Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Steuern
Inhaltsverzeichnis

Was ist Kirchensteuer genau?

In Deutschland muss jedes volljährige Mitglied einer anerkannten Religionsgemeinschaft die sogenannte Kirchensteuer abführen. Die Pflicht gilt bis zum Tod oder bis zum Austritt aus der Kirche. Mit dieser Steuer sollen die Mitglieder der Gemeinschaft die Finanzierung der kirchlichen Ausgaben unterstützen. Die Organisation des Steuereinzugs wird von den Finanzämtern der jeweiligen Länder übernommen.

Die rechtliche Grundlage basiert auf Art. 140 des Grundgesetzes (GG). Demnach sind Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, berechtigt, aufgrund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

Wann und von wem wurde die Kirchensteuer eingeführt?

Die Kirchensteuer in Deutschland wurde im 19. Jahrhundert eingeführt, als die Kirchen nach der Säkularisation eine eigene Finanzierungsquelle benötigten. Die rechtliche Grundlage für die heutige Form der Kirchensteuer wurde jedoch in der Weimarer Verfassung von 1919 geschaffen und später im Grundgesetz bestätigt. Die Erhebung erfolgt durch den Staat im Auftrag der jeweiligen Kirchen und Religionsgemeinschaften.

In welchen Europäischen Ländern zahlt man Kirchensteuer?

Neben Deutschland erheben auch einige andere europäische Länder Kirchensteuer oder ähnliche Abgaben. Dazu gehören unter anderem Österreich, die Schweiz, Schweden und Dänemark. In diesen Ländern wird die Kirchensteuer ähnlich wie in Deutschland direkt über die Einkommenssteuer eingezogen und dient der Finanzierung der jeweiligen Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Wer muss Kirchensteuer zahlen?

In Deutschland wird die Kirchensteuer bei Personen, die einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft angehören und ihren Hauptwohnsitz in Deutschland haben, automatisch vom Finanzamt eingezogen. Die beiden größten staatlich anerkannten Kirchen in Deutschland sind die evangelische und die katholische.

Müssen Kinder und Rentner auch Kirchensteuer bezahlen?

Kinder zahlen in der Regel keine Kirchensteuer, da sie in den meisten Fällen kein steuerpflichtiges Einkommen haben. Rentner hingegen sind zur Zahlung der Kirchensteuer verpflichtet, wenn ihre Rente über dem steuerlichen Freibetrag liegt und sie weiterhin Mitglied einer kirchensteuerpflichtigen Religionsgemeinschaft sind. Die Kirchensteuer wird dann auf die Einkommenssteuer der Rentenzahlungen erhoben.

Ab wann bezahlt man Kirchensteuer?

Kirchensteuer wird in Deutschland grundsätzlich ab dem Zeitpunkt fällig, ab dem eine Person ein steuerpflichtiges Einkommen erzielt und Mitglied einer kirchensteuerberechtigten Religionsgemeinschaft ist. In der Regel beginnt die Zahlung der Kirchensteuer mit dem ersten Gehalt oder Lohn, wobei der Prozentsatz an die Höhe der Einkommensteuer gekoppelt ist. Es gibt keine Altersgrenze, aber Kinder und Jugendliche zahlen in der Regel keine Kirchensteuer, da sie kein eigenes Einkommen haben.

Wie hoch ist die Kirchensteuer?

Die Höhe der Kirchensteuer ist nicht in jedem Fall gleich, sondern hängt mit dem Einkommen bzw. der Höhe der Lohnsteuer und mit dem Wohnort, genauer, mit dem jeweiligen Bundesland in dem man gemeldet ist, zusammen. In Bayern und Baden-Württemberg beträgt sie 8 Prozent der Einkommensteuer, in den übrigen Bundesländern sogar 9 Prozent der Einkommensteuer.

Wie hoch ist die Kirchensteuer für Selbständige?

Auch Selbständige müssen Kirchensteuer zahlen, sofern sie Mitglied einer kirchensteuerpflichtigen Religionsgemeinschaft sind. Die Höhe der Kirchensteuer beträgt wie bei Angestellten entweder 8 % oder 9 % der festgesetzten Einkommensteuer. Da Selbständige keine Lohnsteuer zahlen, wird die Kirchensteuer im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklärung erhoben.

Bundesländer mit 9 % Kirchensteuer

In diesen Bundesländern beträgt die Kirchensteuer 9 % der Lohn- bzw. Einkommensteuer:

  • Baden-Württemberg

  • Bayern

  • Nordrhein-Westfalen

  • Rheinland-Pfalz

  • Saarland

Zahlt man auch bei einem Mini-Job Kirchensteuer?

Bei einem Mini-Job, der pauschal versteuert wird, fällt in der Regel keine Kirchensteuer an, da keine Lohnsteuer erhoben wird. Wird der Mini-Job jedoch nach den allgemeinen Steuerregeln abgerechnet und die Lohnsteuer einbehalten, kann auch Kirchensteuer fällig werden. In solchen Fällen hängt es vom Gesamteinkommen ab, ob und in welcher Höhe Kirchensteuer gezahlt werden muss.

