Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Der Fachkräftemangel wird zu einem immer größeren Problem für Praxen, Stammbelegschaft und Patienten. Viele niedergelassene Ärzte und Ärztinnen suchen händeringend nach Personal und sind daher bereit, auch ungewöhnliche Wege zu beschreiten. Viele stellen sogar Quereinsteiger ein, obwohl die Einarbeitungszeit bei ihnen oft länger dauert, als bei gelernten MFA und die Kosten für deren Aus- beziehungsweise Fortbildung von den Praxen zu tragen ist.

Rückzahlungsklausel im Arbeitsvertrag vorsehen

Wer mit einem solchen Schritt liebäugelt, sollte bei der Vertragsgestaltung mit den Neuzugängen allerdings nichts dem Zufall überlassen. Denn gerade in der momentanen Lage kommt es immer wieder vor, dass Arbeitnehmer kurz nach Abschluss einer teuren Weiterbildung in eine andere Praxis wechseln, etwa weil dort ein höheres Gehalt lockt.

Praxisinhaber können ihr finanzielles Risiko mindern, wenn sie Arbeitsverträge mit einer Rückzahlungsklausel für solche Fälle ausstatten. Die Rechtsprechung legt aber an Vereinbarungen, die eine Rückzahlungspflicht für Arbeitnehmer vorsehen, strenge Maßstäbe an.

Geldwerter Vorteil durch Fortbildung

Wichtig ist es zunächst, dass der Arbeitnehmer durch die Fortbildung einen geldwerten Vorteil erlangt hat. Das ist etwa der Fall, wenn der Betreffende nach der Umschulung zur MFA mehr Geld verdienen kann als in seinem früheren Job. Dagegen sind Rückzahlungen ausgeschlossen, wenn die Fortbildung nur dem Arbeitgeber dient, etwa weil ein Mitarbeiter eine Schulung im Umgang mit einer exotischen Praxissoftware erhält.

Zwingend ist zudem, dass der Arbeitnehmer genau weiß, was auf ihn zukommt, sollte er kurz nach einer Fortbildung die Praxis verlassen (BAG, Az. 3 AZR 698/10). Der Arzt muss spezifizieren, welche Posten er im Fall der Fälle zurückfordern würde – Seminargebühren, Fahrt- und Übernachtungskosten et cetera. Fehlen diese Angaben, bleibt er auf allen Kosten sitzen.

Rückzahlungsforderungen hängen vom Zeitpunkt und Dauer der Fortbildung ab

Wichtig ist auch, dass sich die Rückzahlungsforderungen verringern müssen, je länger der Abschluss der Fortbildung zurückliegt. Auch müssen Vorteile der Fortbildung für den Arbeitnehmer und die Dauer der Bindung ans Unternehmen in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen. Das Bundesarbeitsgericht hat hierfür handhabbare Faustregeln formuliert (siehe Tabelle).

Außerdem muss der Vertrag klarmachen, dass der Arbeitgeber nur dann Geld zurückfordern kann, wenn der Arbeitnehmer aus freien Stücken kündigt (BAG, Az. 3 AZR 103/12) oder seinen Rauswurf durch ein unentschuldbares Fehlverhalten provoziert.

Angesichts dieser strikten Vorgaben bedeutet die Formulierung rechtssicherer Rückzahlungsklauseln einen gewissen Aufwand, der meist die Hilfe eines Anwalts erfordert. Dafür können Praxischefs dann sicher sein, dass sie nur solche Fortbildungen (voll) bezahlen müssen, von denen sie langfristig auch profitieren.

Fortbildungsdauer und Praxisbindung
Wie lange dürfen Praxischefs Arbeitnehmer an sich binden, wenn sie dessen Fortbildung gezahlt haben? Hier die Faustregeln der Rechtsprechung (vgl. BAG, Az. 3 AZR 900/07).
Dauer der Fortbildung Bindung an die Praxis
bis zu einem Monat bis zu sechs Monate
bis zu zwei Monate bis zu zwölf Monate
bis zu vier Monate bis zu 24 Monate
sechs bis zwölf Monate bis zu 36 Monate
mehr als 24 Monate bis zu 60 Monate