Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Die Realteilung ist ein seit vielen Jahren verwendetes steuerliches Gestaltungsinstrument. Sie wurde noch vor ihrer gesetzlichen Fixierung unter § 16 Abs. 3 EStG beziehungsweise § 18 Abs. 3 EStG (Einkommensteuergesetz) von der Rechtsprechung entwickelt. Das Besondere an der Realteilung ist die Möglichkeit, einzelne Wirtschaftsgüter einer Personengesellschaft, zum Beispiel einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), ohne Aufdeckung der stillen Reserven – also steuerneutral – aus dem Betriebsvermögen einer Personengesellschaft (sogenanntes Gesamthandsvermögen) in die Einzelunternehmen von Mitunternehmern zu übertragen.

Praktisches Fallbeispiel

Zur Verdeutlichung mag folgendes Beispiel dienen: Eine aus den Vertragsärzten A, B und C bestehende BAG soll steuerneutral beendet werden, in dem die Wirtschaftsgüter der BAG auf die Kollegen A, B und C übertragen und von diesen in ihren Einzelpraxen weiterverwendet werden. In aller Regel ermitteln BAG ihren Gewinn durch die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nach § 4 Abs. 3 EStG. Bevor eine begünstigte Realteilung durchgeführt werden kann, muss eine BAG zur Bilanzierung übergehen und ihre Wirtschaftsgüter in einer Bilanz erfassen. Angenommen, die BAG hat drei Gruppen von Wirtschaftsgütern. Dabei hat die erste Gruppe, zum Beispiel medizinische Untersuchungsgeräte, einen Buchwert von 300.000 Euro. Die zweite Gruppe, etwa die Praxiseinrichtung, weist einen Buchwert von 200.000 Euro auf und die Dritte, ein wertvolles, entgeltlich erworbenes medizinisches Patent, wird mit 500.000 Euro bewertet. Alle drei Vertragsärzte sind zu je einem Drittel an der BAG beteiligt.

Im Rahmen der Realteilung nach § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG können A, B und C vereinbaren, dass jeder von ihnen eine Gruppe der Wirtschaftsgüter erhält und diese in der Einzelpraxis weiter betrieblich nutzt.

Das Besondere bei einer Realteilung ist, dass es auf die Teilwerte der übertragenen Wirtschaftsgüter nicht ankommt. Unter dem Teilwert versteht das deutsche Steuerrecht einen Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon ausgegangen wird, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Regelmäßig entspricht der Teilwert dem Verkehrs- oder Zeitwert eines betrieblichen Wirtschaftsguts. Würden in unserem Beispielsfall die medizinischen Geräte einen Teilwert von insgesamt 500.000 Euro, die Praxiseinrichtung einen Teilwert von 300.000 Euro und das medizinische Patent einen Teilwert von 700.000 Euro haben, könnten A, B und C die betreffenden Gruppen von Wirtschaftsgütern im Rahmen der Realteilung auf ihre Einzelpraxen übertragen, ohne dass eine solche Übertragung mit der Aufdeckung der stillen Reserven verbunden wäre.

Ausgleichszahlung an BAG-Partner

Die Übertragung der Wirtschaftsgüter im Rahmen der Realteilung wäre allerdings steuerlich anders zu würdigen, wenn A, B oder C einen sogenannten Spitzenausgleich zahlt. Die Summe der Teilwerte der genannten drei Gruppen beläuft sich in unserem Beispiel auf 1,5 Millionen Euro. Damit müsste jeder Partner der BAG rechnerisch Wirtschaftsgüter mit einem Teilwert in Höhe von 500.000 Euro erhalten. Würde zum Beispiel der Vertragsarzt C, der das Patent erhält, an den Vertragsarzt B, der die Praxiseinrichtung übernimmt, eine Ausgleichszahlung von 200.000 Euro leisten, realisiert B in Bezug auf diese Ausgleichszahlung des C einen anteiligen laufenden, steuerlich nicht begünstigten Veräußerungsgewinn. Im Gegenzug aktiviert C in der Bilanz seiner Einzelpraxis anteilige Anschaffungskosten des Patents, die er zusammen mit dem Buchwert des Patents in den nächsten Jahren steuermindernd abschreiben kann.

