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Arbeitsrecht

Viele Arbeitnehmer sind überzeugt, dass immer eine Abfindung fällig wird, sobald man vom Arbeitgeber gekündigt wird. Doch das ist ein weitverbreiteter Irrglaube. Denn im deutschen Arbeitsrecht gibt es gar keinen grundsätzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Manchmal kann die Zahlung aber die Trennung erleichtern und eine Kündigungsschutzklage verhindern. Wer Fehler vermeiden möchte, sollte deshalb die folgenden Fakten zum Thema Abfindung kennen.

Wer hat Anspruch auf eine Abfindung?

Einen rechtlichen Anspruch auf Abfindung haben Arbeitnehmer nur in wenigen Fällen. Unter anderem dann, wenn

  • im Arbeitsvertrag oder im anwendbaren Tarifvertrag die Zahlung einer Abfindung ausdrücklich vereinbart wurde,
  • Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage einreichen, nachdem Arbeitgeber ihnen bei einer betriebsbedingten Kündigung gemäß § 1a Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung angeboten haben,
  • das Gericht im Kündigungsschutzprozess feststellt, dass die Kündigung zwar unwirksam war, es den Parteien jedoch nach den Umständen, die nach Ausspruch der Kündigung eingetreten sind, nicht zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis weiter fortzusetzen.

Die meisten Abfindungen werden also nicht deshalb bezahlt, weil der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat.

Was muss man tun, um eine Abfindung zu bekommen?

Ist eine Kündigung wirksam, etwa weil der Arbeitsplatz durch Umstrukturierung wegfällt, besteht für den Arbeitgeber eigentlich kein Grund, noch eine Abfindung zu bezahlen. Die Chancen auf ein entsprechendes Angebot steigen aber, wenn sich der Arbeitgeber nicht ganz sicher ist, ob die Kündigung wirklich durchgeht. Mit der Zahlung einer Abfindung „erkaufen“ sich viele Arbeitgeber also eine friedliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses und vermeiden damit einen Prozess.

Habe ich Anspruch auf Abfindung, wenn ich selber kündige?

Wer selbst kündigt, hat kaum Aussicht auf eine Abfindung – warum auch. Einzige Ausnahme: Der Arbeitnehmer spricht berechtigt eine fristlose Kündigung aus, weil der Chef sich schwerwiegend pflichtwidrig verhält. Dann kann ihm eine Abfindung zustehen (§ 628 BGB).

Allerdings versuchen viele Mitarbeiter vor einer Eigenkündigung mit dem Arbeitgeber über eine Abfindung zu verhandeln. Denn oft liegt etwas im Argen und auch der Chef möchte sich trennen. Er sieht dann in einem Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung eine gute Möglichkeit, geräuschlos auseinanderzugehen. Doch er muss nicht so agieren. Wenn eine Mitarbeiterin beispielsweise kündigen will, weil sie ein anderes Jobangebot hat, besteht für eine Abfindungszahlung kein Grund.

Was ist bei einem Aufhebungsvertrag zu beachten?

Hat der Praxisinhaber keinen handfesten Grund für eine Kündigung, gleichwohl aber Probleme im Team oder im zwischenmenschlichen Bereich, kann er mit der betreffenden Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter ein Trennungsgespräch führen und einen Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung anbieten. Die Höhe ist dabei frei verhandelbar.

Welche Abfindung ist realistisch?

Man geht nach § 1a KSchG von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr aus. Diese Summe wird häufig als Ausgangspunkt für Verhandlungen herangezogen. Bei einem Mitarbeiter, der zum Beispiel seit fünf Jahren in der Praxis beschäftigt ist und 2.500 Euro brutto im Monat verdient, ergibt sich daraus eine Abfindung von rund 6.250 Euro.

Welche Faktoren die Höhe der Abfindung beeinflussen

Zwar orientieren sich Arbeitgeber häufig an der in § 1a Absatz 2 KSchG beschriebenen Abfindungshöhe, die Zahlung kann allerdings je nach den vorliegenden Umständen und dem Verhandlungsgeschick des Beschäftigten weitaus höher oder auch weitaus niedriger ausfallen. Besonders wichtig sind die Fragen, wie

  • lange war der betroffene Mitarbeiter in der Einrichtung tätig?
  • lange wird es ungefähr dauern, bis er eine neue Stelle findet (Qualifikation, Alter, Arbeitsmarkt)?
  • stark ist sein Kündigungsschutz?
  • sehr ist dem Arbeitgeber daran gelegen, das Arbeitsverhältnis zu beenden?
  • hoch ist das Risiko eines eventuellen Kündigungsschutzprozesses?

Bei Unsicherheiten bezüglich einer angemessenen Höhe der Abfindung empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt zu konsultieren.

Müssen Abfindungen versteuert werden?

Ja! Sozialabgaben wie Pflege-, Arbeitslosen-, Renten- oder Krankenversicherung müssen auf eine Abfindung nicht gezahlt werden. Aber das zusätzliche Einkommen wird am Jahresende dennoch versteuert. Dafür sieht das Einkommensteuergesetz (EStG) eine Ausnahmeregelung vor. Gemäß § 34 EStG werden Abfindungen als „außerordentliche Einkünfte“ und nicht als Arbeitsentgelt angesehen. Dadurch profitieren Beschäftigte von einer Steuerermäßigung („Fünftelregelung“). Bei der Berechnung der Steuer wird die Abfindungssumme in dem Fall gleichmäßig auf fünf Jahre verteilt.