Roboter-assistierte Chirurgie: Präzises operieren mit dem Da-Vinci-System
A&W RedaktionMinimalinvasive Eingriffe, die Roboter-assistiert sind, finden in Deutschland immer mehr Anklang. Schon 1999 erhielt das Da-Vinci-System als erstes Computer-assistiertes Operationssystem eine CE-Zulassung in Deutschland.
Damals speziell für die Kardiologie eingesetzt, erkannten die Fachärzte schnell das Potenzial des Roboters. In unterschiedlichsten Einsatzfeldern ist er mittlerweile unterstützend tätig, etwa in der Urologie bei Prostata-, Nieren- oder Harnblasenoperationen. In der Thoraxchirurgie kann die Lunge operiert werden, in der Allgemeinchirurgie Leber oder Magen. Die Eingriffsbilanz bezieht sich auf mehr als 200.000 Operationen in Deutschland. Weltweit wird alle 25 Sekunden mit Da Vinci operiert. Ein Tausendsassa in vielen Fachbereichen. Doch nun der Reihe nach.
Entwickelt wurde der OP-Roboter Ende der 1980er-Jahre in den USA. Er sollte in Krisengebieten ferngesteuert operieren. Nach den Prototypen Lenny, Leonardo und Mona (in Anlehnung an Leonardo Da Vinci) beginnen Ärzte Ende der 90er-Jahre in Europa mit dem Vinci-Surgical-System zu arbeiten. Anfang des neuen Jahrtausends werden rund 77 Prozent der Prostataeingriffe in den Vereinigten Staaten mit dem Roboter unterstützend vorgenommen.
Präzise Steuerung und perfekte Tiefenwahrnehmung beim Operieren
Das System ermöglicht Chirurgen, an einer Konsole sitzend, einzelne Instrumente anzusteuern. Seine Bewegungen laufen über den Rechnerturm und ermöglichen so, die vier Roboterarme mit Instrumenten und einer Kamera präzise zu steuern.
Die Kamera verfügt über hocheffiziente Filter, die Roboterarme brillieren mit einer sensiblen Beweglichkeit – bewegt der Arzt den Joystick, bewegen sich die Arme des Vinci-Surgical-Systems. Durch zehnfache Vergrößerungen lassen sich feinste Strukturen erkennen, eine perfekte Tiefenwahrnehmung ist gegeben. Operieren, fast wie unter dem Mikroskop. Jedes noch so kleine Zittern des Chirurgen kann Da Vinci ausgleichen. Der Arzt sitzt dank des ergonomischen Stuhls entspannt, konzentriertes Arbeiten über einen langen Zeitraum ist so gegeben.
„Insbesondere in der Tumorchirurgie ist es wichtig, so viel gesundes Gewebe wie möglich zu erhalten“ weiß Dr. Alexander Marra, Chefarzt der Thoraxchirurgie in Winnenden. Schon seit sieben Jahren operiert er routinemäßig mit der Präzisionsmaschine.
Auch in der Thoraxchirurgie ist das Robotersystem im Einsatz
Ende November fand in den Rems-Murr-Kliniken (RMK) Winnenden nach coronabedingter Pause das alljährliche Lungensymposium statt. Gastgeber waren unter anderem der Winnender Thoraxchirurg Alexander Marra und Chefarzt der Pneumologie Dr. Tobias Merk. Die RMK Winnenden ist eine von zwei Kliniken in Baden-Württemberg, die das computergestützte Verfahren anbietet. Das interdisziplinäre Lungen-Zentrum im Klinikum will durch eine enge Zusammenarbeit von Thoraxchirurgie und Pneumologie individuelle Behandlungen und schnelle Weiterversorgungen bieten.
„Der enorme Vorteil eines Roboter-Systems ist die Präzision. Von einem erfahrenen Chirurgen bedient, werden die minimalinvasiven Eingriffe damit noch schonender und sicherer für den Patienten“, so der Chefarzt. Außerdem sei durch den Einsatz des High-Tech-Helfers der Blutverlust geringer, Schnitte seien kleiner und heilen schneller. Auch der Klinikaufenthalt verkürze sich. Der Spezialist für Thoraxchirurgie entfernt mit dem Verfahren nicht nur Karzinome – auch bei Zwerchfelllähmungen oder beim Entfernen der Thymusdrüse unterstützt der Apparat. Eingriffe, die sonst tiefe Spuren am Körper des Patienten hinterlassen, würden durch den OP-Roboter risikoärmer und verträglicher. Seit einem guten Jahr ist das 1,4 Millionen Euro teure Robotersystem an den Rems-Murr-Kliniken in Betrieb. Fachärzte der Urologie, Gynäkologie, Thoraxchirurgie und der Pneumologie greifen regelmäßig auf die Unterstützung Da Vinci’s zurück.
Autorin: Stephanie Sudahl