzneimittelinformationsdiensten der KV oder Fachgesellschaften

Auch IT-gestützte Tools zur Verordnungssteuerung (z. B. Software-Checks auf Wirtschaftlichkeit) können in der Praxis hilfreich sein.

FAQ – Arzneimittelregress in der ärztlichen Versorgung

Was ist ein Arzneimittelregress konkret?

Ein Regress bezeichnet die Rückforderung von Medikamentenkosten durch die GKV, wenn eine ärztliche Verordnung als unwirtschaftlich oder nicht notwendig bewertet wird.

Wann droht ein Regress?

Ein Regress droht bei Verstößen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, etwa bei Verordnung nicht zugelassener Arzneimittel, bei Überschreitungen von Richtgrößen oder fehlender Indikationsdokumentation.

Wie wird der Regressbetrag berechnet?

Er entspricht dem Netto-Wert der beanstandeten Verordnung. Der Betrag wird von der Gesamtvergütung der ärztlichen Leistung abgezogen.

Kann man sich gegen den Regress wehren?

Ja. Ärztinnen und Ärzte haben das Recht, innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen. Die Einleitung eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist möglich – es sei denn, ein Vergleich wurde akzeptiert.

Was bringt ein Vergleich mit dem Prüfungsausschuss?

Ein Vergleich ermöglicht die Reduktion der Regresshöhe um bis zu 20 %, verzichtet jedoch auf die Option der gerichtlichen Überprüfung.

Wie kann man einen Regress am besten vermeiden?

Durch wirtschaftlich begründete Verordnungsweise, leitlinienkonforme Therapie, dokumentierte Abweichungen und regelmäßige Schulungen zur Arzneimittelverordnung.

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