Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Es ist nicht ohne Ironie. Den ganzen Tag stellen sie Diagnosen und befinden über die Arbeitsfähigkeit ihrer Patienten. Doch wenn sich die eigenen Mitarbeiter krankmelden, können Ärzte nicht einmal verlangen, den Grund zu erfahren. Solange ein Attest die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, müssen sie den gelben Schein akzeptieren.  Im Schnitt ist jeder Arbeitnehmer 7,9 Tage krankgeschrieben, das ist Höchststand seit 20 Jahren. Für den Praxisinhaber bedeutet die Krankschreibung natürlich Ärger und Zusatzkosten. Schließlich muss der fehlende Mitarbeiter weiter bezahlt und seine Arbeitskraft ersetzt werden. Die Kosten, die Unternehmern jährlich durch Krankheitstage ihrer Mitarbeiter entstehen, werden auf 129 Milliarden Euro geschätzt.

Ein unerfreulicher Befund

Natürlich möchte niemand, dass sich ein kranker Mitarbeiter in die Praxis schleppt. Doch es gibt eben auch Fälle von Arbeitszeitbetrug. Da nimmt sich der Arbeitnehmer neben seinem Urlaub Auszeiten, die der Arbeitgeber mitbezahlen muss. Der Verdacht des Krankfeierns drängt sich auf, wenn sich die einzelnen Krankheitstage häufen und der besagte Mitarbeiter auch noch bevorzugt Montag oder Freitag oder an Brückentagen von akuten Beschwerden befallen wird.

Arbeitsrechtliche Sanktionen

Arbeitsrechtliche Sanktionen sind allerdings nur dann erlaubt, wenn ihnen ihr Fehlverhalten zweifelsfrei nachzuweisen ist. Die wohl einfachste Variante für ärztliche Arbeitgeber: Sie statten dem betreffenden Mitarbeiter einen Besuch ab, um nachzusehen, was er so treibt.  Aber Vorsicht: Der Mitarbeiter ist nicht verpflichtet, Sie hereinzulassen! Das ist in vielen Fällen aber auch gar nicht nötig. Erwischen Sie zum Beispiel einen Angestellten, wie er während seiner Krankmeldung den Garten umgräbt oder vom Joggen kommt, können Sie eine Abmahnung aussprechen oder – je nach Einzelfall – ihm sogar kündigen.

Ergibt der „Hausbesuch“ keine neuen Erkenntnisse – zum Beispiel, weil der Mitarbeiter seine Rechte wahrnimmt und die Haustür nicht öffnet –  kommt Variante zwei ins Spiel: der Einsatz eines Privatdetektivs.

Weil das Anheuern eines solchen Schnüfflers stark in die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters eingreift, erlauben ihn die Gerichte nur, wenn Sie als Chef einen „auf Tatsachen gestützten Verdacht haben“, dass der Mitarbeiter die Arbeitsunfähigkeit nur vortäuscht. Das kann etwa der Fall sein, wenn verschiedene Personen bezeugen, den vermeintlich Erkrankten beim Bergsteigen oder im Fitnessstudio getroffen zu haben. Zudem muss der Einsatz des Detektivs die einzig erfolgversprechende Möglichkeit sein, um den Verdacht zu erhärten oder das Fehlverhalten nachzuweisen.

Arbeitnehmer trägt die Kosten

Sind diese Voraussetzungen erfüllt und kann der Detektiv belegen, dass der Mitarbeiter krankfeiert, dürfen Sie den Delinquenten nicht nur hinauswerfen (oder ihm zumindest eine Abmahnung aussprechen). Solange Sie nicht gerade den teuersten Privatschnüffler der Stadt beauftragt haben, können Sie in diesem Fall auch noch die Kosten für den Detektiv auf den unehrlichen (Ex-) Angestellten abwälzen.

Erkrankt ein Mitarbeiter tatsächlich überdurchschnittlich oft, können Sie ihm ebenfalls kündigen. Voraussetzung dafür ist allerdings eine sogenannte “negative Zukunftsprognose”. Es darf also nur gekündigt werden, wenn sich an dem schlechten Gesundheitszustand des Mitarbeiters vermutlich auch in Zukunft nichts mehr ändern wird und das Festhalten am Arbeitsverhältnis für den Arbeitgeber aufgrund der weiteren Umstände (z.B. kleine Praxis mit wenig Mitarbeitern) auf Dauer unzumutbar geworden ist.