Voraussetzung für eine Realteilung

Zwingende Voraussetzung einer Realteilung ist die Übertragung der Wirtschaftsgüter einer BAG in das Betriebsvermögen der Mitunternehmer. Es würde nicht funktionieren, das Gesamthandsvermögen der BAG in das Privatvermögen der Mitunternehmer steuerneutral zu übertragen. Diesen Fall behandelt das Gesetz als eine Betriebsaufgabe der BAG, wobei für die Mitunternehmer ein Betriebsaufgabegewinn in Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert (Verkehrswert) der Wirtschaftsgüter der BAG und deren Buchwerten entsteht.

Sonderfall: Einzelpraxis im Ausland

Eine weitere zwingende Voraussetzung der Realteilung ist, dass kein Ausschluss oder keine Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland vorliegt – und zwar in Bezug auf die Wirtschaftsgüter, die im Rahmen der Realteilung auf die Mitunternehmer übergegangen sind. Würde in unserem Beispiel der Vertragsarzt C seine Einzelpraxis im Ausland betreiben, würden stille Reserven in den übertragenen Wirtschaftsgütern in dem Staat besteuert, in dem C die Einzelpraxis führt. Dadurch wäre das deutsche Besteuerungsrecht ausgeschlossen. In unserem Beispielsfall entstünde in Bezug auf die Wirtschaftsgüter der BAG, die auf die ausländische Einzelpraxis des C übertragen würden, ein laufender Gewinn der BAG. Dieser ist anteilig A, B und C zuzurechnen. Rechtsprechung und Finanzverwaltung räumen den Mitunternehmern allerdings das Recht ein, einen solchen laufenden Gewinn mithilfe einer schriftlichen Vereinbarung dem Mitunternehmer zuzurechnen, der die Wirtschaftsgüter dem Steuerzugriff der Bundesrepublik Deutschland entzieht.

Haltefrist einhalten

Weitere zwingende Voraussetzung der Realteilung ist eine dreijährige Haltefrist in Bezug auf die aufgeteilten Wirtschaftsgüter. Dies umfasst sowohl eine Entnahme als auch die Veräußerung der betreffenden Wirtschaftsgüter. Die Haltefrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung der Mitunternehmerschaft für den Veranlagungszeitraum der Realteilung.

Würde in unserem Beispielsfall A, B oder C nach der Realteilung die Wirtschaftsgüter der ehemaligen BAG vor Ablauf der Haltefrist veräußern oder in das Privatvermögen entnehmen, müsste rückwirkend auf diese Wirtschaftsgüter der gemeine Wert angesetzt werden. Anschließend würde die Differenz zwischen den gemeinen Werten der übertragenden Wirtschaftsgüter und deren Buchwerten als laufender Gewinn versteuert werden. Das gleiche gilt, wenn die übertragenen Wirtschaftsgüter mit einem Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil innerhalb der Haltefrist in eine Kapitalgesellschaft oder in eine weitere Mitunternehmerschaft nach dem Umwandlungssteuergesetz eingebracht werden.

Eine weitere Voraussetzung der Realteilung ist schließlich, dass Wirtschaftsgüter einer Personengesellschaft weder unmittelbar noch mittelbar auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse übertragen werden. Bei der üblichen Betriebsaufgabe entsteht ein steuerbarer Gewinn, bei der Realteilung ist das meistens nicht der Fall.

Wie eine Bilanz aufgebaut ist
Eine Bilanz liefert einen guten Überblick über die finanzielle Situation der Arztpraxis. Prinzipiell wird sie durch ein T-Konto veranschaulicht. Dieses ist in zwei Abschnitte untergliedert. Links steht die Aktiva-Seite mit Anlage- und Umlaufvermögen sowie rechts die Passiva-Seite mit Eigen- und Fremdkapital.

Dr. jur. Alex Janzen

Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Bank- und KapitalmarktrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Alex Janzen

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