Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuerrecht
Inhaltsverzeichnis

Einkommensteuer: Mehr als nur ein Steuertarif

Das deutsche Steuerrecht ist ein komplexes Rechtsgebilde bestehend aus zahlreichen Steuerarten. Dabei stellt die Einkommensteuer zusammen mit den dazugehörigen Quellensteuern wie Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer und der Vorauszahlung auf die Einkommensteuer, die nach dem Steueraufkommen wichtigste Steuerart dar.

Die Einkommensteuer ist auch die Steuerart, die dem Steuerbürger am häufigsten begegnet und in der steuerpolitischen Diskussion ganz vorne auf der Agenda steht. Dabei wird das Augenmerk hauptsächlich auf den Steuertarif, d. h. auf die Höhe der Einkommensteuer bzw. auf die steuerliche Progression gelenkt und dem Aufbau und der Funktionsweise der Einkommensteuer nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei stellt der Steuertarif nur die buchstäbliche Spitze des Eisberges des Einkommensteuerrechts dar.

Aufbau der Einkommensteuer

Im Einkommensteuerrecht wird nicht jeder Vermögenszuwachs automatisch besteuert. Steuerpflichtig sind nur solche Zuflüsse, die einer der gesetzlich abschließend bestimmten Einkunftsarten zugeordnet werden können. Fehlt diese gesetzliche Grundlage, bleibt der Vermögenszuwachs einkommensteuerlich außer Betracht.

Sieben Einkunftsarten – nicht jeder Zufluss ist steuerpflichtig

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen der Einkommensteuer „nur“ Einkünfte aus

  • Land- und Forstwirtschaft,

  • Gewerbebetrieb,

  • selbstständiger Arbeit,

  • nicht selbstständiger Arbeit,

  • Kapitalvermögen,

  • Vermietung und Verpachtung

  • und aus sonstigen Einkünften, wie diese im § 22 EStG geregelt sind.

Fallen bestimmte Einkünfte nicht unter eine der abschließend geregelten Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes, sind sie in Deutschland nicht einkommensteuerpflichtig. Das bedeutet jedoch nicht, dass solche Vermögenszuflüsse steuerfrei bleiben. Andere Steuerarten – etwa die Erbschaft- oder Schenkungsteuer – greifen hier ein und schließen die steuerrechtliche Lücke. Auf diese Steuerarten gehen wir in den folgenden Beiträgen näher ein.

Was wie eine steuerdogmatische Spielerei erscheint, hat durchaus praktische Auswirkungen. So sind z. B. Lottogewinne oder Schadenersatzleistungen in Deutschland nicht einkommensteuerbar, da sie nicht unter eine Einkommensteuerart des § 2 Abs. 1 EStG fallen. In anderen Staaten, die vielfach jegliche Zuflüsse im Vermögen der Steuerpflichtigen besteuern, werden zumindest Lottogewinne im Vergleich zu regulären Einkünften vielfach einer sogar noch höheren Besteuerung unterworfen.

Ermitteln der steuerlichen Bemessungsgrundlage

Ob eine Einnahme überhaupt einkommensteuerbar ist, ist nur der erste Schritt. Ebenso entscheidend ist, auf welchen Betrag die Steuer tatsächlich erhoben wird. Eine Besteuerung der Bruttoeinnahmen wäre verfehlt – denn Ausgaben, die unmittelbar mit der Einnahmeerzielung verbunden sind, mindern die steuerliche Bemessungsgrundlage. Das Einkommensteuergesetz fasst diese Ausgaben unter den Begriffen Betriebsausgaben und Werbungskosten.

Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten

Sind diese Betriebsausgaben oder Werbungskosten durch bestimmte Einnahmeerzielung veranlasst, können sie von den erzielten Einnahmen steuermindernd abgezogen werden.

