Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis
Inhaltsverzeichnis

Die rechtliche Situation bei langen Wartezeiten

Dass Patienten trotz eines Termins länger warten müssen, ist in vielen Arztpraxen noch immer die Regel. Laut einer Studie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung warten Kassenpatienten durchschnittlich 32 Minuten, Privatpatienten etwa 18 Minuten. Vor allem, wenn berufstätige Patienten sich für den Termin freinehmen müssen oder nur ein beschränktes Zeitfenster für den Arztbesuch haben, wird das Wartezimmer zum Ort des Disputs. Vereinzelt geht das sogar so weit, dass der verärgerte Patient Schadensersatz für die lange Wartezeit fordert. Doch muss der Arzt wirklich zahlen?

Ab wann können Patienten Schadensersatz für lange Wartezeiten fordern?

Ärzte haften für lange Wartezeiten nur in Ausnahmefällen. Die rechtliche Grundlage für mögliche Schadensersatzansprüche bilden die §§ 280, 286 BGB (Verzug bei der Leistungserbringung). Grundsätzlich müssen Patienten kleinere Verzögerungen hinnehmen. Auch unvorhersehbare Notfälle oder längere Behandlungen anderer Patienten gelten als akzeptable Gründe. Haftbar gemacht werden können Ärzte nur, wenn ein Patient regelmäßig über längere Zeiträume warten muss und dadurch ein nachweisbarer Schaden entsteht. In solchen Fällen entscheidet letztlich ein Gericht, ob der Arzt Schadensersatz zahlen muss.

Welche Wartezeiten gelten als zumutbar?

Haftbar gemacht werden können Ärzte nur, wenn ein Patient regelmäßig über längere Zeiträume warten muss und dadurch ein nachweisbarer Schaden entsteht. Das Amtsgericht München (Az. 213 C 5929/14) entschied beispielsweise, dass eine Wartezeit von über einer Stunde bei regelmäßigen Terminen eine Pflichtverletzung darstellen kann. In solchen Fällen entscheidet letztlich ein Gericht, ob der Arzt Schadensersatz zahlen muss.

Innovative Lösungsansätze für Arztpraxen

Moderne Praxen setzen zunehmend auf digitale Wartezimmermanagement-Systeme, die Patienten per SMS oder App über Verzögerungen informieren. Diese Systeme ermöglichen es Patienten, ihre Zeit effektiver zu nutzen, indem sie beispielsweise später erscheinen oder Erledigungen in der Nähe der Praxis machen können.

Best-Practice-Beispiele für effektives Terminmanagement:

  • Zeitpuffer zwischen Terminen einplanen (ca. 10-15% der durchschnittlichen Behandlungszeit)

  • Separate Sprechstunden für Notfälle und Akutpatienten

  • Spezielle Terminblöcke für komplexe Fälle

  • „Early-Bird“-Termine am Morgen für berufstätige Patienten mit striktem Zeitplan

  • Videosprech­stunden für Befundbesprechungen und Folgetermine

  • Hilfreich kann auch ein Aushang sein, der erklärt, warum es trotz guter Organisation immer wieder mal zu Engpässen und zu längeren Wartezeiten kommen kann.

Welche Nachweise braucht ein Patient für Schadensersatzansprüche?

Es kommt also auf den Einzelfall an und das bedeutet: Der Patient muss das Geld in der Regel erst mal einklagen. Es kommt tatsächlich vor, dass der Arzt als Schadenersatz für zu lange Wartezeiten zu einer Zahlung verurteilt wird. Allerdings sind die Voraussetzungen dafür sehr hoch. Weil sich Behandlungen in der Praxis nun mal nicht auf die Minute genau planen lassen, müssen Patienten Wartezeiten von bis zu einer halben Stunde hinnehmen. Auch einmalige, längere Verzögerungen aufgrund von unerwartet langen Behandlungen oder Notfällen sind zu akzeptieren. Anders sieht es aus, wenn der Patient häufiger zur Sprechstunde kommt und dann trotz Terminvergabe und normaler Abläufe regelmäßig lange Wartezeiten hinnehmen muss. Kann er in so einem Fall nachweisen, dass ihm ein Schaden entstanden ist, weil er z. B. einen wichtigen geschäftlichen Termin versäumt hat, hat er Chancen auf Schadensersatz.

