Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuerrecht

Im vorliegenden Streitfall erzielte der Kläger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Auch die meisten niedergelassenen Ärzte erzielen nach § 18 EStG Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Der Selbstständige gewährte seinen beiden volljährigen auswärtig studierenden Söhnen, Unterhalt in Höhe von jeweils 8.004 Euro. Diese Aufwendungen machte der Freiberufler in seiner Einkommensteuererklärung des Streitjahres als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG geltend.

Die Opfergrenze bei Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen

Er berief sich dabei auf die sogenannte Opfergrenze. Nach diesem Grundgedanken ermäßigt sich die Einkommensteuer des Zahlenden dadurch, dass Aufwendungen (Miete, Studiengebühren usw.), die z.B. der Arzt für den Unterhalt einer ihm (oder seinem Ehegatten) gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigter Person erwachsen, bis zu einer gewissen Höchstgrenze vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. In dem verhandelten Fall waren das die Söhne. Voraussetzung dafür ist, dass dem Leistenden nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch angemessene finanzielle Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verbleiben  – eben die sogenannte Opfergrenze.

Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht an

Das entsprechende Finanzamt berücksichtigte den durch den Kläger gezahlten Unterhalt im Hinblick auf diese Opfergrenze nicht. Der Kläger habe zwar im entsprechenden Streitjahr ein sehr gutes Jahreseinkommen in Höhe von etwa 480.000 Euro erzielt. Dem stünden jedoch horrende Einkommensteuernachzahlungen für die Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von ca. 564.000 Euro gegenüber.
Für den Kläger erfreulich: Nach seiner Klage hatte das zuständige Finanzgericht die Unterhaltsleistungen doch zum Abzug nach § 33a EStG zugelassen.

Erfolg vor dem BFH für den Kläger

Dagegen wehrte sich das Finanzamt, allerdings erfolglos. Mit Urteil vom 28.04.2016 (Az. VI R 21/15) kam der Bundesfinanzhof zum für den Steuerpflichtigen positiven, gleichen Ergebnis wie das Finanzgericht. Zwar sind auch nach der BFH-Rechtsprechung Steuerzahlungen bei der entsprechenden Berechnung des maßgeblichen Nettoeinkommens grundsätzlich in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem sie gezahlt wurden (das sogenannte Zufluss – Abfluss – Prinzip des § 11 EStG). Steuerzahlungen für mehrere Jahre dürfen jedoch nicht zu erheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Jahr der Unterhaltsleistung führen, was der BFH in seinem neuen Urteil hervorhob.

Nach Ansicht des BFH sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom „Durchschnittseinkommen“ des Streitjahres abzuziehen. Somit war das für den maßgeblichen Dreijahreszeitraum der Jahre 2010 bis 2012 ermittelte Durchschnittseinkommen des Klägers in Höhe von ca. 480.000 Euro nur um eine durchschnittliche Steuerzahlung in Höhe von ca. 188.000 Euro zu verringern. Dem Kläger des Streitfalles waren danach auch unter Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen an die beiden studierenden Söhne angemessene Mittel zur Besicherung des eigenen notwendigen Lebensbedarfs verblieben.

Das Urteil ist gerade für Ärzte wichtig, denn es kommt nicht selten vor, dass in der Generationennachfolge die Praxis des Arztes an die Kinder weitergeben werden soll. Das entsprechende Medizinstudium der Kinder ist ein kostspieliges Unterfangen und kann mit diesem Urteil nun mit mehr Rechtssicherheit von der Steuer des Praxisinhabers abgezogen werden.