Eine Begrenzung des Abzugs der Betriebsausgaben oder Werbungskosten dem Grunde oder der Höhe nach ist nur in bestimmten explizit gesetzlich geregelten Fällen zulässig. Ein prominentes Beispiel sind etwa bestimmte Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die mit der Lebenshaltung oder privaten Ausgaben eines Steuerpflichtigen zusammenhängen. Ein anderes Beispiel sind bestimmte Ausgaben, die zwar beruflich oder betrieblich veranlasst sind, jedoch typischerweise auch der privaten Lebensgestaltung einer Steuerpflichtigen dienen. Darunter sind z. B. Ausgaben für Yachten, Flugzeuge, Luxusautos etc. zu verstehen. Solche Ausgaben will das Gesetz regelmäßig nicht zum steuerrelevanten Abzug zulassen.

Abzug von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsposten

Neben den beruflich oder betrieblich veranlassten Ausgaben lässt das Gesetz bestimmte explizit geregelte private Ausgaben, wie Aufwendungen für Altersvorsorge, Krankheitskosten, Unterhaltsleistungen, Kinderbetreuungskosten etc. der Höhe nach begrenzt als sog. Sonderausgaben zum steuerrelevanten Abzug zu. Bestimmte außergewöhnliche Aufwendungen von Steuerpflichtigen können daneben zusätzlich als sog. außergewöhnliche Belastungen von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen werden. Es existieren auch weitere Abzugsposten, wie z. B. Handwerkerleistungen, die steuersystematisch nach den außergewöhnlichen Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden.

Sind alle gesetzlich zulässigen Abzugsposten berücksichtigt, kommt man schließlich zum zu versteuernden Einkommen, dass der Einkommensteuer unterliegt. Dieses zu versteuernde Einkommen wird einem bestimmten progressiven Einkommensteuertarif unterworfen. So ergibt sich am Ende das zu versteuernde Einkommen, das dem progressiven Steuertarif unterliegt – bis zu 45 %.

Quellensteuern: Vorauszahlung auf die Jahressteuer

Ein funktionierender moderner Staat ist auf ständige Einnahmequellen aus Steuern angewiesen. Es wäre, zumindest in Deutschland, wirtschaftlich und steuerpolitisch nicht tragbar, wenn die Einkommensteuer von Steuerpflichtigen nur mit Ablauf eines Jahres als eine jährliche Einmalzahlung zu leisten wäre. Stattdessen sieht das Einkommensteuerrecht Vorauszahlungen in Form von Quellensteuern vor. Dazu gehören:

  • die Lohnsteuer – Abzug direkt vom Gehalt

  • die Kapitalertragsteuer – Abzug durch Schuldner von Kapitalerträgen

  • und Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer quartalsweise durch den Steuerpflichtigen.

Die Lohnsteuer ist vom monatlichen Arbeitseinkommen der Arbeitnehmer abzuführen, die Kapitalertragsteuer führen Schuldner der Kapitalerträge an die deutsche Finanzverwaltung ab. Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer sind von Erzielern der Einkommen selbst an Finanzverwaltung quartalsweise abzuführen.

Wichtig: Diese Vorauszahlungen stehen unter Vorbehalt der Nachprüfung. Das bedeutet, sie können jederzeit angepasst werden – ohne Einspruch, lediglich durch Antrag beim Finanzamt, solange keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

Praxisrelevanz für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte

Für Praxisinhaber bedeutet das:

  • Sie müssen nur bestimmte Einkünfte versteuern, andere nicht.

  • Abzugsmöglichkeiten senken die Steuerlast – private Ausgaben sind jedoch nur in engen Grenzen absetzbar.

  • Vorauszahlungen sind flexibel und sollten regelmäßig überprüft werden, um Liquiditätsengpässe oder Nachzahlungen zu vermeiden.

Fazit: Wer die Grundmechanismen von Einkommensteuer und Quellensteuer versteht, kann seine Steuerlast besser planen – und vermeidet unnötige Konflikte mit dem Finanzamt.

Stichwörter