Wie können Patienten Schadensersatz einfordern?

Um Schadensersatz wegen langer Wartezeiten geltend zu machen, muss der Patient den entstandenen Schaden klar belegen können. Zum Beispiel, wenn er aufgrund der Verzögerung einen wichtigen beruflichen Termin verpasst hat und dadurch finanzielle Einbußen entstanden sind. Ohne solche Nachweise ist eine Forderung kaum durchsetzbar. Patienten müssen den Anspruch in der Regel einklagen, da eine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz nicht besteht.

Warum müssen Patienten Wartezeiten akzeptieren?

Medizinische Behandlungen lassen sich selten minutengenau planen. Notfälle, längere als erwartete Behandlungen oder organisatorische Herausforderungen führen oft zu Verzögerungen. Patienten haben keinen Anspruch auf absolute Pünktlichkeit, da dies den Praxisalltag unrealistisch machen würde.

Im europäischen Vergleich liegen deutsche Arztpraxen bei den Wartezeiten im Mittelfeld. In Schweden und Dänemark sind die durchschnittlichen Wartezeiten mit 15-20 Minuten deutlich kürzer, während Patienten in Italien oder Spanien oft über eine Stunde warten müssen.

Wartezeiten bis zu einer halben Stunde gelten in der Regel als zumutbar. Selbst längere Wartezeiten können gerechtfertigt sein, wenn sie einmalig und durch außergewöhnliche Umstände bedingt sind.

Was gilt für Ärzte bei verpassten Terminen?

Ähnliche Regeln gelten übrigens für Ärzte: Sie können dem Patienten einen versäumten Termin nicht einfach in Rechnung stellen. Einen finanziellen Ausgleich gibt es nur, wenn der Arzt einen entstandenen Schaden nachweisen kann. Beispielsweise, dass er einem anderen Patienten absagen musste, weil der Termin vergeben war. In Bestellpraxen, wo Termine exklusiv vergeben werden, ist dieser Nachweis leichter zu führen.

Hier werden Patienten exklusiv für einen bestimmten Zeitraum einbestellt. Wartende Patienten, die bei einem Ausfall vorgezogen werden könnten, gibt es hier nicht. Doch auch dann ist nicht zwingend ein Schaden entstanden, denn der Arzt könnte die Zeit auch nutzen, um anfallende Büroarbeiten zu erledigen. Somit gibt es keine automatische Anspruchsgrundlage. Die bloße Unannehmlichkeit reicht nicht aus, um eine Entschädigung zu verlangen.

Darf der Patient die Praxis nach langer Wartezeit ohne Behandlung verlassen?

Ja, als Patient hat man das Recht, die Praxis nach einer unangemessen langen Wartezeit zu verlassen. Aus rechtlicher Sicht stellt dies keine Verletzung des Behandlungsvertrags dar, wenn die Wartezeit unverhältnismäßig lang ist (in der Regel über 60-90 Minuten ohne Information über die Gründe). Patienten sollten in so einem Fall jedoch das Praxispersonal informieren und einen neuen Termin vereinbaren, um Missverständnisse zu vermeiden.

Hier werden Patienten exklusiv für einen bestimmten Zeitraum einbestellt. Wartende Patienten, die bei einem Ausfall vorgezogen werden könnten, gibt es hier nicht. Doch auch dann ist nicht zwingend ein Schaden entstanden, denn der Arzt könnte die Zeit auch nutzen, um anfallende Büroarbeiten zu erledigen. Somit gibt es keine automatische Anspruchsgrundlage. Die bloße Unannehmlichkeit reicht nicht aus, um eine Entschädigung zu verlangen.

Informieren hilft bei der Deeskalation

Die Chancen auf Schadensersatz stehen also für beide Seiten schlecht. Dennoch können solche Probleme den Arzt teuer zu stehen kommen, wenn sich sein „schlechter Service“ herumspricht oder gar auf einer Bewertungsplattform im Internet veröffentlicht wird.

