Merck als Pionier für Fertility Benefits: Wenn Arbeitgeber den Kinderwunsch unterstützen
A&W RedaktionImmer mehr Arbeitgeber fördern reproduktive Gesundheit. Merck beteiligt sich als einer der ersten Arbeitgeber finanziell an Kinderwunschtherapien seiner Mitarbeiter und setzt hierbei auf präzise Diagnostik – ein Modell für die Zukunft der betrieblichen Fürsorge.
Unerfüllter Kinderwunsch betrifft etwa jedes siebte Paar – mit erheblichen psychosozialen und wirtschaftlichen Folgen. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass reproduktive Gesundheit kein rein privates Thema mehr ist, sondern ein Faktor für Mitarbeiterbindung und Employer Branding. Ein neues Konzept sind Fertility Benefits: freiwillige Leistungen, die von Zyklustracking bis zur In-vitro-Fertilisation (IVF) reichen. Ein genauer Blick zeigt jedoch, dass die teuerste Therapie nicht immer die erste Wahl sein muss.
Finanzielle Beteiligung an Kinderwunschbehandlungen
Seit Anfang 2024 beteiligt sich der Pharmakonzern Merck an den Kosten von Kinderwunschbehandlungen – von der Hormonanalyse über In-vitro-Fertilisation (IVF) bis zum Einfrieren von Keimzellen. Allein in Deutschland wurden seither knapp 300 Anträge gestellt. „Ein unerfüllter Kinderwunsch ist eine der belastendsten Phasen im Leben. Wir wollen unseren Mitarbeitern in dieser Zeit ein Stück Sicherheit geben“, Christian Leufgen, Head of People Recognition & Rewards bei Merck.
Das Programm ist Teil eines umfassenden Pakets, das Pflegezeiten, mentale Gesundheit und flexible Arbeitsmodelle einschließt. Merck versteht den Benefit als Bekenntnis zu Familienfreundlichkeit – unabhängig davon, ob sich Paare, Singles oder gleichgeschlechtliche Mitarbeitende bewerben.
Verantwortungskultur statt Trend
„Fertility Benefits sind kein Trend; sie sind Ausdruck einer neuen Verantwortungskultur. Wer Mitarbeitende nicht nur im Büro sieht, sondern als ganze Person – der denkt Fertilität mit.“ Prof. Henry Alexander, Reproduktionsmediziner und Gründer von VivoSensMedical". Angesichts sinkender Geburtenraten und Fachkräftemangels gewinnt das Thema auch in Deutschland rasch an Bedeutung. Internationale Vorbilder wie Google oder Salesforce übernehmen in den USA bereits Behandlungskosten von bis zu 75 000 US-Dollar.
Präzisionsmedizin statt Standard-IVF
Der Markt an Diagnostik- und Therapieoptionen wächst – häufig schneller als das Wissen über ihre Wirksamkeit. Alexander warnt vor übereilten invasiven Verfahren: „Nur weil sich Arbeitgeber bei Mitarbeiterinnen mit Kinderwunsch an kostspieligen IVF-Behandlungen beteiligen, sollten sie sich nicht gleich auf diese belastende Methode einlassen. 70 Prozent aller Frauen hätten nämlich keinen Standardzyklus.“ Sein Unternehmen entwickelte OvulaRing, ein CE-zertifiziertes Medizinprodukt, das kontinuierlich die Körperkerntemperatur misst und Eisprungszeitpunkte präzise bestimmt. „Ich wünsche mir, dass keine Frau sich einer künstlichen Befruchtung unterzieht, bevor sie nicht sechs Monate ihren Zyklus getrackt hat. Das könnte vielen eine unnötige IVF ersparen.“ Bei Merck wird OvulaRing bereits von der betrieblichen Krankenversicherung übernommen und ist nun Teil des Fertility-Benefits-Pakets.
Körperkerntemperatur als Biomarker der Zukunft
„Die Körperkerntemperatur ist ein unterschätzter Biomarker. Jeder Mensch hat individuelle Temperaturverläufe, die so einzigartig sind wie ein Fingerabdruck.“ Über die Kinderwunschdiagnostik hinaus könnte die Methode bei chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder Multipler Sklerose eingesetzt werden, da pathologische Muster oft frühzeitig temperaturbasiert erkennbar sind. „Es geht nicht darum, Frauen zu kontrollieren. Es geht darum, ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, die ihnen echte Wahlfreiheit ermöglichen – und eine Medizin, die ihnen gerecht wird.“
Ausblick: Vom Tabu zum Wettbewerbsvorteil
Die positive Resonanz innerhalb der Merck-Belegschaft zeigt, dass Fertility Benefits einen Nerv treffen. Ein eigens eingerichteter „Fertility Helpdesk“ wird intensiv genutzt; viele Mitarbeitende sprechen erstmals offen über ihre Sorgen. Ob weitere Unternehmen nachziehen und ob digitale Diagnostik den Weg zu individuelleren Therapien ebnet, hängt vom Gestaltungswillen der Akteure ab. Die Technologien sind vorhanden – ebenso der Bedarf. Entscheidend ist, Fertilität als integralen Bestandteil betrieblicher Gesundheitsprogramme zu begreifen.