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Recht

Es ist schon fast eine Binse, dass sich Schmerz nicht in Geld beziffern lässt. Wenn Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsfehler Schmerzensgeld verlangen, basiert ihre Forderung meist auf sehr subjektiven Erwägungen.

Für das Gericht ist die Ermittlung eines angemessenen Wertes allerdings komplex. Schließlich soll Schmerzensgeld dem Patienten nicht nur als Genugtuung für die erlittenen Schmerzen dienen, sondern hat auch einen gewissen finanziellen Ausgleich schaffen.

Listen können nur unterstützen

Einen Anhaltspunkt darüber, welche Beträge angemessen sind, bieten zunächst diverse Tabellen, wie etwa die Celler Schmerzensgeld-Tabelle. Für die endgültige Bemessung der Summe muss das Gericht aber jeden Fall individuell beurteilen.

Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur Intensität und Dauer des Schmerzes oder der körperlichen Beeinträchtigung. Auch die Frage, inwieweit dem Arzt als dem Verursacher ein Verschulden vorzuwerfen ist, spielt eine elementare Rolle. Zudem fließen die Dauer der (voraussichtlichen) Arbeitsunfähigkeit oder einer stationären Behandlung in die Betrachtung ein.

Jeder Fall ist anders

Wie groß der Beurteilungsspielraum der Gerichte bei der Bemessung von Schmerzensgeld ist, belegt eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Bonn. Ihr lag der Fall eines Patienten zugrunde, der nach einem ärztlichen Fehler erblindet war und deshalb auf 100.000 Euro Schmerzensgeld geklagt hatte (LG Bonn 9 O 109/20).

Das Gericht befand, dass angesichts der Schwere des ärztlichen Fehlers und der gravierenden Folgen ein doppelt so hohes Schmerzensgeld angezeigt sei – und sprachen dem 33-jährigen Kläger 200.000 Euro zu.

Warnzeichen nicht beachtet

Der Mann hat seit seiner Geburt eine Zyste im Kopf. Um den Abfluss überschüssigen Hirnwassers zu ermöglichen, war ihm deshalb ein Shunt-System implantiert worden. Als der Patient sich mit dieser Vorgeschichte in zwei Krankenhäusern vorstellte und über Kopfschmerzen und Schwindel klagte, reagierten die Ärzte allerdings nicht bzw. nicht rechtzeitig auf die Möglichkeit einer Unterdrainage.

Am Ende war der Sehnerv durch das nicht mehr funktionierende Shunt-System so stark geschädigt, dass der Kläger erblindete. Das Gericht, das durch einen Sachverständigen beraten war, befand, dass diese schwere Folge sich hätte vermeiden lassen, wenn die Ärzte die Facharztstandards eingehalten hätten. Daher sei die deutliche Erhöhung des geforderten Schmerzensgeldes angezeigt.