Orientierungswert: Grundlage der ambulanten Vergütung
Marzena SickingWas bedeutet der ärztliche Orientierungswert für Ihre Praxis? Erfahren Sie, wie dieser zentrale Faktor die Vergütung ambulanter Leistungen bestimmt und warum er für jeden Vertragsarzt entscheidend ist.
Was ist der ärztliche Orientierungswert? Definition und Bedeutung
Der Orientierungswert ist der zentrale Vergütungsfaktor im deutschen GKV-System, der als Multiplikator für die im EBM festgelegten Punktwerte dient. Als bundeseinheitlicher Eurobetrag pro Punkt bestimmt er maßgeblich, wie viel Geld Vertragsärzte für ambulante Leistungen erhalten.
Gesetzliche Grundlage des Orientierungswerts nach § 87 SGB V
Die rechtliche Verankerung findet sich in § 87 Abs. 2e SGB V, wonach der Bewertungsausschuss jährlich bis zum 31. August über die Anpassung entscheidet. Diese tritt dann zum 1. Januar des Folgejahres in Kraft und beeinflusst die gesamte vertragsärztliche Vergütung.
Berechnung des Orientierungswerts: So wird der EBM-Punktwert ermittelt
Die Berechnungsformel für EBM-Leistungen lautet: Vergütung in Euro = Punktzahl der Leistung × Orientierungswert in Euro/Punkt
Es gibt eine jährliche Anpassung, bei der folgende Punkte berücksichtigt werden sollen:
Praxiskosten-Entwicklung (Betriebskosten, Mieten, Energie)
Inflationsrate und allgemeine Kostensteigerungen
Entwicklung der Gehälter für medizinisches Fachpersonal
Veränderungen in Leistungsanforderungen und Patientenstruktur
Orientierungswert-Verhandlungen: KBV vs. GKV-Spitzenverband
Der Verhandlungsprozess findet jährlich zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband statt. Bei Nichteinigung entscheidet der Erweiterte Bewertungsausschuss mit neutralem Vorsitz – ein Prozess, der regelmäßig unter hoher Aufmerksamkeit der Ärzteschaft steht.
Auswirkungen des Orientierungswerts auf die Praxisvergütung
Der Orientierungswert beeinflusst direkt und indirekt:
Honorarhöhe: Die unmittelbare Vergütung ärztlicher Leistungen
Praxiswirtschaftlichkeit: Die finanzielle Tragfähigkeit ambulanter Einrichtungen
Versorgungsplanung: Investitionsentscheidungen und Praxisausrichtung
Regionale Versorgung: Basis für regionale Vergütungsunterschiede durch Zu- und Abschläge
Unterschied: Orientierungswert EBM vs. GOÄ-Vergütung im Vergleich
Der ärztliche Orientierungswert gilt ausschließlich für GKV-Patienten und unterscheidet sich grundlegend von:
Der privatärztlichen Vergütung nach GOÄ mit eigenen Steigerungsfaktoren
Selektivvertraglichen Vergütungsmodellen nach § 73b/c SGB V
DRG-basierten Vergütungen im stationären Bereich
Orientierungswert im Gesamtsystem: Zusammenspiel mit anderen Vergütungsfaktoren
Im komplexen GKV-Vergütungssystem interagiert der Orientierungswert mit:
Regelleistungsvolumina (RLV) und Quotierungsmechanismen
Qualitätszuschlägen und Sonderregelungen
Morbiditätsorientierter Gesamtvergütung (MGV)
Regionalen Anpassungsfaktoren
Gesundheitspolitische Bedeutung des Orientierungswerts für das GKV-System
Die jährliche Anpassung stellt einen gesundheitsökonomischen Balanceakt dar zwischen:
Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen ambulanten Versorgung
Gewährleistung der Beitragssatzstabilität für Versicherte
Anpassung an wirtschaftliche Entwicklungen und Kostensteigerungen
Steuerung der ambulanten Versorgungskapazitäten