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Geldanlagen

Beim Thema Bitcoin und Co. gibt es große Meinungsunterschiede. Die einen halten Kryptowährungen für Teufelszeug, die anderen sehen sie als Krisenversicherung und Goldalternative. Aber eines ist ganz sicher, wer hier absahnt, sollte das Thema Steuern nicht unterschätzen.

Vielen ist nicht bewusst, dass Kryptohandel dem Finanzamt lückenlos nachgewiesen werden muss. „Gewinne, die beim Verkauf von Coins unter einem Jahr Haltefrist entstehen, müssen zum Beispiel versteuert werden“, erklärt Dr. Christopher Arendt, Geschäftsführer und Fachanwalt für Steuerrecht beim ganzheitlichen Münchener Beratungsunternehmen Acconsis: „Auch ein Tausch in eine andere Währung oder Erträge aus Leihgeschäften und Halteprämien können steuerpflichtig sein.“ Auf die angebliche Anonymität von Kryptos sollten sich deutsche Steuerzahler lieber nicht verlassen, denn sie sind zur Rechenschaft gegenüber dem Finanzamt verpflichtet.

„Lückenloser Nachweis“ – was heißt das für Bitcoinfans?

Grundsätzlich müssen Steuerpflichtige sämtliche Tatsachen, die für die Besteuerung erheblich sind, vollständig und wahrheitsgemäß darlegen. Das gilt auch für Geschäfte mit Kryptowährungen wie Bitcoins. Das Finanzamt ist nicht dazu verpflichtet, selbst zu recherchieren oder Beweise einzuholen. Sämtliche Transaktionen müssen inklusive Datum, Uhrzeit und des jeweils geltenden Euro-Werts nachgewiesen werden. Hier kann es vorteilhaft sein, einen deutschen Anbieter wie Bison zu nutzen, denn diese Plattformen stellen die relevanten Daten in einem für die Finanzverwaltung gut lesbaren Format und leicht abrufbar dar, was die Einhaltung der Mitwirkungspflichten erheblich erleichtert.

Anders kann das bei ausländischen, insbesondere außereuropäischen Plattformen aussehen. Können die Daten dann nicht geliefert werden, darf das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen, was nicht zu Gunsten des Steuerpflichtigen geschehen muss. „Niemand kann sich pauschal darauf berufen, die Daten seien nicht mehr verfügbar gewesen“, warnt Fachanwalt Christopher Arendt. Das gilt insbesondere, wenn Kryptogeschäfte bei einer Plattform außerhalb Deutschlands oder sogar Europas getätigt werden, denn dann entscheidet man sich bewusst für eine komplexere Mitwirkungspflicht und trägt im Zweifel das Risiko. Aber braucht es überhaupt Kryptowährungen bei der Geldanlage?

Für und Wider von Kryptos

„Zu den Pros zählen sicherlich das Potenzial für hohe Renditen sowie die Dezentralisierung und die gute Handelbarkeit“, erklärt Petra Ahrens, Vorständin bei der Kölner MAIESTAS Vermögensmanagement AG. Für sie überwiegen aber die Nachteile dieser Anlageform, gerade für langfristige Sparvorhaben wie dem Schließen der Rentenlücke: „Aufgrund der fehlenden Regulierung ist diese Assetklasse für mich nicht als private Altersvorsorge geeignet“, sagt Anlagefachfrau Petra Ahrens, „auch ansonsten sind für mich die Sicherheitsrisiken so hoch, dass ich lieber auf fundamentale Fakten und Daten von soliden Unternehmen setze.“

Aber da gibt es natürlich andere Stimmen, die auf die enormen Chancen zumindest als Beimischung in einem Anlagemix hinweisen. Der große Vorteil von Bitcoin und Co. ist sicher, dass sich derzeit immer mehr institutionelle Anleger dafür interessieren – von ETF-Anbietern (s. Infobox unten) über Pensionskassen bis zu den USA, die erwägen, Kryptos als Ergänzung zur Goldreserve einzusetzen. Ob es aber in 10 oder 20 Jahren noch eine stabile Nachfrage nach dem Bitcoin oder eine der vielen Alternativen gibt, kann niemand mit Sicherheit sagen. Ein Totalverlust der Anlage ist immer möglich.,„Ich persönlich bin in Kryptowährungen investiert, aber mir ist auch klar, dass es kompetente warnende Stimmen wie EZB-Chefin Christine Lagarde gibt“, erklärt Acconsis-Experte Dr. Christopher Arendt.

