Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Orthopädie

Wer als Belegarzt arbeiten möchte, benötigt eine vorherige Anerkennung durch die Kassenärztliche Vereinigung, die das Einvernehmen mit den Verbänden der Krankenkassen voraussetzt. Dabei wird auch geprüft, wie schnell der künftige Belegarzt das Krankenhaus und damit seine stationären Patienten vom Wohnsitz aus erreichen kann. Hier kommt es nicht auf die Entfernung an, sondern auf die Zeit.

Laut der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt die Vorgabe, dass das Krankenhaus mit den Belegarztbetten vom Wohnort aus innerhalb von 30 Minuten erreichbar sein muss. Kann sich ein Arzt oder eine Ärztin eine Zweitwohnung in der Nähe zum Krankenhaus anmieten, um diese Vorgabe zu erfüllen? Höchstrichterlich geklärt ist diese Frage nicht, sie ist immer wieder Ausgangspunkt von Rechtsstreitigkeiten.

Was Belegärzte von am Krankenhaus angestellten Vertragsärzten unterscheidet

Belegärzte sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte. Sie sind aber berechtigt, ihre Belegpatienten dort voll- oder teilstationär zu behandeln und dafür die Infrastruktur des Hauses zu nutzen. Ihre Vergütung erhalten sie dabei nicht vom Krankenhaus, sondern sie rechnen auf der Basis des EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) beziehungsweise der GOÄ (Gebührenordnung-Ärzte) ab. Die Anerkennung als Belegarzt setzt voraus, dass an dem Krankenhaus eine Belegabteilung der Fachrichtung entsprechend der Gebietsbezeichnung der Weiterbildungsordnung eingerichtet ist. Diese muss zudem in Übereinstimmung mit der Krankenhausplanung oder mit dem Versorgungsvertrag sein. Außerdem muss sich der Praxissitz des Vertragsarztes in räumlicher Nähe dieser Belegabteilung befinden. Dabei wird auch die Geeignetheit als Belegarzt geprüft. Als Belegarzt nicht geeignet ist nach § 39 Absatz 5 Bundesmantelvertrag-Ärzte:

  • wer neben seiner ambulanten ärztlichen Tätigkeit eine anderweitige Nebentätigkeit ausübt, die eine ordnungsgemäße stationäre Versorgung von Patienten nicht gewährleistet (Nr.1);

  • ein Arzt, bei dem wegen eines in seiner Person liegenden wichtigen Grundes die stationäre Versorgung der Patienten nicht gewährleistet ist (Nr. 2);

  • ein Arzt, dessen Wohnung und Praxis nicht so nah am Krankenhaus liegen, dass die unverzügliche und ordnungsgemäße Versorgung der von ihm ambulant und stationär zu betreuenden Versicherten gewährleistet ist. Hat ein Arzt mehrere Betriebsstätten, gilt dies für die Betriebsstätte, in welcher er hauptsächlich die vertragsärztliche Tätigkeit ausübt (Nr.3).

Zweite Wohnung hilft nicht immer

Nun kann man darüber streiten, wie der Begriff Wohnung zu definieren ist. Reicht ein nahe gelegener Zweitwohnsitz neben einem weiter entfernten Erstwohnsitz? Und kann man den Zweitwohnsitz kurzerhand zum Erstwohnsitz erklären? Das Landessozialgericht (LSG) Schleswig-Holstein hat 2023 entschieden, dass damit die Wohnung gemeint sein soll, in der sich der Vertragsarzt in seiner Freizeit regelmäßig aufhält, weil er dort seinen Lebensschwerpunkt hat (06.06.2023, Az. L 4 KA 49/18).

Das Bundessozialgericht hat über diese Frage noch nicht entschieden. Das LSG begründete seine Auffassung mit dem Zweck der Vorschrift: Der Belegarzt übernimmt die volle Verantwortung für die Patienten und muss in der Lage sein, bei Komplikationen, etwa nach größeren OP, schnell zu handeln. Die Zeitspanne, die zwischen der Benachrichtigung des Belegarztes in seiner Praxis oder der hauptsächlich genutzten Wohnung und dessen Eintreffen in der Klinik vergehen darf, müsse aus Gründen der Versorgungssicherheit relativ kurz sein. Es hilft einem Arzt, dessen Hauptwohnsitz weiter als 30 Minuten von der Klinik entfernt liegt, daher nicht, sich eine Zweitwohnung in Kliniknähe zu suchen und diese kurzerhand als Hauptwohnsitz zu deklarieren, wenn er dort nicht den Hauptteil seiner häuslichen Freizeit verbringt.

Das sagt die Statistik

Die Anzahl der Belegärzte in Deutschland nimmt ab. 

  • 3.515 Belegärzte gab es 2023.

  • 5.232 waren es noch 2013.

Mehr als drei Viertel aller Belegärzte haben weniger als zehn Belegbetten.

Quelle:

Kassenärztliche Bundesvereinigung

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