Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
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Auch in diesem Winter haben Eis und Schnee Teile Deutschlands wieder fest im Griff. Immer wieder kommen Mitarbeitende in Arztpraxen zu spät zur Arbeit. Das Argument: Liebe Chefin, lieber Chef, der Bus hatte Verspätung, oder auf der Autobahn sind alle nur 50 gefahren. Doch ist Winterchaos wirklich eine triftige Entschuldigung fürs Zuspätkommen? Und was können Arbeitgeber dagegen tun?

Arbeitnehmer trägt das Wegerisiko

Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitnehmer das sogenannte Wegerisiko trägt. Das heißt konkret, die MFA trägt die Verantwortung für ihren Arbeitsweg, also dafür, pünktlich in der Praxis zu erscheinen. Das gilt prinzipiell auch für winterliche Verhältnisse. Sind Eisglätte oder starker Schneefall angesagt, müssen sich die Mitarbeitenden darauf einstellen und entsprechend früher losfahren.

Der Arbeitgeber darf von seinen Mitarbeitenden erwarten, dass sie den Wetterbericht verfolgen und sich auf die Witterungsverhältnisse einstellen. Die MFA muss also im Winter einkalkulieren,

  • dass sie ihr Auto freischaufeln muss,
  • dass der Motor nicht gleich anspringt,
  • dass Zug oder Bus Verspätung haben
  • oder Weichen einfrieren.

All das gehört zum allgemeinen Lebensrisiko und fällt in ihren Verantwortungsbereich.

Anders sieht das aus:

  • bei einer plötzlichen Straßensperrung, weil ein Baum die Schneelast nicht mehr trägt
  • oder bei einem Unfall auf Autobahn
  • und auch bei ganz plötzliche Wetterumbrüchen wie etwa dem extremen Schneefall Anfang Dezember 2023 in Bayern

So etwas kann der Arbeitnehmer nicht vorhersehen und daher kann der Praxisinhaber und die Praxisinhaberin hier auch wenig sagen und muss das Zuspätkommen hinnehmen.

Darf der Arbeitgeber den Lohn kürzen?

Hier gilt das Prinzip: Ohne Arbeit kein Lohn! Die Mitarbeitenden haben keinen Anspruch auf Bezahlung der ausgefallenen Arbeitszeit. Sie können zwar nichts dafür, dass die Straßen glatt waren oder der Zug ausgefallen ist. Aber sie müssen eben bei vorhersehbaren Verzögerungen im Winter früher aufstehen und früher losfahren. Anderenfalls kann eben der Chef bei verspätetem Erscheinen den Lohn für die verpasste Arbeitszeit kürzen.

Die meisten Ärztinnen und Ärzte werden nichts sagen, wenn jemand wegen eines Wintereinbruchs mal zu spät kommt. Häuft sich das allerdings, kann man sich natürlich schon fragen, ob man hier nicht auch mit einer Abmahnung oder Kündigung reagieren kann. Arbeitsrechtlich verhält es sich so, dass eine einmalige Verspätung bei einem Mitarbeitenden, der sonst immer pünktlich ist, eher keine Abmahnung rechtfertigt, wiederholtes Zuspätkommen hingegen schon. Hier hängt viel von der Häufigkeit und von der Dauer ab.

Rechtfertigt Zuspätkommen eine Kündigung?

So ist es auch mit der Kündigung: Pünktlichkeit ist ein steuerbares Verhalten, weshalb eine verhaltensbedingte Kündigung Betracht kommen kann. Ob eine solche Kündigung wirksam ist, hängt aber noch von vielen anderen Faktoren ab, etwa von einschlägigen Abmahnungen im Vorfeld. Eine fristlose Kündigung wird in der Regel zu scharf geschossen sein und damit unwirksam. Aber auch hier gibt es Ausnahmefälle, etwa dann, wenn die Verspätungen so groß sind, dass man schon von Arbeitsverweigerung sprechen kann. Die Hürden für eine solche Kündigung liegen jedoch sehr hoch.

Tipp: Wenn Sie in Ihrer Praxis Probleme mit der Pünktlichkeit im Winter haben, sprechen sie das Zuspätkommen in einer Teambesprechung an und weisen sie ihre Mitarbeitenden auf die Rechtslage hin.