Bei einem Thema sind sich die beiden Experten aber einig: Sie würden auf den Marktführer setzen: „Wenn, würde ich zu der Währung greifen, die aufgrund der Marktgröße und Technologie die höchste Akzeptanz besitzt. Dies ist in diesem Fall Bitcoin“, sagt Petra Ahrens, und fügt noch hinzu: „Übrigens, auch wenn es dem einen oder anderen altmodisch erscheint - Gold bleibt!“

Interview: „Bei Bitcoin und Co. Finanzämter nicht unterschätzen!“

Kryptowährungen können ein attraktives Investment sein, aber Anlegende sollten neben den Risiken Steuerfragen nicht unterschätzen, erklärt Dr. Christopher Arendt, Geschäftsführer und Fachanwalt für Steuerrecht beim Münchener Beratungsunternehmen Acconsis.

© V-Bank

Dr. Christopher Arendt, Geschäftsführer und Fachanwalt für Steuerrecht beim Münchener Beratungsunternehmen Acconsis.

Deutsche Finanzämter haben den Ruf, noch mit Faxgeräten zu arbeiten. Verstehen die Kryptowährungen überhaupt?

Christopher Arendt: Das ist bei den einzelnen Behörden – wie im Übrigen auch bei uns Beratern – ganz unterschiedlich und es gibt meines Erachtens nur sehr wenige Spezialisten. Aber man sollte Finanzbeamte nie unterschätzen und es gibt einige, die sich intensiv mit dem Thema Bitcoin und Co. beschäftigen. Sich darauf zu verlassen, dass Anlagen in Kryptowährungen nicht geprüft werden, ist auf jeden Fall keine gute Idee.

Seit wann sind Bitcoingewinne überhaupt steuerpflichtig?

Arendt: Grundsätzlich schon immer. Auch wenn jemand 2011 mit Bitcoin Mining begonnen hat, waren die Einkünfte steuerpflichtig. Bei Privatanlegern müssen zum Beispiel Gewinne mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz versteuert werden, wenn die Haltfrist unter einem Jahr liegt. Im gewerblichen Bereich gehören die Coins zum Betriebsvermögen und müssen entsprechend behandelt, angegeben und versteuert werden. Neu ist eigentlich nur, dass Datensätze von deutschen Handelsplattformen abgerufen und so Steuerpflichtige identifiziert werden.

Wie ist das bei ausländischen Plattformen oder anonymen Wallets?

Arendt: Natürlich ist es für die Finanzämter bei ausländischen Anbietern schwieriger, Erkenntnisse zu gewinnen. Aber auch hier ist es keine gute Idee zu glauben, dass man für immer anonym bleibt. Der Trend geht zumindest mal innerhalb Europas dahin, dass Kryptoanbieter irgendwann automatische Meldungen abgeben werden, wie wir das bei Kapitalerträgen im Bankenbereich bereits kennen. Und selbst im Direkthandel mit einer anonymen Wallet wird man das meiner Meinung nach irgendwann zuordnen können und dann ist jede einzelne Transaktion durch die Blockchaintechnologie im Nachhinein rekonstruierbar.

Was muss der einzelne Anleger denn angeben?

Arendt: Grundsätzlich ist jeder zum lückenlosen Nachweis gegenüber dem Finanzamt verpflichtet. Das kann natürlich schwierig werden, wenn Sie 2017 über einen ausländischen Anbieter getradet haben, den es heute möglicherweise gar nicht mehr gibt und der Steuerpflichte nicht eigenständig die Transaktionen dokumentiert hat. Selbst in diesen Sonderkonstellationen sollen Sie nach der Auffassung der Finanzverwaltung nicht von Ihrer Verpflichtung zur Dokumentation frei werden. Der grundsätzliche Maßstab ist, dass Sie jede Transaktion belegen können müssen. Ist das Kind schon in den Brunnen gefallen, weil Sie etwa Ihre Kryptoeinkünfte nicht erklärt haben, sollten Sie sich fachkundig beraten lassen, was jetzt das beste Vorgehen ist.

