Bundesfinanzhof: Arbeitsteilung in BAG muss möglich sein
Ina ReinschDarf sich ein Arzt in einer Berufsausübungsgemeinschaft auf Verwaltungsaufgaben konzentrieren, ohne dass seine Tätigkeit vom Finanzamt als gewerblich eingestuft wird und damit die ganze BAG mit Gewerbesteuer „infiziert“? Der Bundesfinanzhof hat nun klargestellt, was ein Miteigentümer einer BAG darf und wie viel ärztliche Arbeit noch erforderlich ist.
Infektionen sind allgemein gefürchtet, nicht nur in medizinischer Hinsicht, sondern auch in steuerlicher. Denn dort kann die Einstufung der Arbeit eines Gesellschafters einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) als gewerbetreibend alle anderen Gesellschafter „infizieren“ und dazu führen, dass die ganze Praxis plötzlich Gewerbesteuer zahlen muss – ein Albtraum für alle Beteiligten. Finanzämter sind mit solchen Einstufungen oft recht rigoros. Nicht selten müssen Gerichte deren Auffassungen geraderücken, wie ein aktueller Fall vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zeigt.
Die Akteure: Eine große, als Partnerschaftsgesellschaft organisierte BAG aus Rheinhessen mit Partnern und Seniorpartnern sowie das dortige Finanzamt. Einer der Ärzte-Gesellschafter, ein Seniorpartner, war überwiegend für die Organisation des Sach- und Personalbereichs zuständig, darunter die Arbeitsplanung und Arbeitsverteilung, aber auch für Baupläne und die technische Wartung von Geräten. Weil er kaum mehr ärztlich arbeitete, entfielen von den Umsätzen der BAG gerade einmal 0,028 Prozent auf ihn. Er wurde daher mit einem aus den Gesamtumsätzen der BAG errechneten „Vorabgewinn“ bezahlt.
Betriebsprüfer und Finanzamt stufen Praxis als gewerblich ein
Nachdem Betriebsprüfer die Praxis unter die Lupe genommen hatten, kam das Finanzamt zu der Überzeugung, dass der Arzt gewerblich tätig sei und die Praxis der Gewerbesteuer unterliege. Die Begründung: In einer freiberuflichen Partnerschaftsgesellschaft müsse jeder einzelne Gesellschafter die Merkmale selbstständiger Arbeit erfüllen. Sei dies nicht der Fall, sei die BAG „infiziert“ und werde insgesamt zum Gewerbebetrieb. Daher werde Gewerbesteuer fällig.
Die Praxis wehrte sich. Schließlich hatte der Arzt lediglich in einer Praxis typische Aufgaben übernommen und nicht etwa Produkte verkauft. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz schlug sich jedoch auf die Seite der Finanzbeamten. Erst der Bundesfinanzhof als höchstes Deutsches Finanzgericht schaffte nun Klarheit (04.02.2025, Az. VIII R 4/22 ).
Zwar sei die freiberufliche Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt. Die bloße Zugehörigkeit eines Gesellschafters zu einem freiberuflichen Katalogberuf reiche daher nicht aus. Daher müsse grundsätzlich jeder Gesellschafter die Hauptmerkmale des freien Berufs, nämlich die persönliche Berufsqualifikation und das untrennbar damit verbundene aktive Entfalten dieser Qualifikation auf dem Markt, in seiner Person verwirklicht haben, heißt es in dem Urteil.
Auf der anderen Seite bedeute das aber nicht, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen eigenverantwortlich tätig sein müsse. Die eigene freiberufliche Betätigung eines Mitunternehmers könne auch in Form der Mit- und Zusammenarbeit stattfinden, urteilten die Richter. Administrative Leistungen gehörten auch zum Berufsbild des niedergelassenen Arztes.
BAG: Auch kaufmännische Aufgaben sind Teil des Arztberufes
In der kaufmännischen Führung und Organisation der Praxis sah das Gericht die Grundlage für die Ausübung der erbrachten berufstypischen ärztlichen Leistungen. Auch sie sei damit Ausdruck der freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit sowie der persönlichen Teilnahme des Arztes an der praktischen Arbeit.
Einen Mindestumfang für die nach außen gerichtete qualifizierte Tätigkeit eines Arztes am Patienten sieht das Gesetz zwar nicht vor. Eine wenigstens geringfügige Behandlung von Patienten sei aber dennoch erforderlich, auch wenn es nur ganz wenige Patientenkontakte seien.
Gewerbliche Infizierung - Das sollten Sie wissen
Üben Ärzte in einer Berufsausübungsgemeinschaft neben ihrer freiberuflichen auch gewerbliche Tätigkeiten aus, kann die gesamte Tätigkeit der Praxis als gewerblich anzusehen sein, sodass Gewerbesteuer anfällt (Abfärbe- oder Infektionstheorie, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Der Gewinn beziehungsweise Gewerbeertrag unterliegt dann der Gewerbesteuer. Es gilt laut Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aber eine Geringfügigkeitsgrenze. Die Gesamttätigkeit einer Gemeinschaftspraxis wird erst dann gewerblich infiziert, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse eine Bagatellgrenze von drei Prozent der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 Euro im Veranlagungszeitraum übersteigen.