Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Buchhaltung

Die Qual der Wahl

Bereits bei der Personalsuche sollte darauf geachtet werden, dass die Auswahlkriterien auf die Anforderungen der Praxis abgestimmt sind. Leider beweisen die Verantwortlichen bei der Personalwahl nicht immer ein geschicktes Händchen. Viel zu oft werden die Mitarbeiter nach ihrem Alter und somit ihrer möglichen Gehaltsstufe entsprechend taxiert und kurzsichtig als zu teuer abgelehnt. Der Begriff einer „Überqualifikation“ sollte tatsächlich nur in Praxen gehandelt werden, in denen die beruflichen und sozialen Fähigkeiten eines Mitarbeiters grundsätzlich nicht zum Einsatz kommen können. Viel zu oft wird übersehen, dass Berufs- und Lebenserfahrene zwar ein paar Euros mehr kosten, diese Investition jedoch durch ausgeprägte Flexibilität, starken eigenverantwortlichen Einsatz, professionellen Umgang mit Patienten und hoher Belastbarkeit wettgemacht wird. Dass sich daraus ganz nebenbei erhöhte Einnahmen ergeben, wird auch noch vergessen.

Falsche Person am richtigen Ort – oder wie war das noch?

Viele frustrane Erlebnisse im ärztlichen Praxisalltag ließen sich grundsätzlich vermeiden, wenn die richtigen Personen am richtigen Ort zum Einsatz kämen. So wird die introvertierte Mitarbeiterin, die ihre Fähigkeiten in der Verwaltung und Abrechnung zu voller Entfaltung bringen könnte, auf die Patienten losgelassen. Oder die hochmotivierte Quereinsteigerin mit multipler Vorbildung wird für das Materialmanagement, die Ablage und niedere Dienste eingeteilt, während sie die gesamte Buchhaltung und das Finanzmanagement auf Linie bringen könnte. Die „alte Häsin“ mit hoher Sozialkompetenz, langjähriger Berufserfahrung und Ausbildungseignung darf ihr Wissen und ihre praktischen Fähigkeiten nicht an die Azubis weitergeben, da sie sich mit einem Minijob begnügen muss, obwohl sie problemlos ganztägig arbeiten könnte.

Was, das können Sie auch noch?

Nicht selten staunen Praxisinhaber – oft nach Jahren – darüber, dass Mitglieder ihres Teams noch was ganz anderes können als das, wofür sie eingestellt wurden. Da ist die erfahrene MFA, die sich zur Ernährungsberaterin weitergebildet hat. Ihr Wissen und Können wäre eine Bereicherung für die Patienten und den Geldbeutel ihres Chefs – der ist allerdings ahnungslos. Eine motivierte Arzthelferin hat mehrere Kurse besucht und könnte autogenes Training, Qi-Gong oder Yoga durchführen. Ihre Fähigkeiten vertrocknen ebenso wie das damit verbundene Erlöspotential für ihren Arbeitgeber.

Packen wir es an!

Verschenkte Chancen und mangelnde Wertschätzung sorgen bei allen Beteiligten für Frust, Missverständnisse und Konflikte. Sie stören die Homogenität eines Teams, verhindern Expansionen, schüren Revierkämpfe und führen zu erheblichen Verwerfungen. Unrunde Praxisabläufe, mangelnde Arbeitsleistung und Motivationsverlust sind die Folge eines unprofessionellen Personalmanagements.

Dabei gäbe es einfache Lösungen, die für alle Beteiligten nur positive Effekte hätten. So könnten z. B. Gruppenberatungen für chronisch Kranke durchgeführt werden. Sei es in Bezug auf Stoffwechselstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma, Allergien und vieles mehr. In Arztpraxen, in denen keine oder nur für bestimmte Krankheiten DMPs angeboten werden, könnte die ärztliche Versorgung durch nichtärztliche Zusatzleistungen qualitativ aufgewertet und die Compliance gefördert werden. Gruppentherapien eignen sich hervorragend als Ergänzung der DMP-Einzelbetreuung. Für eine Gruppentherapie geeignet sind auch übende Verfahren wie autogenes Training, Meditation, Yoga oder andere körperbezogene Übungen. Rückenschule, Verhaltenstraining im Alltag bei Rückenproblemen und Sturzprophylaxe sind nur einige Beispiele dafür, wie sich eine Arztpraxis durch patientenfreundliche Angebote neue Erlösmöglichkeiten sichern kann. Durch die Nutzung der Praxisräume in Zeiten des eigentlichen Leerlaufs, z. B. am freien Mittwochnachmittag oder Samstagvormittag entsteht ganz nebenbei ein weiterer finanzieller Vorteil.