Unfallversicherung: Beliebt, aber nicht für jeden Arzt sinnvoll
A&W RedaktionUnverzichtbar. Für jedermann wichtig. So beschreiben Versicherungsvertreter oft die private Unfallversicherung. Doch ist diese Einschätzung wirklich zutreffend? Was Ärztinnen und Ärzte wissen sollten.
Es ist ein offenes Geheimnis: Die gesetzliche Unfallversicherung hat – so Praxisinhaber überhaupt von ihr profitieren – erhebliche Lücken. Sie greift nur bei Arbeits- und Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten. Wer sich anderweitig verletzt und bleibende Schäden davonträgt, darf auf keine Leistungen hoffen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine private Unfallversicherung zunächst sinnvoll. Doch welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Versicherung zahlt?
Die wichtigsten Fakten:
- Die private Unfallversicherung zahlt nur, wenn aufgrund eines Unfalls eine Invalidität entsteht. Sie greift nicht bei bleibenden Gesundheitsschäden durch eine Erkrankung. Ein Unfall im versicherungsrechtlichen Sinn liegt vor, „wenn ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig einen Gesundheitsschaden hervorruft“. Als Unfall gilt außerdem, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden. Bleibende Schäden durch Insektenstiche und Tierbisse wie Borreliose oder Malaria sind in der Regel ebenfalls versichert.
- Die Unfallversicherung zahlt in der Regel einmalig einen Betrag. Bei den meisten Gesellschaften lässt sich gegen Aufpreis die Zahlung einer Unfallrente vereinbaren.
- Wer sich für einen Vertrag interessiert, sollte sich aber bewusst sein: Das Risiko, nach einem Unfall invalide zu sein, ist gering. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass nur ein Prozent der Behinderungen in Deutschland auf einen Unfall zurückzuführen sind.
Praxisinhaber, die ihr Unfallrisiko dennoch absichern möchten, sollten besonders auf die Vertragsdetails achten. Sonst kann es im Ernstfall zu unliebsamen Überraschungen kommen, wenn die Versicherung nicht abdeckt, was erwartet wird. - Da die Unfallversicherung die Folgen einer Invalidität finanziell abfedern soll, ist vor allem eine ausreichende Höhe der Leistung wichtig. So kommt es dafür auch entscheidend auf den Grad der Beeinträchtigung an, der zum Beispiel mit dem Verlust eines Körperteils verbunden ist. Die Versicherungsbranche kalkuliert hier mit der sogenannten Gliedertaxe. Diese Liste ordnet Körperteilen, Sinnesorganen und zum Teil inneren Organen für deren Verlust oder dauernde Invalidität feste Prozentsätze zu. Jede Unfallversicherung definiert ihre Gliedertaxe selbst. Speziell Ärztinnen und Ärzte sollten nach berufsspezifischen Gliedertaxen fragen, die vermeintlich „weniger wichtige“ Körperteile aufwerten wie etwa Finger bei Chirurgen.
- Idealerweise sollten Ärzte zudem eine Progression vereinbaren. Sie bewirkt, dass ein Kunde bei schweren Behinderungen ein Vielfaches der Versicherungssumme erhält. Das ist ratsam, weil die Kosten schnell ansteigen können – etwa für einen behindertengerechten Umbau von Haus und Praxis.
Fazit: Die private Unfallversicherung gehört nicht zu den wichtigsten Versicherungen. Nur wer sich für den Fall der Invalidität nach einem Unfall absichern will, ist damit gut beraten. Wer hingegen auch bleibende Schäden nach einer Erkrankung absichern will, ist auf die Leistungen einer guten Berufsunfähigkeitsversicherung angewiesen.
KEIN GELD TROTZ SCHADENSFALL
Es gibt typische Konstellationen, bei denen die Unfallversicherer häufig trotz Schadensfall nicht zahlen.
- Ist der Versicherte zum Zeitpunkt des Unfalls betrunken, zahlen Versicherungen nicht. Das Gleiche gilt für
Bewusstseinsstörungen, die nach Drogen- und Medikamenteneinnahmen auftreten. - Unfälle, die mit Kriegs- und Bürgerkriegsereignissen zusammenhängen, sind ebenso nicht versichert.
- Auch bei einer radioaktiven Verseuchung wird die Zahlung verweigert.
- Bei Gesundheitsschäden durch Heilmaßnahmen sehen Versicherte ebenfalls kein Geld.