Wofür wird die Kirchensteuer verwendet?

Die Kirchensteuer wird von den Kirchen und Religionsgemeinschaften zur Finanzierung ihrer laufenden Ausgaben verwendet. Dazu gehören unter anderem die Bezahlung von Kirchenangestellten, die Unterhaltung von Kirchengebäuden, soziale und karitative Projekte sowie Bildungs- und Seelsorgeangebote. Ein Teil der Kirchensteuer fließt auch in die Unterstützung internationaler Hilfsprojekte.

Kann man sich von der Kirchensteuer befreien lassen?

Eine Befreiung von der Kirchensteuer ist in Deutschland nur durch einen offiziellen Kirchenaustritt möglich. Dies muss persönlich beim Standesamt oder Amtsgericht beantragt werden und ist mit einer Bearbeitungsgebühr verbunden. Nach dem Austritt entfällt die Verpflichtung zur Zahlung der Kirchensteuer. Es gibt jedoch keine andere Möglichkeit, sich von der Kirchensteuer zu befreien, solange man Mitglied einer kirchensteuerpflichtigen Gemeinschaft ist.

Wie kann ich aus der Kirche austreten?

Wer keine Kirchensteuer zahlen möchte, muss aus der Kirche austreten. Der Kirchenaustritt muss bei der zuständigen Stelle persönlich und schriftlich erklärt werden. Je nach Bundesland muss der Kirchenaustritt am Amtsgericht oder am Standesamt erklärt werden. Aber keine Sorge: Die Entscheidung für den Kirchenaustritt muss nicht offengelegt werden. Der Austritt ist eine reine Formalität, deren größte Unannehmlichkeit die fällige Gebühr ist.

Können auch Kinder aus der Kirche austreten?

Wenn beide Eltern den Kirchenaustritt erklärt haben, hat das keinen Einfluss auf den Status der minderjährigen Kinder. Sind sie getauft, bleiben sie weiterhin Mitglieder der Religionsgemeinschaft. Sobald die Kinder Einkommen haben oder Lohn von einem Arbeitgeber erhalten, sind sie in der Pflicht, die Steuer an ihre Kirche zu zahlen.

Für Kinder unter 12 Jahren können die Eltern stellvertretend den Kirchenaustritt erklären. Ältere Jugendliche müssen hingegen persönlich bei der zuständigen Behörde vorstellig werden und selbst den Austritt erklären. Für die Bearbeitung des Kirchenaustritts wird eine einmalige Gebühr erhoben, die sich je nach Bundesland unterscheiden kann. Im Durchschnitt liegt sie pro Person bei etwa 30 Euro, aber auch höhere Gebühren bzw. eine kostenlose Erklärung sind möglich.

Bundesländer mit 8 % Kirchensteuer

In diesen Bundesländern beträgt die Kirchensteuer 8 % der Lohn- bzw. Einkommensteuer:

  • Berlin

  • Brandenburg

  • Bremen

  • Hamburg

  • Hessen

  • Mecklenburg-Vorpommern

  • Niedersachsen

  • Sachsen

  • Sachsen-Anhalt

  • Schleswig-Holstein

  • Thüringen

Wie hoch ist die Steuerersparnis nach dem Kirchenaustritt?

Etwa 300.000 Menschen treten pro Jahr aus der Kirche aus. Der am häufigsten genannte Grund für den Kirchenaustritt ist die Steuerersparnis. Im Durchschnitt liegt sie bei einem Arbeitnehmer bei rund 300 Euro im Jahr.

Welche Folgen hat der Kirchenaustritt?

Wer aus der Kirche ausgetreten ist, spart sich aber nicht nur die Steuer, sondern wird tatsächlich von der Religionsgemeinschaft ausgeschlossen. Das bedeutet, dass Kinder nicht mehr am Religionsunterricht teilnehmen dürfen. Erwachsene müssen damit rechnen, dass sie bei Stellenausschreibungen von kirchlichen Trägern keine Chance haben. Und auch wer gerne die Kommunion empfangen, Taufpate werden möchte oder gerne einen Pfarrer an seinem Grab hätte, muss darauf verzichten.

Ab wann ist der Austritt steuerlich wirksam?

Mit dem Austritt aus der Kirche endet als Erstes die Pflicht, Kirchensteuer zu zahlen. Der Steuerpflichtige sollte allerdings nicht vergessen, auch eine entsprechende Erklärung an seinen Arbeitgeber weiterzureichen. Außerdem wird die Kirchensteuer exakt bis zum Tag des Austritts noch erhoben. Man sollte beim nächsten Steuerbescheid überprüfen, ob das Finanzamt die Kirchensteuer tatsächlich nur für diesen Teil des Jahres, in dem man noch in der Kirche war, berechnet hat.

Nachdem der Arbeitgeber informiert wurde, muss man zudem darauf achten, dass der Kirchenaustritt auch auf der Lohnsteuerkarte vermerkt wird. Ist das nicht der Fall, wird die Kirchensteuer weiter erhoben. Um den Austritt gegebenenfalls nachweisen zu können, sollte man die Bestätigung der Behörde, dass man ausgetreten ist, also gut aufheben.

