Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Dr. Eckart von Hirschhausen sagt: Die erste Frage, die sich ein Arzt oder eine Ärztin stellt, sollte sein: „Wie kann ich dir helfen?“, und nicht: „Wie kann ich mit dir 20 Prozent mehr Rendite machen?“. Die Zitate stammen vom 10. Nationalen Qualitätskongress Gesundheit, der 2016 in Berlin stattgefunden hat. Auch knapp sieben Jahre später sind diese Worte aktuell.  Denn es sind nicht nur die Patienten, die sich über mangelnde Empathie beschweren. Es sind auch die Mitarbeitenden und oftmals sogar die Ärzte selbst. Vielen ist bewusst, dass die „Minuten-Medizin“ für alle Seiten unbefriedigend ist und die Praxisstrukturen häufig nach monetären Gesichtspunkten ausgerichtet wird. Mehr Zeit pro Patient und mehr Geld – geht nicht beides?

Ungleiche Geld-Verteilung -woran liegt es?

Es gibt wirtschaftlich sehr erfolgreiche niedergelassene Ärzte, die mit einem Gewinn von 200.000 Euro oder sogar mit 450.000 Euro im Jahr nach Hause gehen. Auch noch mehr ist möglich. Übrigens, bei gleicher Fachgruppe, gleicher Arbeitszeit und ungefähr gleicher Praxisgröße. Der Erfolgsfaktor der wirtschaftlich besseren Praxen sind in erster Linie zufriedene Patienten.

Der Weg zu zufriedenen oder sogar glücklichen Patienten fängt damit an, die Praxis einmal aus Patientensicht anzuschauen. Sowohl das Ambiente als auch die Medizin. Ich habe vor langer Zeit einen Artikel darüber geschrieben, dass viele Praxen gar nicht das anbieten, was die Patienten eigentlich wollen. Und das ist auch heute noch so. Patienten wollen (natürlich) sinnvolle medizinische Leistungen, die über die Kassen-Medizin hinausgehen und entweder mehr Sicherheit oder eine höhere Lebensqualität ermöglichen. Patienten wollen keine „ausreichende“, „zweckmäßige“ und „wirtschaftliche“ Medizin, für die die gesetzlichen Krankenkassen nur aufkommen. Für die bestmögliche Medizin geben die Menschen viel Geld aus. 2018 waren es rund 1.600 Euro im Durchschnitt pro Jahr pro Kopf. Der Trend des sogenannten zweiten Gesundheitsmarktes, zu dem auch Individuelle Gesundheitsleistungen zählen, ist laut IHK Essen sogar kontinuierlich steigend. Für Ärzte also die Chance, Patienten noch besser zu versorgen und gleichzeitig mehr Geld zu verdienen.

Ethik und Monetik

Jetzt habe ich einen ganzen Absatz nur über Geld gesprochen. Steht dieser aber nicht im Konflikt mit den Aussagen, die Dr. Eckart von Hirschhausen von sich gegeben hat? Nein, Dr. Eckart von Hirschhausen sagt schließlich nicht, dass Ärzte nicht viel Geld verdienen dürfen. Er sagt, dass das nicht der erste Gedanke sein soll, wenn ihnen ein Patient gegenübersteht. Und da stimme ich mit ihm voll überein.

Ich helfe Praxis-Chefs dabei, eine Balance zu finden, damit sie ihren Patienten einerseits die bestmögliche Medizin anbieten können und andererseits auch gut dafür bezahlt werden. Meines Erachtens schließt sich das nicht aus, sondern ist ein (zugegeben schwierig erlernbarer Faktor), aber ein wesentlicher Faktor des Praxiserfolges. Der erste Schritt dahin ist, die Position des Patienten zu stärken und ihm/ihr auf Augenhöhe zu begegnen. Ärzte und Ärztinnen, denen das gelingt, erhöhen das Empathie-Gefühl beim Patienten um ein Vielfaches. Doch wie gelingt das?

Die Rede ist von einem mündigen Patienten. Mündig ist ein Patient dann, wenn er seine Krankheit versteht und aus verschiedenen Therapiemöglichkeiten auswählen kann. Dafür muss er deren Vor- und Nachteile kennen und den Nutzen verstehen. Viele Mediziner versuchen die Leistung darzustellen, was in der Regel die Patienten nicht abholt.

Wenn es Ihnen gelingt, Ihre Patienten in eine solche Lage zu versetzen, sind Sie plötzlich mehr als nur der Arzt oder die Ärztin. Sie steigen zur absoluten Expertin oder zum Experten auf und werden als sehr empathisch wahrgenommen. Auch dann, wenn Sie sogar weniger Zeit mit ihren Patienten verbringen als sonst. Das geht z.B., indem Sie die Aufklärung über Krankheit und Therapie instrumentalisieren. Wir nennen das Tool Patienteninformation, ein Dokument, welches für jedes Hauptkrankheitsbild Ihrer Praxis einmal erstellt wird und anschließend immer wieder eingesetzt werden kann. Patienten schätzen das wert, weil sie sich so keine Informationen merken müssen, sondern alles zum Nachlesen mit nach Hause bekommen. Schlichtweg sollten alle Dinge, die Sie vom empathischen Kontakt abhalten oder -lenken, standardisiert sein, damit genug „Platz“ für Empathie ist. Der größte Effekt der Standardisierung/Instrumentalisierung ist, dass Sie die gewonnene Zeit dazu nutzen können, sich stärker auf Ihre Patienten zu fokussieren und beispielsweise mehr auf ihre Fragen einzugehen, ohne die geplante Behandlungszeit überziehen zu müssen. Unsere besten Praxen sparen rund 22 % der Zeit und erhöhen gleichzeitig die Patientenzufriedenheit um ca. 34 %. Rein wirtschaftlich erhöhen die Praxen ihren Privatanteil im Durchschnitt um bis zum 27 %. – Um die Frage aus dem zweiten Absatz zu beantworten: Auch wenn Sie die tatsächliche Zeit je Patient nicht erhöhen wollen, können Sie die gefühlte Zeit steigern und damit auch mehr Umsatz in die Praxis bringen.

Anleitung zu mehr Empathie und mehr Erfolg in der Praxis

  1. Was wollen Patienten wirklich? Prüfen Sie das Ambiente Ihrer Praxis, die Prozesse und auch das medizinische Angebot und nehmen Sie bei Bedarf Veränderungen vor.
  2. Bereiten Sie die Hauptkrankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten in Form von Patienteninformationen textlich und grafisch so auf, dass es für Patienten verständlich ist.
  3. Übergeben Sie die jeweilige (standardisierte) Patienteninformation an jeden Patienten, zu dem diese medizinisch passt und sparen Sie direkt Zeit und werden als kompetent wahr genommen.
  4. Passen Sie das Arzt-Patienten-Gespräch an die ausgehändigte Patienteninformation an und legen Sie den Fokus auf den Patienten und auf seine Fragen.
  5. Lassen Sie dem Patienten ausreichend Zeit, um sich für oder gegen eine Therapie zu entscheiden und bieten Sie ihm an, dass er sich bei Fragen an die Praxis wenden kann.

PS: Bleiben Sie patientenorientiert und lassen Sie sich dabei helfen, wo Ihre Praxis es braucht (Ihre Patienten tun das ja auch).