Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Versicherungen

Die Privaten Krankenversicherer werden derzeit genauso von der Nullzins-Politik gebeutelt wie die Lebensversicherer. Nach einer Zeit moderater Erhöhungen wurden bei einigen PKV-Unternehmen 2016 die Beiträge überraschend stark erhöht. Vor allem die DKV hat ihre Ärztebeiträge massiv, um rund 15 Prozent, gesteigert. Andere Unternehmen haben weit weniger zugeschlagen oder die Kunden schon in den Jahren zuvor kräftiger zur Kasse gebeten. Nun droht für 2017 viele privat Krankenversicherten der nächste Beitragsschock: Medienberichten zufolge sollen die Sätze im Schnitt zwischen elf und zwölf Prozent steigen.Davon dürften auch die Ärztetarife nicht verschon blieben.

Bei Ärztetarifen verschärft sich jede Anpassung sogar  noch durch den sogenannten „Basiseffekt“. Was heißt das? Ein niedriger Arztbeitrag führt bei Anpassungen zu größeren Sprüngen. Durch das niedrigere Ausgangsniveau führt damit derselbe Euro-Beitrag zu einem höheren prozentualen Steigerungssatz. Beispiel:

Anpassung bei kurzer

Vorversicherung

Anpassung bei langer

Vorversicherung

Beitrag alt         800 Euro

Mehrbeitrag        40 Euro

Beitrag neu       840 Euro

Beitrag alt    1000 Euro

Mehrbeitrag     40 Euro

Beitrag neu  1040 Euro

prozentuale

Steigerung            5 %

prozentuale

Steigerung        4 %

Immer häufiger setzen Ärzte deshalb auf die Dienste von freien Beratern, die für Tarifwechsel werben und teilweise „bis zu 74 Prozent Beitragsersparnis“ versprechen. Für Ärzte ist das zumindest im ersten Moment ein lohnendes Geschäft und auf jeden Fall billiger als im teuren Tarif zu bleiben. Für die Berater lohnt sich der Wechsel aber noch mehr, denn ihr Honorar bemisst sich oft an der Beitragsersparnis. Im Klartext: Je weniger der neue Tarif kostet, desto höher ist der Verdienst des Beraters. Aber hohe Beitragsersparnis beim Tarifwechsel schützt leider nicht vor kommenden Tariferhöhungen und geht häufig auch auf Kosten der Leistungen. Dann bezahlt der Arzt eventuell mit erheblichen Leistungseinbußen bei späteren Krankheitsfällen. Wer über einen Tarifwechsel nachdenkt, sollte sich also besser nicht nur auf die Angaben der sogenannten Tarifberater verlassen.

Immerhin: Der immer lauter werdende Vorwurf, dass die PKV vor allem im Alter zu teuer für die Versicherten wird, hat die Branche schon vor geraumer Zeit veranlasst, gegenzusteuern. Sie hat inzwischen, wenn auch spät, viele Instrumente eingeführt, um Seniorenbeiträge finanzierbar zu halten. Zum Beispiel:

  • Abfedern von Beitragserhöhungen

Der gezielte Einsatz von Mitteln aus Rückstellungen führte und führt zum Teil zu erheblichen Reduzierungen der erforderlichen Beitragserhöhungen.

  • Limitierung der Beiträge

Mit diesen Mitteln finanzieren einige Unternehmen u.a. intern ein Limitierungsmodell. Das heißt, es gibt bei Beitragsanpassungen älterer Versicherter keine Erhöhung, wenn der Einzelbetrag ein gewisses Absicherungsniveau überschreitet.

  • Garantierte Beitragsreduzierung im Alter

Die Idee, die dahintersteckt: Die Versicherten zahlen einen geringen monatlichen Mehrbetrag. Für den Kunden bedeutet dies dann im konkreten Fall eine garantierte Beitragssenkung ab dem 65. Lebensjahr. Zudem fällt der gesetzliche Beitragszuschlag  von 10 Prozent ab dem 60. Lebensjahr weg.

Das hat zur Folge, dass zumindest die Altersbeiträge der Ärztetarife in den letzten Jahren vergleichsweise moderat erhöht wurden. Sagt jedenfalls das Bundesaufsichtsamt: „Im Ergebnis ist festzuhalten, dass …auf mittlere Sicht eine relative Stabilisierung der PKV-Beiträge im Alter prognostiziert werden kann“  Ähnliches sagt die Assekurata Rating Agentur: „Unsere Analysen zeigen, dass es der PKV gelingt, das Prämienniveau im Alter bezahlbar zu halten.“ Auch das unabhängige Analysehaus Morgen & Morgen hat sich ähnlich geäußert. Und die Beschwerden über Beitragsanpassungen beim Ombudsmann machen derzeit nur 3 Prozent der Eingaben aus – es waren schon mal mehr.

Es gibt allerdings auch andere Stimmen, die nicht glauben, dass sich diese Strategie auf Dauer durchhalten lässt. Manche Experten bezweifeln, ob die Alters-Rückstellungen die künftigen Altersbeiträge finanzieren können. Höhere Lebenserwartung, mikrige Verzinsung der Kapitalanlagen, steigende Krankheitskosten, medizinischer Fortschritt, zunehmende Arzt-Patient-Kontakte, kostentreibende Digitalisierung der Abläufe  – all dies wird auf Dauer auch wieder auf die Altersbeiträge durchschlagen.

Vor allem die Senkung des Höchstrechnungszinses für Krankenversicherungen wirkt sich sehr negativ aus. Er soll sicher stellen, dass der Versicherer ausreichend finanzielle Vorsorge in der Bilanz trifft und in Zeiten niedriger Zinsen nicht sofort überschuldet ist. Zwischen 2011 und 2016 hat er sich – laut Assekurata – von 3,91 auf 3,01 Prozent verringert. Kurz und mittelfristig scheint damit ein Rechnungszins von 2,0 Prozent für den Großteil der PKV-Gesellschaften durchaus realistisch.