Wie ist es denn bei einem Umtausch von Coins oder Leihgeschäften?

Arendt: Wer zum Beispiel Bitcoin in Ethereum umtauscht, verkauft aus der steuerlichen Perspektive das eine und kauft das andere. Das heißt, auch hier gilt, wenn die Bitcoins weniger als ein Jahr gehalten wurden, ist das steuerpflichtig, soweit Gewinne erzielt wurden. Grundsätzlich können alle Geschäfte, auch wenn sie innerhalb der Wallet stattfinden, steuerlich relevant sein, also auch zum Beispiel Lending oder Staking, vereinfacht also Verleiherträge oder Halteprämien.

Mal in die Zukunft gedacht, wie ist das mit vererbten oder verschenkten Wallets, greift hier auch die Steuerpflicht?

Arendt: Noch gibt es zu Erbschafts- und Schenkungssteuerfragen bei Kryptowährungen keine Rechtsprechung. Es gibt jedoch eine lebhafte Diskussion in der Fachwelt, was denn der tatsächliche Wert eines Bitcoins ist. Oder wie ein Wallet, das sich zwar in meinem Besitz befindet, aber zu dem ich keinen Zugang besitze, zu bewerten ist. Das ist im Prinzip so, als würde jemand einen Tresor bekommen, von dem man weiß, dass da ein größere Menge Gold drin ist, aber er den Code nicht kennt. Ist es jetzt aus Sicht des Finanzamts relevant, wann derjenige den Tresor öffnen kann oder ist ihm der Inhalt unmittelbar zuzurechnen. Maßgeblich dürfte hier die Kenntnis über den Private Key sein. Das werden spannende Fragen für die Zukunft sein, die es rechtlich aufzuarbeiten gilt.

Sind Kryptos für Sie eher ein kurzfristiges oder ein langfristiges Investment?

Arendt: Ich persönlich glaube an die Idee hinter Bitcoin und Co. und sehe das als langfristiges Investment in die Zukunft. Aber es ist sicher auch keine schlechte Idee, kurzfristige Kursgewinne mitzunehmen und sein Kapital zu diversifizieren. Man sollte sich immer bewusst sein, dass Kryptowährungen eine hochriskante Anlageform sind, die in der Regel nur eine kleine Beimischung im Vermögensmix darstellen sollte. Oder anders ausgedrückt, wer seine Altersvorsorge zu hundert Prozent auf Kryptos aufbaut, muss schon sehr, sehr mutig sein.

Kann man auch ganz unkompliziert in die Wertentwicklung von Coins investieren?

Der einfachste Weg in die Performance von Währungen wie Bitcoin, Ethereum oder Tether zu investieren, geht inzwischen über ein normales Wertpapierdepot und sogenannte ETPs (Exchange Traded Products). Der Handel damit funktioniert im Prinzip genauso wie mit Aktien oder ETFs. Es gibt eine Wertpapierkennnummer und die ETPs – die es auch von namenhaften Emittenten wie Xtrackers (CH1315732250) oder iShares (XS2940466316) gibt – werden an den gewohnten Handelsplätzen gekauft und verkauft. Allerdings sind sie genau genommen kein direktes Investment in Kryptowährungen, denn die Anleger besitzen so nie wirklich Bitcoin und Co., sondern im Prinzip nur ein Produkt, dass vom Emittenten an deren Wertentwicklung gekoppelt ist. Das hat allerdings einen ganz entscheidenden Vorteil: Die Besteuerung funktioniert nicht anders als bei Aktien und ETFs. Wer sein Depot bei einer heimischen Bank oder einem Broker führt, muss sich hier nicht extra kümmern.

Wer wirklich tiefer einsteigen und zum Beispiel echte Bitcoins in einem eigenen digitalen Wallet mit einem privaten Key besitzen möchte, sollte nicht nur die Risiken, sondern die dahinter liegende Technik verstehen. Erst dann sind Marktplätze wie coinbase.com, an denen Coins direkt gehandelt werden, oder Kryptobroker wie bitpanda.com, die auch Verwahroptionen bieten, eine sinnvolle Option.

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