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Pharma Deutschland hat mit Besorgnis auf das kürzlich geschlossene Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten reagiert. Während EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Vertrag als Beitrag zu „Stabilität und Planbarkeit“ für viele Wirtschaftsbereiche bewertet, sieht der Verband der pharmazeutischen Industrie in der Einführung eines pauschalen 15-Prozent-Zolls auf Arzneimittel vor allem eine neue Belastung für die internationale Gesundheitsversorgung sowie ein strukturelles Risiko für europäische Produktions- und Forschungsstandorte.

Seit den 1990er Jahren galt der zollfreie Medikamentenaustausch zwischen der EU und den USA als ein zentrales Element für die Sicherstellung einer stabilen, grenzüberschreitenden Versorgung und als Ausdruck der engen transatlantischen Partnerschaft. Mit dem neuen Abkommen wird dieses Prinzip aus Sicht des Verbandes erstmals grundlegend in Frage gestellt.

Pharma Deutschland e.V.

Der Pharma Deutschland e.V. ist der mitgliederstärkste Branchenverband der Pharmaindustrie in Deutschland. Er vertritt die Interessen von rund 400 Mitgliedsunternehmen, die in Deutschland ca. 80.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. Die in Pharma Deutschland e.V. organisierten Unternehmen tragen maßgeblich dazu bei, die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu sichern. So stellen sie fast 80 Prozent der in Apotheken verkauften rezeptfreien und fast zwei Drittel der rezeptpflichtigen Arzneimittel sowie einen Großteil der stofflichen Medizinprodukte für die Patientinnen und Patienten bereit.

Pharma Deutschland warnt vor strategischer Belastung durch Arzneimittel-Zölle

„Was gegebenenfalls Planbarkeit für viele Branchen bedeutet, ist im Arzneimittelbereich eine strategische Belastung für europäische Pharma-Hersteller“, sagt Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland. Der bislang geltende „Zero-for-Zero“-Zollpakt habe aus ihrer Sicht wesentlich zur Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Branche beigetragen – insbesondere im Hinblick auf eine nachhaltige EU-Arzneimittelstrategie. Diese ziele auch darauf ab, die Versorgungssicherheit durch europäische Produktionsstandorte zu stärken, so Brakmann weiter.

Zwar seien nach Angaben der EU-Kommission bestimmte Generika und Rohstoffe von den neuen Zöllen ausgenommen, was als positives Signal gewertet werden könne. Allerdings kritisiert Pharma Deutschland die bislang fehlende Klarheit über die konkreten Kriterien sowie eine mangelnde Transparenz bei der Umsetzung der Regelungen.

„Verlorene Chance“ für die globale Versorgung

Als „verlorene Chance“ bezeichnet Brakmann das Ausbleiben einer generellen Ausnahme von Zöllen auf Arzneimittel. Noch 2023 hatte sich die EU im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) für den Fortbestand des zollfreien Arzneimittelhandels ausgesprochen – mit dem Argument, dass dieser ein „global public good“ darstelle. Mit dem Kurswechsel werde dieser Grundsatz faktisch aufgegeben.

„Ein echter Fortschritt wäre es gewesen, Arzneimittel grundsätzlich von Zöllen auszunehmen – wie bei strategischen Gütern, darunter etwa Flugzeuge und Flugzeugteile“, so Brakmann. Dies hätte aus Sicht des Verbands echte Stabilität im Sinne der globalen Versorgung schaffen können.

Forderung nach Ausgleichsmaßnahmen

Pharma Deutschland fordert die Bundesregierung und die EU-Kommission auf, die Auswirkungen des Abkommens auf die pharmazeutische Industrie rasch zu analysieren und gezielte Ausgleichsmaßnahmen einzuleiten. Dazu zählen aus Sicht des Verbands unter anderem zusätzliche Ausnahmeregelungen, gezielte Investitionsanreize sowie eine industriepolitisch abgestimmte Handelspolitik, die sowohl Versorgungssicherheit als auch Wettbewerbsfähigkeit langfristig gewährleistet.

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