Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Buchhaltung

Gewinn und Überschuss der Einnahmen über Werbungskosten

Ärzte praktizieren einen sog. Katalogberuf nach § 18 Abs. 1 EStG und erzielen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, sofern sie eine eigene Praxis betreiben, Gesellschafter einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), oder in einer anderen Form selbstständig tätig sind. Demgegenüber erzielen Ärzte, die als Arbeitnehmer in einem Krankenhaus, in einer Praxis- oder Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), in einem Medizinischen Versorgungszentrum etc. angestellt sind, gem. § 19 Abs. 1 EStG Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit.

Eine einheitliche steuerliche Definition des Gewinns existiert nicht. Vielmehr bestimmt die Art bzw. die Methode der Gewinnermittlung, was unter einem steuerlichen Gewinn zu verstehen ist.

II. Betriebsvermögensvergleich versus Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Gewerbetreibende sind verpflichtet, ihren Gewinn nach dem Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG, ggf. in Verbindung mit § 5 EStG, zu ermitteln, sofern sie ein Handelsgewerbe betreiben oder bestimmte Umsatz- oder Gewinngrenzen überschreiten. Ärzte, wie auch andere Freiberufler im Sinne § 18 Abs. 1 EStG, betreiben demgegenüber kein Gewerbe, sondern einen freien Beruf, und sind deshalb – unabhängig von der Höhe ihres Umsatzes oder ihres Gewinns – nicht verpflichtet, ihren Gewinn nach dem Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln.

Eine weitere Methode der Gewinnermittlung neben dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ist die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 EStG. Trotz zahlreicher Bemühungen des Gesetzgebers, diese beiden Gewinnermittlungsmethoden anzugleichen, bestehen immer noch gewichtige Unterschiede zwischen dem Betriebsvermögensvergleich und der EÜR. Diese Unterschiede führen nicht nur dazu, dass der Gewinn eines Freiberuflers bzw. Arztes – je nach anzuwendender Methode der Gewinnermittlung – steuertechnisch unterschiedlich ermittelt wird, sondern beeinflussen auch die konkrete Höhe des zu besteuernden Gewinns, den ein Arzt in einem Steuerjahr erzielt.

Es sollte deshalb sorgfältig überlegt werden, für welche Methode sich ein Arzt oder eine BAG entscheidet. Angesichts einer Vielzahl von Parametern, die für oder wider eine Methode der Gewinnermittlung sprechen, kann die Entscheidung für eine der beiden Methoden nur nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände des konkreten Falles getroffen werden.

Im Folgenden gehe ich auf einige zentrale Unterschiede zwischen dem Betriebsvermögensvergleich und der EÜR, speziell mit Blick auf die Besonderheiten von ärztlichen Einzelunternehmen und BAG, ein.  

III. Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG

Die Ermittlung des Gewinns mittels Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG kommt in ärztlichen Unternehmen nur selten vor – zu Unrecht. Diese Methode der Gewinnermittlung kann im Vergleich zur EÜR einige gewichtige Vorteile bieten. Ob diese Vorteile im konkreten Fall dem Betriebsvermögensvergleich gegenüber der EÜR Vorzug geben, sollte sorgfältig überlegt werden.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Das Wirtschaftsjahr entspricht bei den bilanzierenden Ärzten stets dem Kalenderjahr.

Der Betriebsvermögen wird erfasst, indem zu Beginn des maßgeblichen Wirtschaftsjahres eine Buchführung eingerichtet, eine Inventur vorgenommen und eine Eröffnungsbilanz erstellt wird, die in den nachfolgenden Wirtschaftsjahren in Schlussbilanzen weiterzuentwickeln ist.

Die Gewinnermittlung mittels Betriebsvermögensvergleich kann insbesondere für Zwecke der Steueroptimierung interessant sein. Vor allem folgende Posten, die sich steuermindernd auswirken und bei der EÜR nicht zulässig sind, können für den Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG sprechen:

Bildung von Rückstellungen

Unter Rückstellungen werden Verbindlichkeiten verstanden, die dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewiss sind. Die Bildung von Rückstellungen gebietet das bilanzrechtliche Vollständigkeits- und Vorsichtsprinzip, nach dem hinreichend konkretisierte Vermögensminderungen, auch wenn diese noch nicht realisiert sind, bilanziell ausgewiesen werden müssen.

Für Ärzte kommen insbesondere folgende Rückstellungen in Betracht:

  • Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten entsprechend § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB, z. B. wenn mit einer Inanspruchnahme des Arztes seitens der Behörden, der Kassenärztlichen Vereinigung sowie der Arbeitnehmer wegen Erfüllungsrückstände oder durch Patienten, auch wegen betrieblich veranlasster Kulanzleistungen, zu rechnen ist;
  • Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums entsprechend § 5 Abs. 4 EStG;
  • Rückstellungen für Pensionszusagen an Gesellschafter-Ärzte bei BAG und in einer ärztlichen GmbH nach Maßgabe des § 6a EStG.

Vorname von Teilwertabschreibungen

 Wenn der Wert von betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern dauerhaft gesunken ist, können diese gem. § 6 Abs. 1 Satz 2, 3 EStG auf den niedrigen Teilwert gewinnwirksam abgeschrieben werden. Zu denken ist hier insbesondere auf medizinische Geräte, deren Wert aufgrund technischer Veralterung oder wegen des Aufkommens neuer Untersuchungsmethoden etc. über die planmäßige Abschreibung hinaus dauerhaft fallen kann. 

