Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Klinik

In den Seminaren des Wahlpflichtkursfachs Manuelle Medizin kam eine Mixed-Reality-Brille zum Einsatz, mit der Studierende Behandlungsabläufe virtuell trainieren konnten. Die angehenden Humanmediziner hatten außerdem Zugriff auf eine Online-Lernplattform.

Dr. Katja Regenspurger

Dr. Katja Regenspurger, Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, leitete den Test-Kurs zum Forschungsprojekt „SmartHands“. Foto: Medizinische Fakultät Universitätsklinikum Halle

Für Dr. Katja Regenspurger, Dozentin am Universitätsklinikum Halle, war es das erste Mal, dass sie den Teilnehmenden des Wahlpflichtfachs Manuelle Medizin das theoretische Wissen nicht selbst beibringen musste. Stattdessen lernten die sechs Studierenden die Fachtheorie zur manuellen Medizin online auf einer eigens dafür eingerichteten Lernplattform. „Dass ich die Theorie in den Präsenzterminen schon voraussetzen konnte, empfand ich als sehr hilfreich. So blieb im Unterricht mehr Zeit für Übungen und Rückfragen. Die Studierenden konnten mit mir konkrete Fragen diskutieren und in den Seminaren insgesamt viel praxisbezogener arbeiten“, erläutert die Fachärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin.

PowerPoint-Folien, die Regenspurger sonst im Seminar einsetzt, waren die Basis, um die Theorie vom Präsenzkurs auf die Online-Lernplattform zu transportieren. „Ein Kollege hat die Inhalte grafisch aufgearbeitet und mit interaktiven Elementen und Videos ergänzt“, so die wissenschaftliche Mitarbeiterin. Das komplette theoretische Fachwissen konnten die Studentinnen und Studenten somit eigenständig und entsprechend ihrer zeitlichen Ressourcen komplett digital erlernen. Online-Tests nach jeder Einheit zeigten den Lernenden, ob sie die Inhalte verstanden hatten oder noch einmal wiederholen sollten.

Fokus im Seminar auf praktischen Übungen

Bei den Präsenzterminen lag der Fokus auf den praktischen Übungen, dabei kam erstmals eine Mixed-Reality-Brille zum Einsatz: Nach dem Aufsetzen erscheint ein virtuelles Menü. Nutzer wählen eine Behandlung aus und entscheiden, ob sie diese an einer realen Person – die bereits vor ihnen steht – oder an einem Avatar üben möchten. Fällt die Wahl auf den Avatar, erscheint dieser als Hologramm in der virtuellen Lernumgebung. Über eine weitere Auswahlfunktion ist eine Muskel- oder Skelettansicht möglich. Trainiert wird mithilfe einer Schritt-für-Schritt-Anleitung. Über die Datenbrille sieht der Trainierende die richtigen Handgriffe und Auflagepunkte der zuvor ausgewählten Behandlung.

„Das Üben mit der Mixed-Reality-Brille haben alle Kurs-Teilnehmenden als sehr hilfreich empfunden“, berichtet Regenspurger. Die leitende Dozentin sieht darin vor allem den Vorteil, dass Lernende den – realen oder digitalen – Patienten direkt vor sich sehen: „In praktischen Übungen ohne digitale Hilfsmittel müssen Studentinnen und Studenten von der Seite auf den Patienten schauen, während wir Dozenten die Handgriffe erklären. Dank der Datenbrille konnten sie nun direkt aus ihrer eigenen Perspektive lernen, indem sie ihre Finger einfach über die virtuell eingeblendeten Hände legen.“

Digitale Medien entlasten die Aus- und Weiterbildungsverantwortlichen

Christian Wachter, Vorstand der imc AG

Christian Wachter ist Vorstand der imc AG, die das Verbundprojekt technisch unterstützt und die Lehr- und Lernplattform bereitstellt.
Foto: imc AG

Die Lehr- und Lernplattform für das Forschungsprojekt stellt die imc AG bereit. Vor 25 Jahren an der Universität des Saarlands gegründet, hat sich das Unternehmen zu einem führenden Anbieter digitaler Trainingslösungen entwickelt.

„Onlinelernen und Präsenz-Unterricht zu verknüpfen, kann zukünftig wichtiger Bestandteil in der physiotherapeutischen und manualtherapeutischen Ausbildung sein“, sagt Vorstand Christian Wachter: „Vom sogenannten Blended Learning profitieren nicht nur Studierende und Auszubildende. Der Einsatz digitaler Medien trägt auch zu einer Entlastung der Aus- und Weiterbildungsverantwortlichen mit bei.“

Zum Kurs-Abschluss sollten die Studierenden beurteilen, wie sich der Einsatz von Datenbrille und Lernmanagementsystem auf ihren Lernerfolg ausgewirkt hat. Das Ergebnis war eindeutig: Alle schätzten den Effekt der digitalen Unterstützung als sehr hoch ein, zeigen die Feedbackbögen. Dass es online jederzeit möglich war, die Theorie zu wiederholen, empfanden die Studierenden vor allem vor Klausuren als hilfreich. Das Üben mit der Mixed-Reality-Brille im Seminar habe nicht nur Spaß gemacht, sondern das spätere Trainieren am realen Patienten wesentlich erleichtert.

Smart Hands
Über das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt mit dem vollständigen Namen: „SmartHands: Blended Learning Lehrplattform für Aus- und Weiterbilder zum Einsatz smart-device-basierter Digitaler Medien in Lehrszenarien der Manuellen Medizin und Therapie sollen digitale Medien wie Tablet-PCs, Smartphones oder Datenbrillen sinnvoll in der Aus- und Weiterbildung der Manuellen Medizin und Therapie etabliert werden. Dazu erforschen die Wissenschaftler, welche diagnostischen und therapeutischen Fähigkeiten sich mit digitaler Unterstützung optimal erlernen lassen.

Projektpartner:

  • Department für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Halle/Saale (Projektkoordinator)
  • Haptiklabor, Universität Leipzig
  • Alice-Salomon-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik, Berlin
  • CCS, Technische Universität Kaiserslautern
  • AWS-Institut für digitale Produkte und Prozesse gGmbH, Saarbrücken
  • imc information multimedia communication AG, Saarbrücken

Weitere Informationen unter:
https://smarthands.imc-learning.com
https://www.youtube.com/watch?v=7-idum_sUXE

Autorin: Silke Blumenröder