Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuern

Beabsichtigen zwei Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis gleichberechtigt zusammenzuarbeiten, dann sind beide in der Regel auch selbstständig tätig beziehungsweise wollen das zumindest sein. Um diese Voraussetzung nicht zu gefährden, sollte man den Gesellschaftervertrag lieber vorab von einem Steuerberater oder Rechtsanwalt prüfen lassen. Denn hier schleichen sich schnell Fehler in den Unterlagen ein, die bei einer Außenprüfung (AO) durch das Finanzamt richtig teuer werden können, wie ein jetzt bekannt gewordenes Urteil zeigt. Gerade Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis müssen damit rechnen, dass der Prüfer bei den Gesellschafterunterlagen ganz genau hinschaut.

Freiberufler nur in den Unterlagen

Wer steuerlich alles im Griff hat, kann dennoch auf gesellschaftsvertraglicher Ebene Probleme mit dem Prüfer und dem Finanzamt bekommen. So kann sich bei “falscher” Ausgestaltung des Vertrages beziehungsweise bei der Bewertung der Praxis als Unternehmen leicht ergeben, dass einer der beteiligten Ärzte der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Betriebsprüfer legen ihr Augenmerk nämlich nicht nur auf das Thema Steuern im Allgemeinen, sondern ganz besonders auch auf die Personalaspekte in den Unterlagen.Bei der Bewertung des Sachverhalts spielt vor allem die Einschätzung des unternehmerischen Risikos, das der angebliche Freiberufler trägt, eine wichtige Rolle.

Außenprüfung deckt Fehler auf

Das zeigt auch der Fall einer Zahnarztpraxis, die vom Finanzamt geprüft wurde und jetzt mit einer saftigen Nachzahlung von Lohnsteuer & Co. rechnen muss. Auf eine entsprechende Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. November 2016 (AZ: L 5 R 1176/15), die Freiberufler unbedingt beachten sollten, weist die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) in einer aktuellen Mitteilung hin.

Lieber vorab Steuerberater fragen

In dem verhandelten Fall ging es um einen Zahnarzt, der gemeinsam mit einer Kollegin in einer Praxis tätig war. Die beiden Ärzte hatten hierfür eine Gemeinschaft bürgerlichen Rechts gegründet und einen „Gesellschaftsvertrag“ für die Gemeinschaftspraxis abgeschlossen. Steuerlich wähnten sie sich damit auf der sicheren Seite. In den bei einer Außenprüfung (AO) gesichteten Unterlagen war unter anderem festgelegt, dass die Ärztin 30 Prozent ihrer Honorare erhielt. Den übrigen Überschuss aus den Einnahmen erhielt ihr Partner. Dafür musste er aber auch sämtliche Ausgaben im Betrieb begleichen. Dazu gehörten unter anderem die Miete, der Unterhalt der Praxis – die Praxiseinrichtung gehörte allein dem Zahnarzt – und die Kosten für die Mitarbeiter. Die beiden Vertragspartner legten außerdem fest, dass sie in ihrer Tätigkeit gleichberechtigt und einander nicht weisungsbefugt seien. Beide waren der Überzeugung, in der Praxis als Freiberufler bzw. selbstständig tätig zu sein.

Vertrag fiel bei Betriebsprüfung durch

Im Rahmen einer Betriebsprüfung fiel dem Finanzamt allerdings auf, dass bei diesem Vertrag nur einer der beiden Partner das volle unternehmerische Risiko des Betriebs zu tragen hatte. Daraufhin forderte der zuständige Sozialversicherungsträger den Arzt auf, für die Ärztin rückwirkend eine Zahlung über 13.000 Euro für Sozialabgaben zu tätigen. Der Grund: Sie sei nicht selbstständig tätig, sondern als Mitarbeiterin des Arztes abhängig beschäftigt. Dies habe die Außenprüfung durch das Finanzamt bestätigt.

Finanzamt schätzt Sachverhalt anders ein

Die Klage des Arztes und seines Steuerberaters gegen diese Beurteilung durch den Betriebsprüfer blieb erfolglos. Das Gericht sah nach Prüfung der Unterlagen hier ebenfalls keine Partnerschaft, sondern ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Als Grund für die Einschätzung nannten die Richter mehrere Kriterien.

Mitarbeiter sind keine Unternehmer

So trage die Zahnärztin als angeblicher Freiberufler gar kein wirtschaftliches Risiko und sei auch nicht am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis beteiligt. Hinsichtlich der Sprechzeiten und der Urlaubsplanung im Unternehmen müsse sie sich mit dem Zahnarzt und dem übrigen Praxispersonal absprechen. Erkranke sie länger als sechs Wochen, habe ihr Kollege die Befugnis, zu Lasten ihres Gewinnanteils einen Vertreter für die Zahnarztpraxis einzustellen. Umgekehrt gelte diese Regelung jedoch nicht.

Prüfung durch Finanzamt korrekt

Die Richter wiesen auch darauf hin, dass es typisch sei für „höhere Dienste“, dass die Ärztin keine (Fach-)Weisungen erhalte. Die Freiheit des selbstständigen Unternehmers zeige sich darin jedoch nicht. Damit bestätigte das Gericht die Einschätzung des Finanzamts, dass es sich bei der Kollegin des Praxisinhabers nicht um eine Freiberuflerin handeln könne. Den Zahnarzt erwartet nun eine saftige Nachzahlung der Sozialabgaben.

Tipp: Ärzte, die eine Gemeinschaftspraxis gründen wollen, sollten die vom Gericht bemängelten Punkte beachten und vor allem vermeiden. Steuern sind eben nicht alles, worauf Prüfer des Finanzamts bei einer AO achten.