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Dermatologie
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Die ultraviolette (UV) Strahlung ist der energiereichste Teil der optischen Strahlung und umfasst den Wellenlängenbereich von 100 Nanometer (nm) bis 400 nm. UV-Strahlung verursacht akute und langfristige Schäden an Haut und Augen. Je kürzer die Wellenlänge, desto energiereicher ist die Strahlung, und umso schädigender wirkt sie.

Aufgrund ihrer physikalischen und biologischen Eigenschaften ist das Spektrum der UV-Strahlung daher unterteilt in die Bereiche UV-A mit einer Wellenlänge von 400 bis 315 nm, UV-B mit einer Wellenlänge von 315 bis 280 nm und UV-C mit einer Wellenlänge von 280 bis 100 nm.

UVC-Desinfektion: Bewährte Methode gegen Mikroorganismen

Ein wichtiger Effekt der UV-Strahlung ist die Erbgut-Schädigung. Das gilt aber nicht nur für den Menschen, sondern auch für Viren und Bakterien. Desinfektion mit UV-Strahlung des UV-C-Bereichs ist daher eine bereits seit Jahrzehnten verwendete Methode zur Abtötung oder Inaktivierung krankheitserregender Mikroorganismen – in der Raumluft, im Wasser oder auf festen Oberflächen. Die UVC-Wirkungsspektren variieren zwar je nach Organsismus, doch allen ist ein ausgeprägtes Maximum um 260 nm gemeinsam. Die UVC-Strahlung dieser Wellenlänge verursacht am effektivsten Schäden an der DNA beziehungsweise RNA von Mikroorganismen, die zu ihrer Abtötung oder zur Inaktivierung führen. Klassischerweise werden zur Erzeugung von UVC-Strahlung Quecksilberdampflampen verwendet, die ein Emissionsmaximum bei 254 nm aufweisen.

Fern-UVC-Strahlung: Neue Perspektiven in der Desinfektion

 

Doch auch in einem Wellenlängenbereich unterhalb von 254 nm kann UVC-Strahlung zur Desinfektion eingesetzt werden. Der Teilbereich mit einer Wellenlänge zwischen 200 nm und 240 nm wird als Fern-UVC-Strahlung bezeichnet, eine eindeutige Definition gibt es international jedoch noch nicht.

Ein Review von 2021 fand schon aus dem vorherigen Jahrhundert Arbeiten zur Desinfektion mit Fern-UVC. Bereits 1905 publizierte Sophus Bang eine Arbeit „über die Verteilung bakterientötender Strahlen im Spektrum des Kohlenbogenlichts“. Seit etwa zehn Jahren wird dieser Einsatz verstärkt erforscht, da sich die Technologie für die nötigen Strahler weiterentwickelt hat. Zur Erzeugung der UVC-Strahlung im fernen Wellenlängenbereich werden zum Beispiel Kryptonchlorid (KrCl)-Excimerstrahler mit einem Emissionsmaximum bei 222 nm oder Licht emittierende Dioden (LEDs) mit einem Peak um 233 nm benutzt.

Wirkungsmechanismus: Geringere Eindringtiefe, weniger Hautschäden

UVC-Strahlung induziert prämutagene Schäden in der DNA, zum Beispiel Cyclobutan-Pyrimidin-Dimere (CPD). Mit abnehmender Wellenlänge steigt allerdings die Absorption der UV-Strahlung durch Proteine an, insbesondere durch Peptidbindungen. Für Fern-UVC-Strahlung wird davon ausgegangen, dass auch die Schädigung von Proteinen einen Anteil insbesondere an der viruziden Wirkung hat.

Die verstärkte Proteinabsorption ist zusammen mit der Streuung ein Grund dafür, dass die Eindringtiefe in biologisches Gewebe mit abnehmender Wellenlänge abnimmt. Im Fern-UVC-Spektralbereich wird die Hornschicht kaum durchdrungen. In Studien wird daher angenommen, dass keine relevanten DNA-Schäden der Haut entstehen könnten.

Klinische Studien: Erste Belege für Sicherheit

Eine japanische Arbeitsgruppe hat 2020 an 20 gesunden Probanden gezeigt, dass mit Fern-UVC-Licht der Wellenlänge 222 nm bis zur maximalen untersuchten Dosis von 500 mJ/cm² keine Erytheme auftraten und die Anzahl der keimbildenden Einheiten signifikant sank. Mit der sehr sensitiven ELISA-Methode wurden in der bestrahlten Hautregion geringfügig, aber statistisch signifikant mehr Cyclobutene Pyrimidine Dimer (CPD) als ein Indikator für DNA-Schäden nachgewiesen, der Wert erreichte aber nur 3,5 Prozent des Werts bei einer Bestrahlung mit 254 nm UVC in einer Dosis von 1 mJ/cm² als positive Kontrolle.

Strahlenschutzkommission: Kritische Bewertung und Empfehlungen

Ein 2023 veröffentlichter Bericht der Strahlenschutzkommission hat die Sicherheit von Fern-UVC-Strahlung für den Einsatzzweck der Desinfektion im öffentlichen Raum in Anwesenheit von Menschen kritisch untersucht. Für diese Anwendung hält das unabhängige Beratergremium des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit die derzeitige Datenlage für nicht ausreichend, um Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung ausschließen zu können und empfiehlt, den Einsatz von Fern-UVC-Strahlung durch eine Rechtsnorm zu regeln und vulnerable Gruppen wie vor dem Einsatz von Fern-UVC-Strahlung besonders zu schützen.

