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Immobilienkredite sind meistens darauf ausgelegt, dass Darlehensnehmer und -geber eine bestimmte Laufzeit festlegen, in der das Darlehen einschließlich Zinssatz abbezahlt wird. In der Praxis kann es immer wieder vorkommen, dass Verbraucher ihren Kredit vorzeitig zurückzahlen. Zum Beispiel, wenn Ärztinnen und Ärzte eine Immobilie verkaufen, die ursprünglich als Praxiserweiterung gedacht war. In solchen Fällen kann die Bank als Kreditgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Mit diesem Instrument soll sichergestellt werden, dass Banken kein finanzieller Nachteil durch den Zinsverlust bei frühzeitiger Abbezahlung entsteht.

So errechnet sich die Vorfälligkeitsentschädigung

Der Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung ist auch durch § 502 BGB geregelt: Sie darf nicht höher als ein Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags sein. Liegt zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung nur noch maximal ein Jahr, darf das Kreditinstitut nicht mehr als 0,5 Prozent des Rückzahlungsbetrags als Vorfälligkeitsentschädigung fordern. Banken müssen zudem klar und verständlich über die Vertragslaufzeit, über Kündigungsrechte und die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung informieren.

Zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gibt es zwei Methoden, die vom Bundesgerichtshof (BGH) als zulässig erachtet werden:

  • Aktiv-Aktiv-Methode: Bei dieser Berechnung geht die Bank davon aus, dass sie für die Restlaufzeit des gekündigten Darlehens das vorzeitig zurückgezahlte Geld an einen anderen Kreditnehmer verleiht. Dabei kann sie nur noch einen niedrigeren Darlehensszinsatz verlangen. Diese Zinsdifferenz wird auch Zinsverschlechterungsschaden genannt.

  • Aktiv-Passiv-Methode: In diesem Fall legt die Bank das vorzeitig zurückgezahlte Geld in Pfandbriefen an. Der Zinsverschlechterungsschaden wird somit aus der Differenz zwischen dem Darlehenszinssatz und der Rendite von Pfandbriefen ermittelt, deren Laufzeit der Restlaufzeit des Darlehens entspricht. Diese Berechnungsmethode ist bei Banken die bevorzugte Wahl zur Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung.

Sind die Informationen unzureichend, verfällt der Anspruch. Das hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil bekräftigt (03.12.2024, Az. XI ZR 75/23).

Unklare Angaben sind laut Urteil anfechtbar

Die Richter entschieden, dass unklare oder fehlerhafte Klauseln zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unwirksam sind. Im konkreten Streitfall hatte die Bank per Klausel vereinbart, einen möglichen Zinsschaden dadurch zu berechnen, indem sie Pfandbriefe mit der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens heranzog. Die Formulierung wertete das BGH als irreführend: Es sei nicht klar ersichtlich, ob sich die Restlaufzeit auf die Gesamtlaufzeit des Darlehens oder die Sollzinsbindung bezieht. Denn unabhängig von der Zinsbindung haben Kreditnehmer nach Ablauf von zehn Jahren ein Sonderkündigungsrecht und die Bank darf hier keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen.

Das sind die Folgen für Verbraucher

Durch diese höchstrichterliche Entscheidung haben Verbraucher gute Chancen, zu hoch berechnete Entschädigungen anzufechten. Das Urteil nimmt vor allem Verträge ins Visier, die ab dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden. Seitdem gilt die oben erwähnte gesetzliche Pflicht nach § 502 BGB. Haben Ärzte ein Immobiliendarlehen vorzeitig aufgelöst oder planen sie dies, ist es ratsam, den Vertrag auf unwirksame Klauseln prüfen zu lassen. Helfen können in diesem Fall beispielsweise die Interessengemeinschaft Widerruf oder die Verbraucherzentrale.

 

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