Besser ist es, zeitnah das Gespräch mit dem Patienten zu suchen. Rechtzeitig über mögliche Verzögerungen zu informieren, hilft bei der Deeskalation. Die Praxismitarbeiter sollten entsprechend sensibilisiert werden: Müssen die Patienten trotz Bestelltermins länger als 20 Minuten warten, sollte die Fachangestellte (MFA) über den Grund der Verzögerung unaufgefordert informieren. Hilfreich kann auch ein Aushang sein, der erklärt, warum es trotz guter Organisation immer wieder mal zu Engpässen und zu längeren Wartezeiten kommen kann.

Welche Gründe sorgen häufig für Verzögerungen?

Typische Ursachen für Wartezeiten in Arztpraxen sind Notfälle, die sofortige Aufmerksamkeit erfordern, und längere Behandlungszeiten bei komplexen Fällen. Personalmangel oder technische Probleme, wie der Ausfall von Geräten oder IT-Systemen, können den Ablauf zusätzlich stören. Auch Patienten selbst tragen dazu bei, etwa durch Verspätungen oder unerwartet hohe Gesprächsbedarfe. Solche Faktoren sind im Praxisalltag kaum vermeidbar und führen häufig zu Verzögerungen, auch bei guter Organisation. Die meisten Patienten reagieren erfahrungsgemäß verständnisvoll. Wer wirklich keine Zeit zu warten hat, hat dann außerdem die Chance, sofort nach einem Ersatztermin zu fragen.

Wie sollten Arztpraxen mit Verzögerungen umgehen?

Praxen sollten Patienten proaktiv über Verzögerungen informieren. Bei Wartezeiten über 20 Minuten sollte das Personal unaufgefordert den Grund der Verzögerung erklären. Ein Aushang mit Erklärungen zu möglichen Verzögerungsgründen kann ebenfalls hilfreich sein.

Was können Patienten tun, wenn sie nicht länger warten können?

Patienten, die nicht länger warten können, sollten das Praxispersonal informieren und nach einem Ersatztermin fragen. Die meisten Praxen bieten in solchen Fällen alternative Termine an.

Welche Folgen können lange Wartezeiten für Arztpraxen haben?

Obwohl rechtliche Konsequenzen selten sind, können regelmäßig lange Wartezeiten zu negativen Bewertungen auf Internetplattformen führen und den Ruf der Praxis schädigen. Eine transparente Kommunikation mit den Patienten ist daher wichtig.

Wartezeit trotz Termin: Patienteninformation

Die häufigsten Gründe, warum Patienten sich in Arztpraxen trotz Termin auf Wartezeiten einstellen müssen:

  • Medizinische Notfälle: Patienten, die als echter Notfall in die Praxis kommen, haben immer Priorität, was dazu führen kann, dass geplante Termine verschoben werden müssen.

  • Längere Behandlungszeiten: Für mache Patienten wird mehr Zeit benötigt, als ursprünglich eingeplant, weil ihre Problem komplexer ist, zusätzliche Untersuchungen anfallen oder aufgrund von fehlenden Informationen zusätzliche Zeit für Nachforschungen erforderlich ist. Tipp: Geben Sie bei der Terminvereinbarung alle Themen an, über die Sie mit dem Arzt sprechen wollen, damit es bei der Zeitplanung entsprechend berücksichtigt werden kann.

  • Personalmangel: Krankheitsbedingte Ausfälle bei Ärzten und Praxismitarbeitern können die Effizienz der Praxis beeinträchtigen bzw. zu Terminverschiebungen führen.

  • Technische Probleme: Ausfälle von medizinischen Geräten oder Computersystemen können den Praxisablauf nachhaltig stören und den Zeitplan durcheinander bringen.

  • Verzögerungen durch Patienten: Patienten, die zu spät kommen oder längeren Gesprächsbedarf haben, beeinflussen ebenfalls den straff durchorganisierten Zeitplan.

  • Zusätzliche administrative Arbeiten: Komplexe Fälle oder Notfälle wirken sich nicht nur auf die Behandlungszeit aus, sondern ziehen auch zusätzliche administrative Aufgaben nach sich, die vom Arzt oder den Mitarbeitern erledigt werden müssen. Auch das kann zu Verzögerungen im Praxisablauf führen.

Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei konkreten rechtlichen Fragen wenden Sie sich bitte an einen Fachanwalt für Medizinrecht.