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Sozialrecht

Ein Apotheker, der seit 1989 selbstständig war, gab für die Jahre 2007 bis 2012 beim Finanzamt deutlich zu niedrige Einkünfte an. Dadurch entgingen dem Finanzamt Steuereinnahmen in Höhe von fast 92.000 Euro. Der Mann wurde bei der Steuerhinterziehung erwischt und zu einer Geldstrafe von insgesamt 120.000 Euro verurteilt. Der Apotheker beteuerte, den Betrug nicht absichtlich, sondern durch reine Nachlässigkeit bzw. Missverständnisse verursacht zu haben.

Entzug der Berufserlaubnis nach strafrevelantem Verhalten

Die zuständige Approbationsbehörde glaubte ihm offenbar nicht und widerrief nach dem Urteil seine Approbation. Zur Begründung hieß es, dass laut Bundes-Apothekerordnung (BapO) die Approbation zu widerrufen sei, wenn sich der Apotheker als unwürdig oder unzuverlässig zur Ausübung des Apothekenberufs zeige. Der Mann habe durch die Steuerstraftaten sein persönliches Ansehen und das in ihn als Apotheker gesetzte Vertrauen zerstört und auch das Vertrauen, das seinem Berufsstand entgegengebracht werde, schwer gestört. Diese Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit begründe den Entzug der Berufserlaubnis. Gegen diese Entscheidung klagte der Apotheker.

Steuerhinterziehung ist kein unwürdiges berufliches Verhalten

Das Verwaltungsgericht Augsburg hob auf Antrag des betroffenen Apothekers den Widerruf der Approbation auf (Az.: Au 2 K 15.1028). Eine Steuerhinterziehung könne nicht grundsätzlich als Indiz für eine Unzuverlässigkeit im Beruf gesehen werden, nicht jede Verfehlung könne das berufliche Ansehen und Vertrauen verspielen. Durch eine Steuerhinterziehung sei die Gesundheit und das Wohlergehen der Apotheken-Kunden nicht gefährdet, so das Gericht.

Für den Widerruf müsse aber ein so schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegen, dass es seine weitere Ausübung des Berufs als untragbar lasse. Dies sei hier nicht der Fall. Selbst nach den Maßstäben des Steuerstrafrechts habe der Mann keine gravierende Steuerstraftat begangen, was eine Voraussetzung für den Entzug wäre. Dem Apotheker werde nur grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen.

Gericht sah Voraussetzungen für Entzug nicht als gegeben an

Das Verwaltungsgericht verwies auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wonach der Widerruf der Approbation nur die letzte und äußerste Maßnahme sein dürfe. Auch sei nicht erkennbar, weshalb es in diesem Fall unerheblich sein sollte, ob es sich um eine berufsbezogene oder eine nicht berufsbezogene Verfehlung gehandelt habe. Der Apotheker habe im Kernbereich seines beruflichen Wirkens keine Verfehlung begangen, daher könne das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinen Kunden auch nicht gestört sein. Auch sei das Steuerproblem nicht zulasten des öffentlichen Gesundheitssystems gegangen.

Zugunsten des Apothekers wertete das Verwaltungsgericht außerdem, dass er umfassend zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen und die Steuerschulden beglichen habe.

Ärzte und Apotheker, die ein Problem mit dem Finanzamt haben und sich sogar der Steuerhinterziehung schuldig gemacht haben, müssen also nicht sofort um ihre Approbation fürchten. Das gilt zumindest für Fälle, in denen keine gravierende Steuerstraftat besteht. Ist eine Grenze von etwa 100.000 Euro pro Tat überschritten, wird von Steuerhinterziehung in großem Ausmaß gesprochen. Und gravierende Steuerstraftaten können unter Umständen durchaus zur “Unwürdigkeit” führen, die einen Widerruf der Approbation zur Folge hat. Das gilt nicht nur für Apotheker, sondern auch für Ärzte.