Einbringung der Einzelpraxis in eine BAG 

Bei der Einbringung einer ärztlichen Einzelpraxis in eine BAG können die Wirtschaftsgüter der Einzelpraxis in deren Bilanz gem. § 3 Abs. 1 UmwStG mit dem gemeinen Wert, der regelmäßig dem aktuellen Verkehrswert des Wirtschaftsguts entspricht, oder nach § 3 Abs. 2 UmwStG mit einem Zwischenwert angesetzt werden. Die BAG hat in ihrer Bilanz die Wirtschaftsgüter mit den angesetzten Werten zu übernehmen und tritt darüber hinaus in die steuerliche Rechtsstellung der Einzelpraxis ein.  

Die bezeichneten Regelungen können erhebliches Gestaltungspotenzial bieten, da aufgrund der Aufstockung der Bilanzpositionen höheres Abschreibungsvolumen entsteht. Der Ansatz des gemeinen Werts oder eines Zwischenwerts kann im konkreten Fall zu einem Übernahmegewinn bzw. Übernahmeverlust führen. 

Höhere Grenzen für Investitionsabzugsbeträge 

Ärzte, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln, können Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 Satz 2 EStG bis zum Betriebsvermögen in Höhe von EUR 235.000,00 in Anspruch nehmen, während Ärzte mit der EÜR maximal einen Jahres-Gewinn von EUR 100.000,00 erzielen dürfen, wenn sie einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 Satz 2 EStG beanspruchen wollen. 

Thesaurierungsbesteuerung 

Nach § 34a Abs. 1 EStG können nicht entnommene Gewinne aus selbstständiger Arbeit auf Antrag des Steuerpflichtigen mit einem Steuersatz von 28,25% besteuert werden, wenn die betreffenden Gewinne durch den Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder nach § 5 EStG ermittelt wurden. Bei einer Entnahme sind so begünstigte Gewinne unter den Voraussetzungen des § 34a Abs. 4 ff. EStG mit 25% nachzuversteuern.

Ob die Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EStG im Ergebnis zu Steuerersparnissen führt, sollte im konkreten Fall sorgfältig geprüft werden. 

Nicht steuerliche Gründe

Für den Betriebsvermögensvergleich können auch nichtsteuerliche Gründe sprechen. Hierzu kann z. B. eine bessere Gewinn- und Vermögenstransparenz bei Gesprächen mit Kreditinstituten über Darlehensaufnahme und bei Kapitalkonten von Gesellschaftern in einer BAG gehören. 

Nachteile des Betriebsvermögensvergleichs

Bei dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG kann sich nachteilig auswirken, dass Forderungen bilanziert werden müssen und sich damit gewinnerhöhend auswirken, wenn sie wirtschaftlich entstanden sind – unabhängig vom tatsächlichen Zufluss der Forderung.

Darüber hinaus ist der Betriebsvermögensvergleich regelmäßig mit einem höheren Aufwand in Bezug auf Buchführung, Inventur, Bilanzierung und höheren Beraterkosten verbunden.

Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG

Sofern Steuerpflichtige nicht verpflichtet sind, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen – hierzu gehören auch Ärzte – und dies auch nicht freiwillig tun, können diese Steuerpflichtigen ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG (EÜR) ermitteln.

Für EÜR sprechen insbesondere folgende Vorteile, die sich gewinn- und steuermindernd auswirken können:

Zufluss- und Abflussprinzip

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen in dem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen worden sind. Entscheiden sich Ärzte für die Gewinnermittlung nach der EÜR, wiken sich ihre Einnahmen steuerlich erst aus, soweit diese den Ärzten tatsächlich zufließen. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Bei dem Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ist nicht auf den Zufluss der Einnahmen und Abfluss der Ausgaben, sondern auf deren wirtschaftliches Entstehen abzustellen.

Geringerer Aufwand für die Gewinnermittlung

Weiterer Vorteil der Gewinnermittlung nach der EÜR ist ein geringerer Aufwand für die Gewinnermittlung, da die Errichtung der Buchführung, eine Inventur und die Aufstellung der Bilanz nicht erforderlich sind.

Nachteile der EÜR

Den Vorteilen stehen insbesondere folgende Nachteile gegenüber:

– Bildung von Rückstellungen, ist nicht möglich;

– Vornahme von Teilwertabschreibungen ist unzulässig;

– Für die steuerbegünstigte Einbringung einer Einzelpraxis in eine BAG nach dem Umwandlungssteuergesetz muss eine Bilanz aufgestellt werden;

– Niedrige Gewinngrenzen für die Vornahme des Investitionsabzugsbetrages nach § 7g EStG

– Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EStG ist nicht möglich. 

Wechsel der Gewinnermittlungsart

Der Steuerpflichtige kann eine von ihm gewählte Methode der Gewinnermittlung unter bestimmten Voraussetzungen ändern und von der EÜR zum Bestandsvergleich sowie umgekehrt übergehen, sofern die Änderung der Gewinnermittlung nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt.

Die Wahl der Gewinnermittlungsart bindet einen Steuerpflichtigen nach der Auffassung der Finanzverwaltung für 3 Jahre.  

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und KapitalmarktrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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