Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Ob Arbeitsvertrag, Dienstanweisung oder Mitarbeiterinformationen: Die Zeiten, in denen die Vertragsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und (ärztlichen) Mitarbeitern zwingend auf Papier zu regeln waren, sind vorbei.

Bei besonders wichtigen Rechtsgeschäften – etwa einer Kündigung – ist die Schriftform zwar immer noch vorgeschrieben. In den meisten Fällen genügt es allerdings, wenn Chef und Personal per Mail kommunizieren.

Arbeitsrechtliche Probleme bei Kommunikation per E-Mail

Auch wenn diese Form der Kommunikation die Dinge in den meisten Fällen beschleunigt und vereinfacht: Sie wirft mitunter auch Probleme auf. Denn während der Zugang klassischer Schriftstücke sich – mit etwas Aufwand – meist gut beweisen lässt, stellt sich die Frage, wann eine E-Mail den Empfänger erreicht hat. Und wann dieser den Inhalt zur Kenntnis nehmen konnte.

Dies ist keinesfalls eine akademische Frage. Das beweist ein aktueller Fall, den das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln zu entscheiden hatte (LAG Köln, Az. 4 Sa 315/21).

Im konkreten Fall stritten sich ein Pilot und eine Fluggesellschaft um Rückzahlung eines Darlehens, dass letztere ihm zur Finanzierung seiner Ausbildung gewährt hat. Darin fand sich unter anderem die folgende Klausel: „Wird dem Darlehensnehmer aus betrieblichen Gründen, insbesondere mangels Bedarfs an Flugzeugführern, nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Schulung die Übernahme in ein Cockpit-Arbeitsverhältnis angeboten, wird die Gesellschaft auf die Rückzahlung des Darlehens verzichten.“

Knappe Zeitplanung wird zum Bumerang

Am letzten Tag der Frist schickte die Fluggesellschaft dem Piloten ein Übergabeangebot per Mail. Zum Beweis verwies sie auf ihr Postausgangs- und Posteingangskonto. Daraus sei ersichtlich, dass das Angebot verschickt worden und keine Meldung zu deren Unzustellbarkeit eingegangen sei. Der Pilot hielt dagegen. Bei ihm sei die E-Mail erst drei Tage später eingegangen. Als Beleg verwies auch er auf sein Posteingangskonto.

Der Arbeitsvertrag kam zwar trotz der Zugangsprobleme zustande. Allerdings kürzte die Fluggesellschaft das Gehalt ihres neuen Piloten um 500 Euro pro Monat, um damit das Darlehen abzuzahlen. Sie war der Ansicht, sie habe dem Mann rechtzeitig per E-Mail einen Arbeitsplatz angeboten und daher ein Recht auf die Rückzahlung.

Der Pilot wollte das nicht hinnehmen. Er klagte – und bekam Recht. Wie schon die Vorinstanz verurteilte auch das LAG Köln den Arbeitgeber zur Rückzahlung der einbehaltenen Darlehensraten, da er dem Arbeitnehmer nicht rechtzeitig einen Arbeitsplatz per E-Mail angeboten habe, denn den Zugang einer E-Mail müsse stets der Versender beweisen.

Ein Nachweis über den schieren Versand genüge dabei nicht, denn es sei unklar, ob die E-Mail danach tatsächlich auf dem Empfängerserver eingegangen sei. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, müsse der Absender vielmehr über die Optionsverwaltung seines E-Mail-Programms eine Lesebestätigung anfordern. Da dies vorliegend nicht geschehen war, galt der Zugang als nicht erfolgt.

Persönliche Übergabe bevorzugt

Das Urteil legt nahe, dass auch ärztliche Arbeitgeber grundsätzlich eine Lesebestätigung für dienstliche Mails verlangen sollten. Das gilt vor allem, wenn das Schreiben eine wichtige Frist wahren soll. Absolute Rechtssicherheit schafft aber auch dieses Vorgehen nicht. Denn in diesem Fall besteht noch immer die Gefahr, dass der oder die Betreffende die Lesebestätigung nicht oder nur verspätet abgibt.

Für wichtige fristgebundene Willenserklärungen empfiehlt es sich daher nach wie vor, ein schriftliches Dokument persönlich und unter Zeugen zu übergeben. Ist das nicht möglich, sollte ein Bote eingeschaltet werden, der den Zugang zur Not bezeugen kann.