Kündigung in der Probezeit: Erst zusagen, dann rauswerfen geht nicht
Ina ReinschIn der Probezeit können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Regel leicht trennen. Wer jedoch verbindliche Zusagen zur Übernahme macht, muss sich auch daran halten, wie ein aktueller Fall zeigt.
Praxisinhaber und -inhaberinnen, die neuen Mitarbeitenden in der Probezeit kündigen, rechnen nicht mit Widerstand. Schließlich ist allgemein bekannt, dass man sich in der Probezeit leicht trennen kann. Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt, wie ein aktueller Fall vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf zeigt.
Er fand ausgerechnet unter Menschen statt, die von Berufs wegen gerne recht haben: unter Juristen. In einer Rückversicherung war ein Wirtschaftsjurist mit sechsmonatiger Probezeit neu eingestellt worden. Kurz vor deren Ablauf sprach sein Vorgesetzter, ein Prokurist und Abteilungsleiter, mit ihm und erklärte, er habe eine Anfrage von der Personalabteilung erhalten, ob der Jurist nach Ablauf der Probezeit übernommen werden solle. Der Vorgesetzte sagte wörtlich: „Das tun wir natürlich.“ Doch es kam anders. Nur wenige Tage später hörte der Arbeitgeber den Betriebsrat an und kündigte noch innerhalb der Probezeit. Der Jurist habe nicht ausreichend Leistung erbracht.
Kurze Kündigungsfrist
Wird im Arbeitsvertrag bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, können beide Parteien das Arbeitsverhältnis mit einer verkürzten gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Wochen beenden (§ 622 Abs. 3 BGB). Ein Grund muss dafür nicht genannt werden. Der Arbeitgeber muss darauf achten, dass die Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer noch vor Ablauf der Probezeit zugeht, damit die kurze Frist der Probezeitkündigung greift. Es genügt nicht, wenn die Kündigungserklärung am letzten Tag der Probezeit abgeschickt wird, den Mitarbeitenden aber erst später erreicht. Dagegen ist es unproblematisch, wenn der Beendigungszeitpunkt außerhalb der Probezeit liegt.
Allerdings darf auch eine Probezeitkündigung nicht sittenwidrig oder willkürlich sein. In dem nun vom Landesarbeitsgericht entschiedenen Fall hielten die Richter die Umstände der Kündigung für treuwidrig (14.01.2025, Az. 3 SLa 317/24). Sie verstoße aufgrund ihres widersprüchlichen Charakters gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kurz vor Ablauf der Probezeit mitteilt, dass er übernommen werde, dann aber plötzlich kündigt, liege hierin ein klarer Bruch mit seinem vorherigen Verhalten. Die Aussage des Vorgesetzten sei weder beiläufig noch unverbindlich erfolgt, sondern habe in direktem Zusammenhang mit einer Anfrage der Personalabteilung gestanden. Die Aussage des Vorgesetzten musste der Jurist als verbindliche Zusage werten.
Aussage des Chefs hat Gewicht
Als Prokurist sei der Vorgesetzte nicht nur für Personalentscheidungen verantwortlich gewesen, sondern handelte auch im Namen des Arbeitgebers. Seine Aussage gegenüber dem Mitarbeiter hatte daher ein besonderes Gewicht. Außerdem unterzeichnete er sowohl den Anstellungsvertrag als auch die Kündigung, was für seine maßgebliche Entscheidungsbefugnis spreche. Diese Entscheidung ist auch für Praxisinhaberinnen und -inhaber relevant. Wer sich widersprüchlich verhält und einem Mitarbeitenden in der Arztpraxis während der Probezeit eine „Übernahme“ zusagt, dann aber doch kündigt, muss sich an der Zusage festhalten lassen.
Anders kann die Situation aussehen, wenn die Zusage nur von einem einfachen Vorgesetzten ohne Entscheidungsbefugnis stammt. Daneben können auch nach einer Zusage gravierende Vorkommnisse auftreten, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Probezeit rechtfertigen wie etwa ein Griff in die Kasse.
Fristlose Kündigung in der Probezeit
In der Probezeit ist auch eine fristlose Kündigung möglich. Dafür muss allerdings ein wichtiger Grund vorliegen. Dazu zählen zum Beispiel Arbeitszeitbetrug, Diebstahl oder körperliche Übergriffe gegenüber dem Chef, den Kolleginnen und Kollegen oder Patienten. In einigen Fällen ist jedoch zuvor eine Abmahnung erforderlich. So hatte etwa die fristlose Kündigung einer Anwalts- und Notarfachangestellten, die am dritten Tag ihrer Beschäftigung unentschuldigt fehlte, ohne Abmahnung vor Gericht keinen Bestand (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, 04.06.2020, Az. 1 Sa 72/20).