Forschungsprojekt Promote: Präziser gegen Prostatakrebs
Marcus SefrinDas im Januar gestartete Forschungsprojekt Promote widmet sich einem der größten Probleme in der Behandlung von Prostatakrebs: der Überdiagnose und -therapie von langsam wachsenden Tumoren bei gleichzeitig unzureichender Therapie aggressiver Formen. Mithilfe molekularer Analysen und künstlicher Intelligenz sollen in dem EU-gefördertem Projekt Diagnostikverfahren weiterentwickelt werden.
Prostatakrebs ist die häufigste bösartige Erkrankung bei Männern weltweit. Pro Jahr erhalten etwa 1,4 Millionen Männer weltweit die Diagnose Prostatakrebs. In fast 45 Prozent der Fälle handelt es sich um langsam wachsende Krebsformen mit guter Prognose. Gleichzeitig ist Prostatakrebs im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium schwer zu behandeln und nicht heilbar.
EU-Projekt Promote zielt auf präzisere Diagnostik und gezieltere Therapie
Das internationale Forschungsprojekt Promote (Prostate Cancer Omics Oriented Intervention) zielt in insgesamt acht Teilprojekten darauf ab, mithilfe molekularer Analysen und künstlicher Intelligenz (KI) Diagnostikverfahren weiterzuentwickeln, die die Zahl unnötiger Biopsien reduziert. Außerdem soll die Therapie für fortgeschrittene Formen der Erkrankung verbessert werden.
Promote wird von der Europäischen Union im Rahmen des Programms Horizon Europe mit über zwei Millionen Euro gefördert. Koordiniert wird es vom Hannoveraner Unternehmen Mosaiques Diagnostics, das auch zwei Teilforschungsprojekte verantwortet. Die Klinik für Urologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) am Campus Lübeck ist maßgeblich an dem Projekt beteiligt.
Proteombasierte Urintests zur nichtinvasiven Risikostratifizierung
Im Fokus steht die Entwicklung eines Urintests auf Basis proteombasierter Methoden sowie zusätzlicher Radiomik- und Pathomikmodelle. So erforscht ein Teilprojekt unter Leitung der portugiesischen Firma Kresk Healthcare Solutions KI-abgeleitete Radiomikmodelle, um die nichtinvasive Stratifizierung des Prostatakrebsrisikos zu verbessern.
Verzicht auf unnötige Biopsien durch molekulare Marker
„Die EU-Kommission hat unter 13.000 geförderten Innovationen die Proteomanalyse als Schlüsseltechnologie ausgewiesen. Sie erlaubt die frühe und genaue Erkennung des Prostatakrebses und die Bestimmung seiner Aggressivität – allein anhand einer Urinprobe, die als Filtrat des Blutes wichtige krankheitsspezifische Informationen enthält“, erklärt Prof. Dr. Axel Merseburger, Direktor der Klinik für Urologie am Campus Lübeck. Invasive Diagnostikmethoden wie Biopsien sollen durch das neue Vorgehen weitgehend überflüssig werden.
Personalisierte Wirkstoffe gegen aggressive Tumorformen
Im Rahmen des Projekts werden außerdem mithilfe KI-gestützter Modelle bis zu 68 Wirkstoffkandidaten gegen aggressive Prostatakrebserkrankungen getestet. Das Forschungsteam nutzt dabei eine Datenbank von Mosaiques Diagnostics mit über 85.000 Proteomprofilen. So sollen Vorhersagemodelle entstehen, die Behandlungsstrategien auf Grundlage des individuellen molekularen und medizinischen Profils der Patienten ermöglichen. Ein Teilprojekt unter Federführung der Medizinischen Universität Innsbruck widmet sich der Zelllinien-Charakterisierung und präklinischen Testung von so modellierten Wirkstoffen, ebenfalls unter Anwendung von Proteomics-Methoden.
Übertherapie von langsam wachsenden Tumoren begegnen
„Das Projekt Promote begegnet einem der größten Probleme in der Behandlung von Prostatakrebs: der Überdiagnose und -therapie von langsam wachsenden Tumoren bei gleichzeitig unzureichender Behandlung aggressiver Formen. Studien zeigen, dass bis zu 90 Prozent der Prostatakarzinome übertherapiert werden – mit entsprechend belastenden Folgen für die Patienten“, sagt PD Dr. Marie Christine Roesch, Oberärztin und Ärztliche Leitung des Forschungslabors Urologie am Campus Lübeck. Promote soll dieses Behandlungsparadoxon auflösen: durch präzise, molekular fundierte Diagnostik und personalisierte Therapien auf Basis spezifischer Biomarker.
Dem interdisziplinären Konsortium von Promote gehören insgesamt 13 Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Griechenland, Österreich, Portugal, Spanien und Deutschland an. Das Projekt läuft bis August 2028, mit relevanten Teilergebnissen wird 2026 gerechnet.
Quelle:Presseinformation des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein
Culp MB et al. Eur Urol 2020;77(1):38-52
Mottet N et al. Eur Urol 2021;79(2):243-262
Frantzi M et al. Eur Urol Oncol 2025 Apr 30:S2588-9311(25)00094-X