Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Gynäkologie
Inhaltsverzeichnis

Genitalherpes ist eine der häufigsten sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten. In Deutschland tragen etwa 10 bis 15 von 100 Menschen das Herpes-simplex-Virus Typ 2 (HSV-2) in sich, das für 80 bis 90 Prozent der Genitalherpes-Erkrankungen verantwortlich ist. Etwa ein bis fünf dieser Träger erkranken an genitalem Herpes – Frauen häufiger als Männer.

Im Dezember 2024 hat das Journal of the European Acadamy of Dermatology & Venerology die wichtigsten Punkte der „Europäischen Leitlinien zur Behandlung von Genitalherpes 2024“ veröffentlicht. Die Leitlinien geben auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse Empfehlungen zu Diagnose, Behandlung, Nachsorge und Minimierung der Übertragbarkeit bei Genitalherpes.

Herpesviren bleiben lebenslang im Körper

Die meisten Menschen stecken sich bei ungeschütztem Sexualverkehr mit Herpesviren an. Nach einer Primärinfektion mit HSV-2 oder HSV-1 (das vor allem Herpes labialis verursacht, aber zunehmend auch Genitalherpes), zeigen sich nur bei etwa einem Viertel der Infizierten klinische Symptome. Die Viren verbleiben lebenslang latent in lokalen Ganglien und können reaktiviert werden. Während der Rezidive und im Prodromalstadium ist die Gefahr einer Übertragung am höchsten. Aber auch ohne Rezidive ist die Gefahr einer Ansteckung durch subklinische Ausscheidung gegeben.

Laborbestätigung bei verdächtigen Läsionen im Genitalbereich

Die Diagnose ist nicht immer einfach, denn das Prodromalstadium ist häufig unspezifisch und nicht immer haben Patienten klassische Läsionen wie Bläschen, Pusteln und Geschwüre im Genitalbereich sowie lokale Lymphadenitis. Oft sind die Läsionen atypisch und ähneln anderen Genitalinfektionen, weshalb die Differentialdiagnose sehr wichtig ist. Auch eine Proktitis kann durch Genitalherpes verursacht sein.

Deshalb rät die Leitlinie, sich nicht alleine auf eine klinische Diagnosestellung zu verlassen, sondern schon im Frühstadium den Verdacht durch einen Virusnachweis zu bestätigen. Dazu sollte ein Abstrich der Läsionen mit Echtzeit-PCR untersucht werden. „Der Nachweis von HSV-DNA gilt heute als Goldstandard für die Diagnose“, so die Autoren. Außerdem empfehlen sie bei Erstinfektion eine HSV-Typisierung auf HSV-1 und HSV-2. Um mögliche Mischinfektionen auszuschließen, sollten zusätzlich Tests auf andere sexuell übertragbare Infektionskrankheiten erfolgen.

Bei Genitalherpes-Erstmanifestation früh mit oralen Virostatika beginnen

Da eine Erstinfektion mit Genitalherpes unbehandelt zu vielen Komplikationen führen kann, ist es wichtig, die Behandlung so früh wie möglich einzuleiten. Am besten in den ersten fünf Tagen nach Symptombeginn. Die Leitlinie empfiehlt dazu den Einsatz oraler antiviraler Medikamente – Aciclovir, Famciclovir oder Valaciclovir – für fünf bis zehn Tage. Begleitend können Kochsalzbäder und Schmerzmedikation helfen. Topische Medikamente werden ausdrücklich nicht empfohlen, da sie weniger effektiv sind und zu Resistenzen führen können.

Bei schweren systemischen Symptomen und Komplikationen kann ein Krankenhausaufenthalt notwendig sein.

Beratung ist ein wichtiger Teil der Therapie bei Genitalherpes

Eine Erkrankung mit Genitalherpes ist für viele Menschen mit Scham und Sorgen verbunden. Deshalb ist es wichtig, die Patienten ausführlich zu beraten und Hoffnung zu geben.

Neben Informationen zu Erkrankungsverlauf und Therapie, geht es dabei auch um praktische Ratschläge, wie die Patienten mit Sexualpartnern umgehen können. So sollten betroffene ihre Erkrankung offenlegen und über die Übertragungsrisiken sowie die Verhinderung einer Weiterverbreitung gut informiert sein. Sind Frauen im gebärfähigen Alter oder deren Männer betroffen, ist auch eine Beratung über die Risiken für Schwangerschaft und Geburt angezeigt. Außerdem sollten Ärzte ihre Patienten auf die mögliche Entwicklung von psychischen Problemen aufgrund der Erkrankung beobachten und ihnen gegebenenfalls Unterstützung anbieten.

Virostatika und Suppressionstherapie bei Rezidiven

Treten Rezidive auf, sind die Symptome meistens leichter als bei Ersterkrankung. Obwohl die Symptome auch von alleine abklingen, empfiehlt die Leitlinie eine unterstützende Kurzzeittherapie mit oralen Virostatika. Das verkürzt die Erkrankungsdauer, sofern die Patienten gleich bei den ersten Anzeichen mit der Behandlung beginnen.

Eine antivirale Suppressionstherapie verringerte in Studien die Häufigkeit von Rezidiven. Ab wann eine solche Therapie angezeigt ist, müssen Ärzte und Patienten im Einzelfall entscheiden. Empfehlungen zu Behandlungsschemata finden sich in der Leitlinie.

Leitlinie unterstützt auch bei Spezialfällen

Daneben geht die Leitlinie auf verschiedenste Spezialfälle ein, wie die Behandlung von Schwangeren, von Neugeborenen erkrankter Mütter, von Patienten mit HIV und Immunschwächen.