Looksmaxxing: Social-Media-Trend gefährdet Männer
Deborah WeinbuchBestimmte Foren im Internet bewerten Männer und geben ihnen Tipps, um maskuliner auszusehen. Eine Analyse aus Kanada zeigt, wie diese Communitys die psychische und körperliche Gesundheit gefährden.
„Dieses Forum bringt mich an den Rand, mich aufzuhängen“ – diese Aussage eines Nutzers eines sogenannten Looksmaxxing-Forums ist kein Einzelfall. Unter dem Deckmantel der Selbstoptimierung herrscht dort ein rauer, teils grausamer Ton. Eine kanadische Forschungsgruppe um Dr. Michael Halpin analysierte über 8.000 Beiträge und fand ein Klima der gegenseitigen Abwertung, Druck zu nicht notwendigen Eingriffen und immer wieder auch direkte Suizidaufforderungen.
Incel-Szene: Aussehen bestimmt vermeintlich das soziale Schicksal
Looksmaxxing bezeichnet den Versuch, das eigene Aussehen zu verbessern, um auf diese Weise sozial und sexuell erfolgreicher zu sein. In der qualitativen Analyse im Fachjournal „Sociology of Health & Illness“ wird das Phänomen als Ausdruck eines „hegemonialen männlichen Blicks“ beschrieben. Die untersuchte Plattform gliedert sich in zwei Hauptbereiche: In den Ratings-Threads stellen Männer Fotos von sich ein und erhalten gnadenlose Bewertungen. Im Bereich Self-Improvement werden operative und nichtoperative Maßnahmen diskutiert. Das Aussehen wird auf einer Skala von „Chad“ (hochattraktiv und erfolgreich) bis „Subhuman“ (Untermensch) eingeordnet. Männern mit einem Wert ≤ 3/10 wird oft gesagt, ihr Leben sei vorbei. Selbst Männer, die als durchschnittlich eingestuft werden, haben in den Augen dieser Community kaum eine Chance.
Was kennzeichnet Looksmaxxing?
Looksmaxxing entstand ursprünglich in der Incel-Community, einer Subkultur heterosexueller Männer, die sich als „involuntary celibates“ (unfreiwillig sexuell enthaltsam) bezeichnen. Die Szene ist geprägt von Frauenfeindlichkeit, häufig mit Gewaltfantasien, und vertritt ein hierarchisches Weltbild, in dem die äußere Attraktivität den sexuellen Erfolg bestimmt.
Von der Selbstoptimierung zur Selbstgefährdung
Neben Diät- und Trainingsempfehlungen propagieren Nutzer oft riskante Methoden. Dazu zählen das „Bonesmashing“ (gezielte Schläge auf Gesichtsknochen zur Konturveränderung) sowie Operationen wie Rhinoplastik, Kieferkorrekturen oder Beinverlängerungen. Viele Eingriffe werden als letzte Chance dargestellt, im Leben doch noch „aufzusteigen“. Die Forschenden dokumentierten zudem zahlreiche Suizidaufforderungen wie „Kauf Dir einen Strick!“ oder „Spring vor einen Zug!“
Jugendliche äußerten, sie würden sich erhängen, falls sie bis zum 20. Lebensjahr nicht eine bestimmte Körpergröße erreichten. Bei Patienten mit auffälligem Verhalten kann es sich also lohnen, nach den genutzten Online-Communitys zu fragen und bei Bedarf psychotherapeutische oder psychiatrische Hilfe einzubinden.
Steroid-Missbrauch
In der Looksmaxxing-Szene werden auch anabole Steroide für ein maskulineres Aussehen empfohlen. Die Risiken reichen von Hypogonadismus, Hodenatrophie und Infertilität über Libido- und Potenzstörungen bis hin zu kardiovaskulären Schäden, Depression oder Aggressivität (Roid Rage). Bei Jugendlichen droht ein vorzeitiger Wachstumsstopp.