Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxiskauf

„Bevor angehende Praxisinhaber einen Mietvertrag unterschreiben, sollten sie prüfen, ob die Räume baurechtlich als Praxis genehmigt sind“, sagt die Geschäftsführerin der Palm KG aus Schorndorf, die bundesweit 13 Gewerbeimmobilien besitzt. Unter ihren 150 Mietern sind 30 Ärzte sowie 20 Apotheken.

Oft denken Vermieter, dass aus einer Bürofläche jederzeit eine Arztpraxis werden kann. Doch das ist ein Irrtum. Liegt die baurechtliche Genehmigung nicht vor, muss erst die Umnutzung genehmigt werden.

Das kann, je nach Behörde, bis zu zwei Jahre dauern. Hinzu kommt: Eine Architektin muss die Bauvorlage erstellen. „Das kostet Honorar und wird mitunter gescheut“, so Immobilienfachwirtin Seckler-Fleischer. Wer sich bereits intensiv mit einer Immobilie beschäftigt, sollte nach den Eigentumsverhältnissen fragen. Vor allem (Erben-)Eigentümergemeinschaften seien bisweilen wenig flexibel. „Wer hier einen defekten Wasserhahn tauschen will, wartet womöglich etwas länger“, so Seckler-Fleischer.

Ist überhaupt Grundriss-Flexibilität gegeben?

Wichtig ist, zu prüfen, ob der Grundriss Flexibilität aufweist und ob die Statik geprüft ist. Denn wenn Wände für eine neue Organisation der Praxisabläufe versetzt werden müssen, muss bekannt sein, welche Wände eine tragende Funktion haben, also nicht flexibel sind. Beim Blick auf den Grundriss wird zudem deutlich, ob etwa die Räumlichkeiten für den Empfangsbereich geeignet sind, um Privatsphäre und Datenschutz zu gewährleisten.

Frau Seckler-Fleischer

Monika Seckler-Fleischer; Bild: Seckler-Fleischer

Ein wichtiger Aspekt ist neben der Flexibilität die Erweiterbarkeit. Ältere Praxen haben oft eine Nutzfläche von unter 200 m² – für einen Arzt alleine ausreichend. Für eine moderne Gemeinschaftspraxis sind jedoch idealerweise 350 m² Fläche und mehr notwendig, wenn bis zu fünf Ärztinnen zusammenarbeiten wollen.

In diesem Kontext sollten angehende Praxisinhaber prüfen, ob separate Eingänge für Privatpatienten möglich und ob Vorwartezonen einrichtbar sind. Was gerne vergessen wird, sind profane Abfallsammler. An deren Platz in den Behandlungszimmern und im Lagerraum ist zu denken. Gleiches gilt für Raum für Hygienebedarf, z.B. sperrige Papierauflagen für die Liegen.

Überdies sollte der Grundriss so gestaltet sein, dass Seminarräume für Netzwerkabende oder Patienteninformationen geschaffen werden oder bei Bedarf in der Nachbarschaft angemietet werden können.

Ferner ist die Frage nach dem Internetanschluss zu klären. „Muss etwa ein Glasfaseranschluss erstmalig im Gebäude beantragt und verlegt werden, so ist das die Aufgabe des Vermieters“, sagt Seckler-Fleischer. Das bedeute für diesen eine hohe Anfangsinvestition.

Mietpreiskorridor vereinbaren

Zum Thema Investition gehört auch die Praxisausstattung. Je nach Vorstellung können edle Türen, strapazierfähige Böden, versetzte Wände und manches zusätzliche Waschbecken ins Geld gehen. Seckler-Fleischer rät, einen Mietpreiskorridor von zwei Euro pro Quadratmeter zu vereinbaren. Um diesen kann der möglichst an die ortsübliche Miete angepasste eigene Mietzins variieren. „So kann noch während des Umbaus umgeplant werden“, weiß die Geschäftsführerin.

Übersehen wird bei der Praxiswahl öfters das Thema Parkplätze. Laut Landesbauordnungen müssen vor Arztpraxen genügend Stellplätze vorhanden sein. Deren Zahl ist an die Praxisgröße gekoppelt. Je mehr Fläche diese hat, desto mehr Parkplätze müssen vorhanden sein. „Falls es diese nicht gibt, sind Ausgleichszahlungen von bis zu 20.000 Euro pro Platz an die Kommune fällig. Damit diese an anderer Stelle Parkraum schafft“, verdeutlicht die Immobilienexpertin. Außerhalb der eigenen Räume spielen weitere öffentliche Aspekte eine Rolle. Plant etwa die Gemeinde, ÖPNV-Haltestellen oder Fahrradspuren zu verlegen, kann das die Patientenfrequenz verringern.

Das Umfeld der Praxis ausreichend berücksichtigen

Zum Zukunftspotenzial einer Praxis gehört das Umfeld. „Gute Standorte für Praxen sind belebte Ortsmitten“, weiß Seckler-Fleischer. Wer sich per Mietvertrag lange an einen Standort bindet, sollte im Blick haben, wie die Struktur des täglichen Bedarfs rund um die Praxis gestaltet ist. Sind Bäcker und Metzger nebenan oder wird in Bälde am Ortseingang ein Supermarkt eröffnet, kann Letzteres die Patientenfrequenz schwächen.

Eine Apotheke im gleichen Haus oder in unmittelbarer Nähe hält die Immobilienfachfrau zudem für relevant. Stimmt mit der Apothekerin die Behandlungs- und Beratungskultur, profitieren beide Seiten – zumal pfiffige Apotheker häufig verschriebene Medikamente bevorraten können, was auf das Zufriedenheitskonto der Patientinnen einzahlt.

Autorin: Stephanie Sudahl