Warum muss der Ehepartner nach Austritt noch Kirchensteuer zahlen?

Wer aus der Kirche austritt, zahlt anschließend keine Kirchensteuer mehr. Allerdings kann es Ausnahmen geben, nämlich, wenn der Ehepartner weiterhin Mitglied einer anerkannten Religionsgemeinschaft bleibt. In manchen Bundesländern ist das sogenannte Kirchengeld fällig, wenn das nun “glaubensverschiedene Ehepaar” eine gemeinsame Steuererklärung abgibt. Das Kirchgeld wird aber nur erhoben, wenn es die Kircheneinkommensteuer übersteigt. Dies kann zugleich dazu führen, dass das Kirchenmitglied inzwischen deutlich mehr Kirchensteuer zahlt als früher.

Der Betrag wird vom Finanzamt auf der Grundlage des gemeinsam zu versteuernden Einkommens berechnet. Gestaffelt nach Einkommen werden nach Angaben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz jährlich zwischen 96 und 3600 Euro fällig, die das verbleibende Kirchenmitglied anstelle der Kirchensteuer zahlt. Rechtlich wurde diese Praxis bereits mehrfach vom Bundesverfassungsgericht bestätigt (Az.: 2 BvR 816/10).

Was ist Kirchengeld?

Ein Beispiel: Eine gut verdienende Ärztin ist aus der Kirche ausgetreten. Ihr Ehemann, der als Angestellter ein geringeres Gehalt bekommt, ist weiter Mitglied. Die beiden lassen sich steuerlich gemeinsam veranlagen. Da zur Berechnung des Beitrags an die Kirche das gemeinsame zu versteuernde Einkommen berücksichtigt wird, zahlt der Mann mehr als zuvor. Denn zuvor wurde die Hälfte der Kirchensteuer seiner Partnerin zugerechnet.

Dies gilt allerdings nicht in allen Regionen Deutschlands: Das besondere Kirchgeld verlangen die römisch-katholischen Bistümer außerhalb Bayerns, Baden-Württembergs und Nordrhein-Westfalens sowie alle evangelischen Landeskirchen bis auf die bayerische.

Welche Kritik gibt es an der Kirchensteuer?

Kritiker der Kirchensteuer bemängeln vor allem, dass die Erhebung durch den Staat erfolgt und somit eine enge Verbindung zwischen Kirche und Staat aufrechterhält. Zudem wird die Höhe der Abgabe und ihre Bindung an die Einkommensteuer von vielen als ungerecht empfunden. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass auch viele kirchliche Einrichtungen von der Allgemeinheit und nicht nur von Kirchenmitgliedern genutzt werden, sodass die Finanzierung teilweise als nicht gerechtfertigt angesehen wird.

Kann man Kirchensteuer von der Steuer absetzen?

Die gute Nachricht für alle, die noch zahlen müssen: Kirchensteuer ist wie Spenden in voller Höhe steuerlich absetzbar. Sie wird bei den Sonderausgaben geltend gemacht und entsprechend dem Steuersatz gibt es eine Steuererstattung. Ausgenommen ist allerdings die Kapitalertragsteuer, die Banken automatisch einbehalten, sobald der jährliche Freibetrag auf Zins- und Dividendeneinkünfte überschritten ist. Bei der Berechnung berücksichtigt das Geldinstitut die Kirchensteuer automatisch.

Gibt es Pläne, die Kirchensteuer abzuschaffen?

Aktuell gibt es keine konkreten Pläne, die Kirchensteuer in Deutschland abzuschaffen. Diskussionen über eine Reform der Kirchenfinanzierung gibt es jedoch immer wieder. Einige Politiker und Organisationen fordern eine Trennung von Staat und Kirche sowie alternative Finanzierungsmodelle, wie etwa freiwillige Mitgliedsbeiträge, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern.

Wie viele Menschen in Deutschland treten pro Jahr wegen der Kirchensteuer aus der Kirche aus?

In den letzten Jahren ist die Zahl der Kirchenaustritte in Deutschland stetig gestiegen. Jährlich treten mehrere hunderttausend Menschen aus den Kirchen aus, wobei die Kirchensteuer häufig als einer der Hauptgründe genannt wird. Im Jahr 2023 traten beispielsweise über 500.000 Menschen aus der katholischen und evangelischen Kirche aus, was einen neuen Höchststand markierte.

Kann man in die Kirche wieder eintreten, wenn man einmal ausgetreten ist?

Ja, ein Wiedereintritt in die Kirche ist grundsätzlich möglich. Hierzu muss man sich in der Regel an die lokale Kirchengemeinde wenden und ein formales Aufnahmegespräch führen. In den meisten Fällen wird eine erneute Taufe nicht notwendig sein, da die einmal vollzogene Taufe gültig bleibt. Nach dem Wiedereintritt wird die Kirchensteuerpflicht wieder aufgenommen.