Auch die Wirkung von Fern-UVC-Strahlung auf das Mikrobiom der Haut sollte nach Dafürhalten des Gremiums näher untersucht werden, da die Gefahr der „Überdesinfektion“ denkbar ist, wie sie auch bei der ständigen Nutzung von desinfizierenden Waschlotionen auftritt.

Im medizinischen Bereich dagegen betrachtet die Strahlenschutzkommission den kontrollierten, vorübergehenden Einsatz von Fern-UVC-Strahlung aus Strahlenschutz­Gesichtspunkten als vertretbar, sofern er nach vorhergehender Abwägung von Nutzen und Risiken erfolgt.

Durchbruch: Neue Fern-UVC-LEDs vom Ferdinand-Braun-Institut

LEDs mit einer Peak-Wellenlänge um 230 nm können im Fern-UVC-Bereich eingesetzt werden. Das Ferdinand-Braun-Institut (FBI) hat jetzt Fern-UVC-LEDs auf Basis von Aluminium-Galliumnitrid (AlGaN) entwickelt, die nach Angaben der Forschungseinrichtung die Voraussetzungen für kompakte, fasergekoppelte medizinische Strahler schaffen, um Krankheitserreger auch in Körperöffnungen unschädlich zu machen.

„Bei diesen sehr kurzwelligen LEDs konnten wir internationale Rekordwerte bei Effizienz und Leistung demonstrieren – ein echter Durchbruch“, berichtet Dr. Sven Einfeldt, Laborleiter am FBH, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik. „Zusammen mit Partnern wollen wir nun mit einem Prototyp den Schritt vom Labor in die Anwendung gehen“, kündigte er an. Das Berliner Institut hat bereits erfolgreich 233 nm UVC-LEDs entwickelt und damit Flächenstrahler aufgebaut, mit denen menschliche Haut bestrahlt wurde.

Klinische Anwendung: MRSA-Sanierung

Das Wirkprinzip, und dass die Haut nicht nachhaltig geschädigt wird, konnten bereits Untersuchungen im Rahmen zweier vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderter Projekte an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Universitätsmedizin Greifswald belegen.

Diese Strahler erreichen allerdings bislang lediglich betroffene Stellen auf der Außenhaut. „Ideal wären kleine LED-Strahler mit etwa einem Milliwatt Leistung, die wir direkt in die Nase oder den Rachenraum einführen können“, erklärt Prof. Martina Meinke, Leiterin des Zentrums für Hautphysiologie an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Charité. „Damit könnten wir MRE in ihren Rückzugsorten unschädlich machen, die bisher schwer zu erreichen sind. Nach desinfizierenden Ganzkörperwaschungen mit speziellen Waschlotionen und Mundspülungen könnte beispielsweise eine komplette MRSA-Sanierung erreicht werden.“

Die weiterentwickelten UVC-LEDs des FBI liefern nach Angaben des Instituts die geforderten Ausgangsleistungen. Eingebaut in ein Endoskop ließen sich die erforderlichen Bestrahlungszeiten von etwa fünf Minuten ohne größere Wärmeentwicklung erreichen.

Technische Innovation: Mikro-LEDs mit Rekordleistung

Es sei mit dem technologisch anspruchsvollem AlGaN-Materialsystem erstmals gelungen, die Schwelle von 1 Milliwatt Leistung mit Fern-UVC-Licht im Dauerbetrieb aus einer Glasfaser zu überschreiten. Gelungen ist dies durch 235 nm UV-Mikro-LEDs, die in einer dichten Matrix angeordnet sind. Dadurch lasse sich eine fünfmal höhere Lichtmenge im Vergleich zu konventionellen Fern-UVC-LEDs in die Glasfaser einkoppeln.

Die Mikro-LEDs selbst, von denen bis zu 125.000 auf einem einen Quadratmillimeter großen Chip angeordnet sind, sind mit Durchmessern von jeweils nur rund 1,5 Mikrometern extrem kompakt. Damit lässt sich nicht nur mehr Licht aus dem einzelnen Chip auskoppeln, es ist zugleich stärker gerichtet – und kann damit sehr präzise eingesetzt werden. Durch den kompakten Aufbau und die hohe Leistung eignen sich die fasergekoppelten Lichtquellen nach Überzeugung der Berliner Wissenschaftler ideal für die Eradikation multiresistenter Keime und zur Desinfektion in Körperöffnungen.

Resistenzentwicklung: Vollständige Eradikation entscheidend

Die Eradikation ist wichtig, da wie bei Antibiotika prinzipiell auch beim Einsatz von UVC auf ausreichende Dosen zur vollständigen Abtötung von Bakterienpopulationen zu achten ist. Studien an Escherichia coli haben gezeigt, dass Bakterien, die wiederholt UVC-Strahlung mit niedrigeren Dosen ausgesetzt waren, Tochterstämme hervorbrachten, die resistenter gegen UV-Strahlung waren als die Elternstämme.

Quellen:

Strahlenschutzkommission (SSK) 2023.

Fukui T et al. PLoS ONE 2020;15(8):e0235948.

Beck SE et al. Environ Sci Technol. 2018;52(1):223-9

Hessling M et al. GMS Hyg Infect Control. 2021;doi: 10.3205/dgkh000378

Schleusener J et al. Sci. Rep.2023; doi:10.1038/s41598-023-49745-3 (2023).

Pressemitteilung Ferdinand-Braun-Institut

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