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Recht

Der Streit um den ärztlichen Bereitschaftsdienst hat viele Facetten. Eine davon ist die Auffassung einiger Finanzämter, dass Ärzte, die den Notdienst als Vertreter für andere, verhinderte Kollegen übernehmen, mit diesen Einkünften der Umsatzsteuer unterliegen. Nun hat das Bundesfinanzhof (BFH) die Weichen anders gestellt und eine für Notdienst-Vertreter positive Entscheidung getroffen. 

Umsatzsteuer auf Stundensätze?

Der Streit entzündete sich im vorliegenden Fall an der Arbeit eines Arztes, der keine Praxis besaß, aber von 2012 bis 2016 als Vertreter für andere, zum Bereitschaftsdienst eingeteilte Ärzte notfallärztliche „Sitz- und Fahrdienste“ übernahm. Gegenüber den Ärzten, die er vertrat, rechnete er stundenweise mit variierenden Stundensätzen ab – ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis. Darüber hinaus liquidierte er die im Rahmen des Notdienstes tatsächlich erbrachten ärztlichen Leistungen bei gesetzlich Versicherten über die Kassenärztliche Vereinigung, bei Privatpatienten direkt mit diesen. Weil der Arzt davon ausging, dass diese Leistungen nicht der Umsatzsteuer unterliegen, gab er in den entsprechenden Jahren auch keine Umsatzsteuererklärung ab. Das rief das Finanzamt auf den Plan. Es verlangte Umsatzsteuer. 

Die Übernahme der Notdienste sei getrennt von der im Notdienst ausgeübten Heilbehandlung zu beurteilen, so der Fiskus. Die ambulanten Heilbehandlungen selbst seien steuerfrei. Gegenüber dem zum Notdienst eingeteilten Arzt stelle die Übernahme der Dienste aber eine sonstige Leistung dar, die kein therapeutisches Ziel habe und der Umsatzsteuer unterliege. Der Arzt klagte. Vor dem BFH bekam er nun recht.

Doch kann man die Übernahme-Zusage des Notdienstes für einen anderen Arzt tatsächlich getrennt vom eigentlichen Einsatz betrachten? Das Gericht befasste sich zunächst mit dem Begriff der Heilbehandlung und legte ihn weit aus. Es betont dann, dass entsprechende Leistungen auch dann umsatzsteuerfrei sein können, wenn sie nicht gegenüber Patienten oder Krankenkassen erbracht werden – sondern gegenüber einem anderen Arzt. Der Notdienst-Vertreter konnte die zum Notdienst eingeteilten Ärzte nur deshalb vertreten, weil er selbst den ärztlichen Notdienst übernahm und die Patienten versorgte. Die Vertretungsleistung umfasst eben nicht nur die Vertretung an sich, sondern auch die konkrete Ausführung in einem bestimmten Gebiet während eines bestimmten Zeitraums. 

Die Bereitschaft, jederzeit und unmittelbar Leistungen in Notfällen zu erbringen, diene einem therapeutischen Zweck, stellte das Gericht klar. Denn der Vertreter halte sich während des Dienstes bereit, um Notfallpatienten zu behandeln und gegebenenfalls die Weiterbehandlung sicherzustellen. In welchem Umfang der Arzt dann tatsächlich in Anspruch genommen werde, sei zweitrangig.

Auf die Tätigkeit kommt es an

Der BFH hat damit seine Rechtsprechung zu Bereitschaftsdiensten bei Großveranstaltungen auf den „Sitz- und Fahrdienst“ übertragen. Zudem hat er den Fokus auf die Tätigkeit selbst gelegt. Es ist demnach also egal, wer diesen Dienst ausübt – der eingeteilte Arzt selbst oder ein Vertreter. Die Leistung unterliegt nicht der Umsatzsteuer. Damit sollte nun der gleichmäßigen Handhabung ärztlicher Notdienste in ganz Deutschland nichts mehr im Weg stehen.

Blutentnahme für Polizei unterliegt der Umsatzsteuer

Achtung: Wer als Arzt für die Polizei arbeitet und in deren Auftrag Blutentnahmen durchführt, unterliegt mit diesen Leistungen der Umsatzsteuer. Diese Leistungen dienen ihrem Hauptzweck nach nicht therapeutischen Zwecken, sondern der Beweiserhebung im Zusammenhang mit einem strafrechtlich oder öffentlich-rechtlich geführten Verfahren.

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