Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Von einem Konflikt (lat. confligere, conflictare – zusammenstoßen, streiten, zu kämpfen haben mit) spricht man, wenn Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen von Personen miteinander unvereinbar sind oder unvereinbar scheinen und diese Konfliktparteien aufeinandertreffen. Auch in einer Arztpraxis arbeiten nicht selten Menschen mit unterschiedlichen Zielen, Erwartungen, Werten oder Bedürfnissen eng zusammen.

Sinnvolle Auseinandersetzungen im Team sollten nicht aus lauter Angst vor Konflikten schon im Ansatz unterdrückt werden. Denn dann kommen möglicherweise wichtige Argumente nicht zur Sprache und kontroverse Standpunkte werden nicht miteinander ausgetauscht. Hinzu kommt, dass ein richtiger Streit auch mal wie ein reinigendes Gewitter wirken kann. Er baut Spannungen ab und schafft die Grundlage für eine neue, abgestimmte Zusammenarbeit. Man muss eben manchmal auch „den Tanz tanzen“. Wenn allerdings die Diskussion aus dem Ruder läuft, plötzlich persönliche Aspekte auftauchen, zum Beispiel persönliche Vorwürfe, Schuldzuweisungen oder Beleidigungen offen geäußert werden, dann ist die Auseinandersetzung emotional, nicht mehr sachgerecht und deshalb nicht mehr sinnvoll.

Vorsicht, wenn es persönlich wird

Auch wenn im Team nicht mehr offen miteinander, sondern übereinander geredet wird, wenn einzelne Mitarbeiter nur das Nötigste tun oder wenn sich Fehler häufen, dann besteht für Praxisinhaber und -inhaberinnen akuter Handlungsbedarf. Denn solche Situationen, in denen Aspekte des Selbstwertgefühls verletzt werden, werden oft als Situation der Bedrohung erlebt. Bleiben solche Konflikte dann ungelöst, können sie zu einer Belastung (Stress, Ärger oder Ängste) für die Beteiligten werden. Auch für die Arztpraxis können sie negative Auswirkungen im Hinblick auf die Arbeitsabläufe, Atmosphäre oder Fehlzeiten wegen Krankheit haben.

Kostenloses Webinar – jetzt anmelden!

Termin: 12. Mai 2021
Uhrzeit: 17.00 – 18.00 Uhr

Thema: Grundlagen der Konfliktkommunikation für Arztpraxen

  • Agenda:
    Ursache, Arten und Abläufe von Konflikten
  • Ansatzpunkt für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten als Praxisinhaber
  • Fragen aus und Antworten für die Praxis

Dr. Julia FriemelReferentin:
Dr. Julia Friemel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Mediatorin und Systemischer Coach

Die Teilnehmer erhalten die Aufzeichnung des Webinars und können während des Webinars Fragen stellen.

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In diesen Fällen sollten Praxisinhaber unbedingt das Gespräch mit den Beteiligten suchen. Ziel dabei ist, die Streitthemen, Abläufe und Spielregeln für die zukünftige Zusammenarbeit offen zur Sprache zu bringen, zu klären und verbindliche Vereinbarungen dafür zu treffen. Wichtig ist, dass Konflikte zwischen Einzelnen nie im gesamten Team bearbeitet werden. Nur wenn die Klärung des Themas für das ganze Team relevant ist, sind alle zu beteiligen. Das können beispielsweise Fragen rund um Arbeitsabläufe, Kommunikation nach außen (zum Beispiel Patienten) oder Verteilung von Aufgaben und Verantwortungsbereichen sein.

Gemeinsamer Austausch

Es ist am Anfang solcher Klärungsgespräche hilfreich, die Konfliktparteien zunächst einzuladen, die gewünschte Zukunft zu beschreiben. „Wir können offen und konstruktiv über Fehler sprechen“ oder „Mein Vertrauen zum anderen ist jetzt gestärkt“ – mit solchen Zukunftsbildern entdecken die Beteiligten häufig, dass sich ihre Vorstellungen einer positiven Zusammenarbeit ähneln bzw. dass die Bilder der einen Partei durchaus auch für die andere akzeptabel oder sogar attraktiv sein können. Die Beteiligten benennen dann, welche problematischen Themen im Hinblick auf eine positive Zusammenarbeit geklärt werden müssen. Eine hilfreiche Frage ist hier: „Über welche Probleme und Schwierigkeiten muss gesprochen werden, damit das Team weiterkommt?“

Marshall Rosenbergs Kommunikationsmodell

Dies können Qualität der Arbeit, Umgang mit Fehlern, aber auch der Kommunikationsstil einer Person sein. Für die Klärung dieser Konfliktthemen können sich Ärztinnen und Ärzte an Marshall Rosenbergs Kommunikationsmodell der „3 Ws – Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch“ orientieren (vgl. B. Hess: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ – Teamklärungen am Küchentisch, in: P. Röhrig/M. Scheinecker (Hg.), 2019). Wenn sich die Beteiligten also zunächst über ihre Sichtweisen zu dem jeweiligen Problem austauschen, nennen sie ihre Wahrnehmung („Mir ist neulich aufgefallen, dass … Ich habe beobachtet, dass …“). Wichtig ist auch, dass die Beteiligten die Wirkung dieses Verhaltens, also ihre Gefühle benennen („Das nervt/irritiert/ärgert mich …“), und auch ihre Wünsche äußern („Mir ist daher wichtig, … Meine Bitte ist daher, …“). Eine weitere hilfreiche Frage kann hier sein: „Wie soll das Team mit dem von Ihnen gerade Besprochenen nun konkret weiterarbeiten? Was können wir jetzt festhalten?“ Gerade in Praxisteams mit flachen Hierarchien ist die Kommunikation mithilfe der „3 Ws“ nützlich, um frühzeitig Irritationen anzusprechen und Missverständnisse zu vermeiden. Sie dient also nicht nur der Konfliktlösung, sondern bereits der Konfliktprävention.

*Die Autorin: Dr. Julia Friemel, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Mediatorin und Systemischer Coach