Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Nachhaltigkeit

„Wer mit wachen Augen durchs Leben geht, dem ist einfach klar, dass die Klimakrise bei uns angekommen ist. Sie betrifft nicht nur den Eisbären am Nordpol, sondern ganz konkret auch uns, mit beispielsweise Überschwemmungen und Hitzewellen und den daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen.“

Im Gespräch mit ARZT & WIRTSCHAFT schildert Dr. Maitra, wie er Klima- und Gesundheitsschutz in seiner täglichen Arbeit mit den Patienten praktiziert und diese Leistung abrechnet.

Dr. Robin Maitra

Foto: privat

Herr Dr. Maitra, wie setzen Sie Klima- und Gesundheitsschutz in Ihrer Praxis um?

Zunächst einmal ist mir eine umweltschonende Praxisorganisation wichtig. Neben anderen Maßnahmen achte ich in meiner Praxis auf energieeffiziente Elektrogeräte. Wo es geht, arbeiten wir mit Umweltschutzpapier und wir legen Wert auf ein sinnvolles Heiz- beziehungsweise Lüftungskonzept. Damit leiste ich nicht nur einen Beitrag für den Klimaschutz, sondern spare gleichzeitig auch bares Geld – ich tue mir also selbst einen direkten Gefallen. Und genau da setze ich auch bei meinen Patienten an. Schließlich bin ich als Hausarzt nicht nur für die Behandlung von Krankheiten zuständig, sondern auch für den Erhalt der Gesundheit. Ich möchte meinen Patienten vermitteln, dass sie mit einem klimabewussten Lebensstil auch etwas für ihre persönliche Gesundheit tun.

Bei welcher Gelegenheit sprechen Sie die Themen Klima und Gesundheit an?

Ein großer Teil meiner Patienten kommt regelmäßig zu den Check-up-Untersuchungen. Bei der abschließenden Beratung beziehe ich klimarelevante Faktoren mit ein. Wenn ich also beispielsweise einem Patienten mit KHK empfehle, seine alltäglichen Wege öfter mit dem Rad oder zu Fuß zurückzulegen statt mit dem Auto, dann ist das nicht nur besser für die CO2-Bilanz und das Klima, sondern ein wichtiger Beitrag für die individuelle Gesundheit meines Patienten. Mir ist wichtig, dass klimaschützendes Verhalten nicht als aufoktroyiert begriffen wird, sondern die Menschen darin einen persönlichen Nutzen erkennen.

Was umfasst ihre klimarelevante Beratung noch?

Chronisch kranke Patienten, die regelmäßig Medikamente nehmen müssen, oder auch alte Menschen reagieren ganz besonders sensibel auf Einflüsse des Klimas. Deshalb gehört eine entsprechende Risikoberatung standardmäßig in meiner Praxis dazu. Besonders vulnerable Patienten werden in der Software markiert und ihre Medikationspläne einem „Hitze-Check“ unterzogen. Nehmen wir noch einmal den KHK-Patienten als Beispiel. Dem empfehle ich, ab einer Außentemperatur von 30°C die Dosierung seines Diuretikums zu reduzieren. Meine Patienten schätzen diesen Service sehr! Ältere und multimorbide Patienten bestellen wir übrigens im Sommer nur in den kühlen Morgen- und Abendstunden ein, achten auf gute Lüftung und halten Wasser zum Trinken bereit.

Wie rechnen Sie Ihre Leistungen ab?

Bei gesetzlich versicherten Patienten in erster Linie über die Check-up-Ziffer 01732. Bei der Gesundheitsuntersuchung steht grundsätzlich mehr Zeit für den einzelnen Patienten zur Verfügung als in der Akutsprechstunde. Da die Erfassung und Bewertung der gesundheitlichen Risiken und Belastungen zum Leistungsumfang gehören, lässt sich an dieser Stelle auch die klimabezogene Gesundheitsberatung unterbringen. Oft gehen die Gespräche aber über das zeitliche Maß hinaus und dann setze ich zusätzlich das ärztliche Gespräch mit der 03230 an. Bei privat Versicherten rechne ich entweder die Nummer 3 oder 34 ab.

Wird das dem Aufwand gerecht?

Jein! Wir stehen mit dem Rücken zur Wand und müssen einfach etwas tun! Kurzfristig mag der Aufwand hoch erscheinen. Aber auf lange Sicht geht es den Patienten und unserer Umwelt dadurch besser. Gerade deshalb fordere ich – so wie viele andere Ärzte, die sich aktiv für den Klimaschutz einsetzen –, dass die klimabezogene Gesundheitsberatung fester Bestandteil der Gesundheitsuntersuchungen und somit entsprechend zeitlich eingeplant sowie honoriert wird. Aber Sie wissen selbst: Da ist ein dickes Brett zu bohren!