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Arbeitsrecht

Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Arbeitszeiterfassung dürfte in der kommenden Zeit die Überprüfung der Arbeitszeiten von Mitarbeitenden und die damit einhergehende Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) durch die Behörden deutlich zunehmen. Der Gesundheitssektor steht dabei besonders im Fokus. Denn durch den Fachkräftemangel stehen Dienstpläne beziehungsweise tatsächliche Arbeitszeiten in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten nicht immer im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben. Aber auch Arztpraxen oder MVZ können ins Visier geraten.

Ist eine anlasslose Überprüfung von Arbeitszeitnachweisen überhaupt zulässig?

Das Auskunftsverlangen der Aufsichtsbehörde beruht auf § 17 Absatz 4 ArbZG (siehe Kasten). Danach kann die Aufsichtsbehörde vom Arbeitgeber die für die Durchführung des ArbZG und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlichen Auskünfte verlangen. Sie kann außerdem fordern, dass der Arbeitgeber die Arbeitszeitnachweise vorlegt oder zur Einsicht einsendet. Die Vorschrift verlangt nach ihrem Wortlaut aber nicht, dass konkrete Verstöße gegen Bestimmungen des ArbZG bereits feststehen müssen oder ein konkreter Verdacht gegeben sein muss.

§ 17 Absatz 4 Arbeitszeitgesetz
Die Aufsichtsbehörde kann vom Arbeitgeber die für die Durchführung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlichen Auskünfte verlangen. Sie kann ferner vom Arbeitgeber verlangen, die Arbeitszeitnachweise und Tarifverträge oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen im Sinne des § 7 Abs. 1 bis 3, §§ 12 und 21a Abs. 6 sowie andere Arbeitszeitnachweise oder Geschäftsunterlagen, die mittelbar oder unmittelbar Auskunft über die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes geben, vorzulegen oder zur Einsicht einzusenden.

Überprüfung aufgrund anonymer Hinweise möglich

Die Norm setzt lediglich voraus, dass die Auskunft für die Überwachung der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften erforderlich ist. Das schließt eine allgemeine, ungezielte Ausforschung des Arbeitgebers und anlasslose Auskunftsverlangen aus. Hat die Aufsichtsbehörde aber einen berechtigten Anlass für die Überprüfung des Arbeitgebers, kann sie tätig werden.

Ein solcher Anlass kann dann bestehen, wenn etwa eine Betriebsprüfung Anhaltspunkte für Verstöße gegen
Arbeitszeitbestimmungen ergibt oder wenn die Aufsichtsbehörde Hinweise auf solche Verstöße erhält – auch anonym.

Die Grenze ist aber dort zu ziehen, wo die Behörde ohne Anlass und ohne konkreten Verdacht eine Kontrolle vornimmt, die lediglich ihre behördliche Arbeit erleichtern soll und ein allgemeines und ungezieltes Ausforschen darstellt. Für die Überprüfung der Einhaltung der Arbeitszeiten ist zum Beispiel in Bayern die Gewerbeaufsicht zuständig, in Sachsen die Landesdirektion, in Hessen die Regierungspräsidien.

Welche Vorgaben stehen im Arbeitszeitgesetz?

Arbeitgeber sind nach § 16 Absatz 2 ArbZG grundsätzlich verpflichtet, die Mehrarbeit aufzuzeichnen und die Aufzeichnungen für zwei Jahre aufzubewahren. Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn es innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt bei acht Stunden werktäglich bleibt. Arbeitszeiten von über
zehn Stunden sind abgesehen von Notfällen nur aufgrund tarifvertraglicher Regelungen oder mit behördlicher
Ausnahme zulässig.

§ 4 ArbZG regelt die Ruhepausen: Mitarbeitende müssen ihre Arbeit bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden für 45 Minuten unterbrechen. Die Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Mitarbeitende ohne Ruhepause nicht arbeiten. Nach § 5 Abs. 1 ArbZG müssen Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden einhalten. Hiervon lässt das ArbZG einige wenige Ausnahmen zu, die unter anderem abhängig sind von der Art der ausgeübten Tätigkeit.

Praxisinhaberinnen und -inhaber sollten sich an diese Vorgaben halten und die täglichen Arbeitszeiten, Pausen und
Ruhezeiten ihrer Mitarbeitenden nicht nur einhalten, sondern auch entsprechend dokumentieren. Das kann bei Überprüfungen die Arbeit erleichtern und die Nerven schonen.